Raumfahrt

20 Jahre „Columbia“-Katastrophe

Am 1. Februar 2003 zerbrach das Space Shuttle beim Wiedereintritt

Space Shuttle Columbia
Am 1. Februar 2003 zerbracht die NASA-Raumfähre Columbia beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, alle sieben Menschen an Bord starben. © NASA/Amy Lombardo

Es war eine der schlimmsten Katastrophen der Raumfahrtgeschichte: Am 1. Februar 2003 – vor genau 20 Jahren – brach das Space Shuttle „Columbia“ beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre auseinander. Alle sieben Menschen an Bord starben. Wie sich hinterher herausstellte, war die Ursache des Unglücks ein schon beim Start der NASA-Raumfähre auf den Flügel gestürztes Schaumstoffstück, das die Hitzeschutzkacheln beschädigt hatte. Diese Katastrophe war der Anfang vom Ende des US-Space-Shuttle-Programms.

Rund 30 Jahre lang – von 1981 bis 2011 – waren die Space Shuttles der NASA die Arbeitspferde der US-Raumfahrt: Die schwarz-weißen Raumfähren brachten das Hubble-Weltraumteleskop ins All, transportierten Astronauten und Bauteile zur Internationalen Raumstation ISS und dienten als Labor für Schwerelosigkeits-Experimente. Doch bei allen Erfolgen waren die NASA-Raumfähren auch extrem komplex, aufwendig zu warten und sehr teuer.

Start der Columbia
Start der Columbia am 16. Januar 2003 von Cape Canaveral. © NASA

Hinzu kam, dass die Shuttle-Ära mehr Astronauten und Astronautinnen das Leben kostete als jedes andere NASA-Raumfahrtprogramm vor ihm. Schon 1986 war die Raumfähre „Challenger“ direkt nach dem Start explodiert, alle sieben Besatzungsmitglieder starben. Später stellte sich heraus, unter anderem durch einen Beitrag des Physikers Richard Feinman, dass dieses Unglück hätte vermieden werden können, wenn die NASA-Verantwortlichen auf ihre Ingenieure gehört hätten.

STS-107: 16 Tage trügerische Routine

Die zweite große Katastrophe folgte am 1. Februar 2003 – scheinbar aus heiterem Himmel und nach einem bis dahin problemlosen und erfolgreichen Flug. Das Space Shuttle Columbia war am 16. Januar 2003 in Cape Canaveral zur Mission STS-107 gestartet. Im Rahmen der 16-tägigen Mission sollte die siebenköpfige Besatzung rund 80 wissenschaftliche Experimente in der Schwerelosigkeit durchführen. Der Frachtraum der Raumfähre hatte dafür das Labormodul Spacehab geladen.

An Bord des Space Shuttles sind der Kommandant Rick Husband, der Pilot William McCool, die Missionsspezialisten David Brown, Kalpana Chawla, Michael Anderson und Laurel Clark sowie der Nutzlastspezialist Ilan Ramon von der israelischen Raumfahrtagentur. Der Start der Columbia erfolgt am Vormittag bei bestem Wetter, ohne Verzögerungen beim Countdown oder Hinweise auf technische Probleme. Nach achteinhalb Minuten erreicht das Shuttle wie geplant seine Umlaufbahn im niedrigen Erdorbit.

Während der 16 Tage dauernden Mission arbeitet die Crew rund um die Uhr in zwei Schichten, um alle Experimente zu absolvieren. Am 28. Januar 2003, zum Jahrestag der Challenger-Explosion, legt die Besatzung eine kurze Pause im Gedenken an die Toten der Raumfahrt ein. Noch scheint an Bord der Columbia alles normal, reine Routine.

Fall des Schaumstoffstücks auf die linke Tragfläche des Space Shuttles kurz nach dem Start der Columbia. © NASA

Das Schaumstoffstück

Doch was die Besatzung der Columbia nicht ahnt: Sie ist längst dem Tod geweiht – und das schon seit dem Start ihres Space Shuttles. Denn wie später Filmaufnahmen zeigen, hat sich 81 Sekunden nach dem Abheben der Raumfähre ein Stück Polyurethan-Schaumstoff von der Isolierung seines Außentanks gelöst. Das rund 76 x 36 x 30 Zentimeter große Stück fiel auf die Vorderkante der linken Tragfläche, schien aber folgenlos abgeprallt zu sein. Tatsächlich hatte es bereits bei mindestens 65 früheren Starts ähnliche Schaumstoff-Treffer gegeben.

Das NASA-Kontrollzentrum informiert am 23. Januar den Shuttle-Kommandanten von dem Vorfall beim Start und schickt das entsprechende Video mit. Nach Rücksprache mit NASA-Ingenieuren geht man aber davon aus, dass das Schaumstoffstück keinen schwerwiegenden Schaden am Hitzeschild des Flügels verursacht haben konnte. Am 1. Februar 2003 trifft die Shuttle-Besatzung daher wie geplant die Vorbereitungen für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und die Landung in Florida.

Die Katastrophe

Gegen 13:15 Uhr Weltzeit zündet die Raumfähre die Bremsdüsen und tritt gegen 13:44 Uhr in rund 122 Kilometer Höhe über dem Pazifik in die obere Erdatmosphäre ein. Um 13:48 Uhr beginnen Sensoren an der linken Flügelvorderkante, überhöhte Belastungen und Hitze zu melden, wenig später fallen sie aus. Kurz nachdem die Columbia die Westküste der USA erreicht hat und weiter Richtung Osten flog, gibt Kommandant Husband die letzte Meldung an die Bodenstation durch.

Gegen 13:59 Uhr, rund 16 Minuten vor der Landung, bricht jeder Kontakt mit der Raumfähre ab. Trotz wiederholter „Comm checks“ kommt keine Antwort von der Columbia. „Ich begann, die ersten Anflüge von Angst zu verspüren. Da stimmte etwas nicht“, erinnert sich John Uri, ehemaliger Shuttle-Astronaut und damals Mitarbeiter am Johnson Space Center. „Der normale Kommunikations-Blackout war längst vorbei.“ Und auch auf dem Radar ist nichts zu sehen.

Um 14:15 Uhr, der geplanten Landezeit, dann die traurige Gewissheit: Die Columbia existiert nicht mehr. Wenig später zeigen Videoaufnahmen aus Texas feurige Streifen am Himmel – die glühenden Trümmerteile der zerstörten Raumfähre. 63 Kilometer über der Erdoberfläche ist die Columbia auseinandergebrochen. Fünf Stunden nach der Katastrophe erklärt US-Präsident George W. Bush in einer Fernsehansprache: „Dieser Tag hat schreckliche Nachrichten und große Traurigkeit über unser Land gebracht…. Die Columbia ist zerstört, es gibt keine Überlebenden.“

Diese Aufnahme der auseinanderbrechenden Raumfähre Columbia stammt von der Helicopter-Kamera zweier niederländischer Air-Force-Piloten, die am 1. Februar 2003 über Texas unterwegs waren.© Chris Walker

Die Ursachen

Ein kurz nach der Katastrophe angesetzter Untersuchungsausschuss kommt im August 2003 zu dem Schluss, dass das beim Start herabgestürzte Schaumstoffstück ein Loch in den Hitzeschutz an der Flügelkante gerissen hat. Dadurch trat beim Wiedereintritt mehr als 1.800 Grad heißes Plasma in die linke Tragfläche ein und zerstörte wichtige Sensoren für die Lageregelung und letztlich den gesamten Flügel. Die Raumfähre geriet ins Trudeln und wurde schließlich von den enormen Kräften zerrissen.

Letzte Besatzung der Columbia
Die Besatzung des Space Shuttles Columbia – keiner von ihnen überlebte. © NASA

Die sieben Menschen an Bord wurden der Untersuchung zufolge wahrscheinlich schon um 13:59 Uhr bewusstlos, als es wegen der aufreißenden Shuttle-Hülle zu einer abrupten Dekompression kam und fast alle Luft aus dem Innenraum gesaugt wurde. Der Untersuchungsausschuss deckt auch erneut zahlreiche Versäumnisse und eine laxe Sicherheitskultur bei der NASA auf. Man habe aus dem Challenger-Unglück keine bleibenden Lehren gezogen, so das Urteil.

Das Fazit der Kommission um Harold Gehman war entsprechend harsch: „Basierend auf den Erfahrungen, dass die NASA externe Empfehlungen ignoriert und Verbesserungen im Laufe der Zeit schnell wieder einschlafen, hat dieses Gremium kein Vertrauen darin, dass das Space Shuttle mehr als noch ein paar Jahre sicher betrieben werden kann.“ Und so kam es auch: Im Juli 2011 absolvierte die Raumfähre „Atlantis“ den letzten Flug des Space-Shuttle-Programms.

Quelle: NASA

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