Astronomie

Ägyptische Sterndeuter entdeckten Wechsel-Stern

Verbrämte Beschreibung des Lichtwechsels vom veränderlichen Stern Algol schon vor 3.200 Jahren

Stand der Gott Horus im altägyptischen Kairo-Kalender für den veränderlichen Stern Algol? © gemeinfrei

Astronomisches Know-How unter Pyramiden: Schon die alten Ägypter könnten den veränderlichen Stern Algol entdeckt und für Kalenderberechnungen genutzt haben. Denn der mit bloßem Auge sichtbare Helligkeitswechsel dieses Sterns wird im gut 3.000 Jahre alten Kairo-Kalender durch den Gott Horus repräsentiert, wie finnische Forscher bei Analysen des Textes herausgefunden haben. Immer wenn der Stern besonders hell schien, tauchte Horus auf und machte dies zu einem guten Omen.

Die Astronomie ist keine Erfindung der Neuzeit – im Gegenteil: Schon Jahrtausende vor der Erfindung des Teleskops beobachteten Menschen die Bewegungen von Mond und Sonne und errichteten dafür sogar Observatorien. Besonders weit fortgeschritten waren die Kulturen des Orients, wie nicht zuletzt die biblischen „drei Weisen aus dem Morgenland“ belegen, die einem Himmelsereignis bis nach Bethlehem folgten.

Ist der Kairo-Kalender astronomisch?

Aber auch in Ägypten begann man schon früh, Kalender zu führen und Zeiten nach Himmelsereignissen einzuteilen. Davon zeugt der sogenannte Kairo Kalender aus der Zeit 1244 bis 1163 vor Christus. In ihm listeten die Ägypter auf, welche Tage ihren Prognosen nach Glück oder Unglück versprachen. Umschrieben wird dies über mythologische Gestalten, beispielsweise: „Horus jubiliert. Fest des Himmelseintritt und der zwei Bänke.“ Oder „Der Tag, an dem Horus die weiße Krone verleiht.“

Ausschnitt aus dem rund 3.200 Jahre alten Kairo-Kalender, eingerahmt ist der Begriff "Horus" © Lauri Jetsu

„Bisher gab es nur Vermutungen darüber, dass viele dieser mythologischen Texte im Kairo Kalender auf astronomischen Phänomenen beruhen“, erklärt Sebastian Porceddu von der Universität Helsinki. Um mehr Klarheit zu schaffen, analysierten er und sein Kollege Lauri Jetsu bestimmte Wörter und ihre Zuordnung zu Tagen im Kalender und prüften, mit welchen Himmelsereignissen diese übereinstimmen könnten.

Ein veränderlicher Stern

Das Ergebnis war in mehrfacher Hinsicht überraschend. Denn die Ägypter richteten ihren Kalender nicht nur nach dem Mond und seine Phasen und Bewegungen aus, sondern offenbar auch nach einem Stern: dem veränderlichen Stern Algol im Sternbild Perseus. Dieser wechselt in einem regelmäßigen Rhythmus von 2,85 Tagen seine Helligkeit, weil ein größerer, dunklerer Stern in diesem System vor einem kleinen, sehr hellen vorüberzieht und dessen Licht leicht abdimmt.

Der Stern Algol verändert seine Helligkeit periodisch, weil ein dunklerer vor einem helleren Sternenpartner vorbeizieht. © Fabien Baron, University of Michigan/ CC-by-sa 3.0

Dieser Wechsel der Helligkeit ist schon mit bloßem Auge zu erkennen. Es verwundert daher nicht, dass eine Beschreibung dieses Sterns schon bei den arabischen Astronomen des Mittelalters auftaucht. Sie gaben ihm seinen Namen: „Algol“ kommt vom Arabischen „Ras al-Gul“ und heißt so viele wie „Kopf des Dämons“.

Gott Horus als Sternen-Repräsentant

Doch wie sich jetzt zeigt, könnte schon die alten Ägypter diesen veränderlichen Stern entdeckt und beobachtet haben. Denn in ihre Kalender tauchen auffallend häufig Zyklen von 2,85 Tagen auf – genau die Zeit, die Algol für einen Zyklus seiner Helligkeitsschwankung benötigt. „Algol wurde im Kalender durch Horus repräsentiert“, schließen Porceddu und Jetsu aus ihren Analysen. Der Gott Horus symbolisierte Göttlichkeit und Herrschaft.

„Die Texte, die die Aktionen von Horus beschreiben, passen zu dem Ereignissen, die ein Beobachter mit bloßem Auge am Stern Algol gesehen hätte“, sagen die Forscher. Den besonders hellen Phasen des Algol wurden im Kalender positive Tage zugeschrieben. „Dies stützt unsere These, dass der Kairo Kalender das älteste historische Zeugnis über einen solchen veränderlichen Stern ist.“ Der Mond taucht übrigens im Kairo-Kalender ebenfalls in Göttergestalt auf: Er wird vom Schutzgott Seth repräsentiert.

Entdeckung schon fast 3.000 Jahre früher

„Wir sind sicher, dass die im Kairo-Kalender beschrieben Handlungen der Götter im Jahresverlauf mit den regelmäßigen Veränderungen von Algol und Mond verbunden sind“, sagt Porceddu. „Im Gegensatz zu früheren Versuche haben wir die Regeln hinter dem Erscheinen und Verhalten dieser Götter aufgedeckt.“

Sollte sich dies bestätigen, muss die Entdeckung des Sterns Algol und seines Lichtwechsels um drei Jahrtausende in die Vergangenheit verschoben werden. Statt im Mittelalter beobachteten bereits um 1200 vor Christus die Gelehrten im alten Ägypten diesen veränderlichen Stern. (PLOS ONE, 2015; doi: 10.1371/journal.pone.014414)

(University of Helsinki, 30.12.2015 – NPO)

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