Die älteste jemals im Kosmos beobachtete Galaxie ist 13,2 Milliarden Jahre alt und stammt damit aus einer Zeit nur 480 Millionen Jahre nach dem Urknall. Mit Hilfe von Daten des Hubble Weltraumteleskops hat ein internationales Astronomenteam jetzt dieses Objekt ausfindig gemacht und damit die bisherigen Grenzen des sichtbaren noch weiter ausgedehnt. Die jetzt in „Nature“ erschienene Studie enthüllt auch, dass das junge Universum kurz darauf eine dramatische Umwandlung erlebte.
Um die Entfernung eines kosmischen Objekts zu bestimmen, nutzen Astronomen die Rotverschiebung des von ihm abgestrahlten Lichts. Sie verrät, wie sehr das sich ausdehnende Universum die Wellenlängen des Lichts „gedehnt“ hat und damit in den langwelligeren roten Bereich verschoben. Da Licht weit entfernter kosmischer Lichtquellen Milliarden Lichtjahre zu uns braucht, ist eine Aufnahme einer weit entfernten Galaxie immer auch gleichzeitig ein Blick zurück in die Zeit. Die größten bisher von Teleskopen registrierten Rotverschiebungen lagen bei etwa dem Wert von 8,2, was bedeutet, dass die beobachteten Galaxien etwa 900 bis 2.000 Millionen Jahre nach dem Urknall existierten.
Erstes Objekt mit einer Rotverschiebung von 10,3
Jetzt jedoch hat ein internationales Astronomenteam erstmals noch weiter zurück in die Vergangenheit unseres Kosmos geblickt. Mit Hilfe von Infrarotdaten des „Hubble Ultra-Deep Field“ (HUDF), eines von der Wide Field Planetary Camera 3 (WFC3) am Weltraumteleskop aufgenommenen Himmelsausschnitts mit extrem weit entfernten Objekten, gelang es ihnen, eine Galaxie mit einer Rotverschiebung von z=10,3 zu entdecken.
Das Licht dieser neu entdeckten Galaxie war 13,2 Milliarden Jahre lang unterwegs zu uns. Sie muss daher bereits 480 Millionen Jahre nach dem Urknall existiert haben und ist damit das älteste jemals im Kosmos beobachtete Objekt. Verglichen mit den gewaltigen, massereichen Galaxien in der näheren Umgebung der Milchstraße ist sie winzig, kaum ein Hundertstel so groß. „Wir kommen damit den allersten Galaxien schon sehr nahe, die sich vermutlich rund 200 bis 300 Millionen Jahre nach dem Urknall bildeten”, erklärt Garth Illingworth, Professor für Astronomie und Astrophysik an der Universität von Kalifornien in Santa Cruz und einer der Leiter der Studie.
Dramatischer Wandel im jungen Kosmos
Die neuen Daten aus dem Hubble Ultra-Deep Field enthüllten auch, dass die Galaxien im noch jungen Universum eine Phase dramatischer Veränderungen durchmachten: In der Zeit von 480 bis 650 Millionen Jahren nach dem Urknall schnellte die Rate der Sternenbildung plötzlich um das mehr als Zehnfache in die Höhe. „Dies ist eine erstaunlicher Anstieg in einer so kurzen Periode, in gerade einmal einem Prozent des aktuelle Alters unseres Universums“, erklärt Illingworth.
Aber nicht nur das: Offenbar änderte sich auch die Anzahl der Galaxien in dieser Phase radikal: „Unsere vorherigen Suchen haben 47 Galaxien aus der Zeit von etwa 650 Millionen Jahren nach dem Urknall entdeckt“, so der Astronom. „Aber 170 Millionen Jahre früher fanden wir nur einen einzigen Galaxienkandidaten. Das Universum hat sich damals in kurzer Zeit stark verändert.“
Modell hierarchischer Galaxienbildung gestärkt
Nach Ansicht seines Kollegen Rychard Bouwens von der Universität Leiden in den Niederlanden passen diese Beobachtungen sehr gut zum gängigen Modell einer hierarchischen Galaxienbildung. Nach dieser wachsen Galaxien durch Verschmelzung und unter dem Schwerkraft-Einfluss der Dunklen Materie. „Wir sehen einen sehr schnellen Aufbau von Galaxien in dieser Epoche“, so Bouwens. „Zum ersten Mal können wir damit nun realistische Aussagen darüber machen, wie sich die Galaxienpopulation während dieser Zeit geändert hat und gleichzeitig Einfluss-Faktoren für die aktuellen Modelle der Galaxienbildung liefern.“
Hoffnung auf das James Webb Teleskop
Um noch weiter in die Vergangenheit unseres Universums zurückschauen zu können und auch Objekte mit einer Rotverschiebung größer als 10 zu beobachten, müssen die Astronomen auf den Nachfolger des Hubble-Teleskops warten. Das James Webb Weltraumteleskop (JWST) soll noch in diesem Jahrzehnt in den Orbit starten und dann noch hochauflösender Aufnahmen des “Ultra Deep Fields” liefern.
Mit ihm können die Astronomen dann auch noch genauere spektroskopische Messungen durchführen, die den jetzigen Fund dann endgültig bestätigen. „Wir werden das JWST brauchen, um mehr Forschung bei höheren Rotverschiebungen durchführen zu können“, so Illingworth. „Diese Studie sagt uns aber schon mal, dass es Objekte im Bereich der Rotverschiebung von 10 gibt und dass die ersten Galaxien sich noch davor gebildet haben müssen.“ (Nature, 2011; doi:10.1038/nature09717)
(University of California – Santa Cruz, 27.01.2011 – NPO)