Außerirdisch oder irdisch? Astronomen haben ein kurzes Radiosignal aufgefangen, das von unserem Nachbarstern Proxima Centauri zu kommen scheint – und für wilde Spekulationen sorgt. Denn dieses Signal hat eine für natürliche Quellen ungewöhnlich schmale Frequenzspanne, passt aber auch nicht zu gängigen irdischen Störsignalen. Theoretisch könnte es damit von Außerirdischen kommen – wahrscheinlich ist dies aber nicht.
Schätzungen zufolge könnte es allein in der Milchstraße 10.000 außerirische Zivilisationen geben – aber wo stecken sie? Bisher haben Forscher nicht einmal einfachste Lebensformen auf anderen Himmelskörper entdeckt und auch die intensive Suche nach außerirdischen Lebenszeichen in Form von Radiosignalen war bislang erfolglos: Weder das seit Jahrzehnten laufende SETI-Projekt, noch die neuere Inititive Breakthrough Listen sind bislang fündig geworden.
Zwar hat es in der Vergangenheit einige unerklärte Radiosignale aus dem All gegeben, darunter das berühmte WOW-Signal aus dem Jahr 1977 und ein 2015 eingefangenes Signal von einem nahen Stern. Bisher aber stellten sich alle diese SETI-Kandidaten im Nachhinein als irdischen Ursprungs heraus oder wurden nie wieder gehört.
Ein Radiosignal, scharf wie eine Nadel
Jetzt sorgt ein weiteres Radiosignal für Spekulationen. Einfangen hat es das Parkes-Radioteleskop in Australien am 29. April 2019 im Rahmen einer Studie der Strahlenausbrüche von Proxima Centauri. Dieser Rote Zwerg liegt nur 4,2 Lichtjahre von uns entfernt und wird von zwei Planeten umkreist, einem davon in der habitablen Zone. Als Forscher der Breakthrough Listen Initiative die Radiodaten aus diesem System analysierten, entdeckten sie eine Auffälligkeit.
Inmitten des kosmischen Rauschens stießen die Astronomen auf eine Radioemission mit ungewöhnlich geringer Bandbreite: Das Signal konzentrierte sich bei einer Frequenz von 982,002 Megahertz – im Wellendiagramm erschien es scharf wie eine Nadel. Diese Schmalbandigkeit gilt als ein mögliches Kennzeichen einer Technosignatur, eines künstlich erzeugten Signals. Die Frequenz, auf der das neue Signal liegt, entspricht ebenfalls dem Bereich, in dem Forscher am ehesten nach außerirdischen Signalen suchen.
„Das aufregendste je gefundene Signal“
Damit erfüllt das „Breakthrough Listen Candidate 1“ (BLC 1) getaufte Signal prinzipiell die Kriterien eines potenziellen „Alien-Signals“. „Es ist das aufregendste Signal, das wir im Breakthrough Listen Projekt bisher gefunden haben „, sagt Projektforscherin Sofia Sheikh von der Pennsylvania State University. „Noch nie zuvor hatten wir ein Signal, das so viele unserer Filter überwunden hat.“ Diese Filter sorgen dafür, kosmische Quellen von dem allgegenwärtige Störrauschen irdischer Radioemissionen und Satellitensignale zu unterscheiden.
Zum Prozedere gehört dabei auch, das Teleskop immer wieder vorübergehend auf andere Bereiche des Himmels zu richten. Während irdische Störsignale meist immer präsent sind, sollten Signale kosmischen Ursprungs nur dann eingefangen werden, wenn das Teleskop direkt auf ihre Quelle zeigt. Beim BLC 1 Signal war dies der Fall: Es tauchte nur auf, wenn das Parkes-Teleskop auf Proxima Centauri gerichtet war.
Ist es außerirdisch?
Könnte das BLC-1-Signal demnach tatsächlich von Aliens stammen? Auch wenn die Forscher des Breakthrough-Listen-Projekts ihren Fund aufregend finden, sind sie eher skeptisch: „Das Wahrscheinlichste ist eine menschliche Ursache“, sagte Exekutivdirektor Pete Worden dazu im Magazin „Scientific American“. „Und wenn ich wahrscheinlich sage, dann meine ich zu 99,9 Prozent.“ Immerhin aber sei BLC 1 der erste ernsthafte Kandidat seit dem WOW-Signal.
Bisher allerdings tappen die Astronomen in Bezug auf die mögliche Quelle ziemlich im Dunkeln. Selbst der genaue Herkunftsort ist nicht klar. Zwar gibt es eine leichte Frequenzverschiebung, wie sie beispielsweise durch die Bewegung des Planeten Proxima Centauri b um seinen Stern entstehen könnte. Allerdings verläuft diese Signaldrift dafür eigentlich falsch herum: „Wir würden erwarten, dass die Signalfrequenz dadurch absinkt. Sie geht aber stattdessen hoch“, erklärt Sheikh.
Merkwürdig ist auch, dass das Signal keinerlei Modulationen aufweist – es ähnelt einem einzigen klaren Ton. Wenn diese Welle aber ein Informationsträger wie unser Mobilfunk oder TV-Übertragungen wäre, müsste sie moduliert sein.
Alien-Zivilisationen um Nachbarstern eher unwahrscheinlich
Eher skeptisch sind auch die Wissenschaftler des SETI-Institute. „Auch wenn ich die Vorstellung einer Alien-Zivilisation direkt vor unserer Haustür liebe, scheint es doch hochgradig unwahrscheinlich“, kommentiert SETI-Astronom Franck Marchis die Entdeckung. Angesichts von rund 300 Millionen potenziell lebensfreundlichen Exoplaneten in unserer Galaxie wäre es schon eine erstaunliche Koinzidenz, zwei Zivilisationen mit ähnlicher Technologie so nahe beieinander zu finden.
„Ich habe deshalb den Verdacht, dass wir bald eine weit irdischere Erklärung für dieses Signal finden werden“, so Marchis. Denn die einfachste und wahrscheinlichste Erklärung sei, dass das Parkes Teleskop ein Signal irdischen Ursprungs aufgefangen habe. „Natürlich würde mir als SETI-Forscher nichts mehr Freude machen, als in dieser Hinsicht eines Besseren belehrt zu werden – es ist nur sehr unwahrscheinlich“, sagt der Astronom.
Offene Fragen bleiben
Klar scheint, dass noch jede Menge Fragen offen sind. So ist unklar, warum diese Radioemission nur im April und Mai 2019 eingefangen wurde und seither nicht mehr. Denn wenn diese Radiosignale von einer außerirdischen Zivilisation kommen, dann müsste es noch mehr davon geben. Wichtig wäre zudem, dass diese Signal auch von anderen unabhängigen Forschergruppen eingefangen und bestätigt wird.
„Es ist viel zu früh, um über eine mögliche Technosignatur von Proxima Centauri zu spekulieren – auch wenn es Spaß macht und spannend ist“, betont SETI-Astronom Marchis. „Aber sehr wahrscheinlich ist dieses Signal nicht außerirdisch und das werden wir sicher bald bestätigen können.“
Quelle: SETI-Institute, Scientific American