Astronomie

Andromedagalaxie frisst ihre Nachbarn

Astronomen zeichnen bisher vollständigstes Bild der Galaxienentwicklung

PAndAS-Karte der Nachbarschaft der Andromeda-Galaxie (oben rechts) inklusive des Dreiecksnebels (unten links). Die Farben stehen für unterschiedliche Sterndichten: Rote Farbe zeigt an, das sich in der betreffenden Region viele Sterne befinden; von rot nach gelb, grün, hell- und dunkelblau nimmt die Anzahl der vorhandenen Sterne ab. In den (roten) Zentren höchster Dichte sind Abbildungen der Andromeda-Galaxie und des Dreiecksnebels eingefügt, die diese Galaxien so zeigen, wie sie auf Teleskopaufnahmen erscheinen. Die Verteilung der Sterne zeigt komplexe Strukturen: Sternströme, Bögen und einige Zwerggalaxien. Eine Reihe dieser Strukturen wurden im Rahmen der hier geschilderten Forschung neu entdeckt, und keine der Strukturen wurde bislang so detailreich abgebildet wie hier. Die gepunkteten Kreise haben Durchmesser von rund 900 000 und rund 300 000 Lichtjahren, und markieren die Zielgebiete der Durchmusterung. Links oben ist zum Größenvergleich die Vollmondscheibe maßstabsgetreu eingezeichnet. © A. McConnachie / NRC; Triangulum-Scheibe mit freundlicher Genehmigung von T. A. Rector und M. Hanna

Neue Beobachtungen über die Astronomen in „Nature“ berichten, zeichnen das bislang vollständigste und detailreichste Bild von Prozessen der Galaxienentwicklung. Sie zeigen die Überreste kleinerer Galaxien, die von der Andromedagalaxie „aufgefressen“ wurden.

In den herkömmlichen Modellen ist das entscheidende Element der Entwicklung von Galaxien – Ansammlungen von Milliarden von Sternen, die durch Gravitation zusammengehalten werden – der Kannibalismus: Massereichere Galaxien entstehen durch die Verschmelzung kleinerer Galaxien, und sie setzen ihr Wachstum fort, in dem sie sich weitere Galaxien einverleiben.

Erst im Laufe der letzten fünf Jahre haben Astronomen sowohl in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, als auch in einigen entfernteren Galaxien Spuren solcher Akte galaktischen Kannibalismus nachweisen können: Sternströme – sehr langgestreckte Ansammlungen von Tausenden von Sternen, die wie im Formationsflug um die betreffenden Galaxien umlaufen. Verglichen mit den vielen Sternen etwa in der Scheibe unserer Milchstraße leuchten diese Sternströme nur sehr schwach, und sind entsprechend schwierig nachzuweisen.

Eine stroboskopische Projektion von Ergebnissen einer detaillierten numerischen Simulation einer möglichen Umlaufbahn des Dreiecksnebels um Andromeda. Andromeda ist die kreisrunde Scheibe rechts von der Bildmitte. Die Form des Dreiecksnebels, der hier in verschiedenen Phasen seines Umlaufs dargestellt ist, verändert sich unter dem Gravitationseinfluss der größeren Galaxie. Die Simulation legt nahe, dass sich Andromeda letztendlich auch den Dreiecksnebel einverleiben wird. © John Dubinski

Andromeda-Galaxie durchmustert

Jetzt zeichnen neue Ergebnisse des internationalen Projekts PAndAS – „Pan-Andromeda Archaeological Survey“ – das bislang vollständigste und detailreichste Bild solcher Sternströme in der Umgebung einer Galaxie. PAndAS führt eine umfangreiche Durchmusterung der Andromeda-Galaxie (M 31) und ihrer Umgebung durch. Mit einer Entfernung von 2,5 Millionen Lichtjahren ist sie die unserer Heimatgalaxie nächste andere Spiralgalaxie. Ihre Zentralregion ist am Himmel mit bloßem Auge als diffuser Fleck zu erkennen.

Nicolas Martin vom Max-Planck-Institut für Astronomie, der an der Datenauswertung beteiligt war, erklärt die Ergebnisse: „Astronomen haben zwar früher schon Spuren solcher Sternströme gefunden. Doch erst jetzt ist es gelungen, eine so detaillierte Karte eines Sternstromgebiets zu erstellen.“ Die Bilder zeigen sechs verschiedene Ströme. Bei zweien davon handelt es sich um Neuentdeckungen. Keiner der Ströme war bis dahin so genau vermessen worden wie in der PAndAS-Untersuchung. Die neuen Daten bilden den Ausgangspunkt für Versuche, die Entwicklung der Andromeda-Galaxie über die letzten Milliarden Jahre nachzuvollziehen.

Die Andromeda-Galaxie, aufgenommen mit dem Schmidt-Teleskop der Calar-Alto-Sternwarte. © Kurt Birkle / MPI für Astronomie

Sternströme als Überreste von Zwerggalaxien

In den Worten von Martin: „Die Sternströme sind die Überreste von Zwerggalaxien, die sich die Andromedagalaxie einverleibt hat. Wir haben also einen galaktischen Kannibalen auf frischer Tat ertappt. Die betreffenden Sternströme werden sich im Laufe der nächsten Milliarden Jahre zerstreuen. Dann wird nichts mehr darauf hinweisen, dass diese Sterne einmal Teil einer anderen Galaxie waren.“

Auch die Geschichte des Dreiecksnebels, einer kleineren Begleitergalaxie von Andromeda, muss im Lichte der neuen Ergebnisse umgeschrieben werden. Dazu noch einmal Martin: „Bislang galt der Dreiecksnebel einfach nur als Begleiter der Andromeda. Jetzt haben wir überzeugende Hinweise darauf, dass die beiden Galaxien vor einigen Milliarden Jahren in eine Kollision verwickelt waren.“ Das zeigt ein neu entdeckter „Sternenschweif“ des Dreiecksnebels, der bei diesem Zusammentreffen durch Wirkung der Schwerkraft der Andromeda-Galaxie entstanden sein dürfte.

(Max-Planck-Institut für Astronomie, 04.09.2009 – DLO)

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