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Raumfahrt

Ariane 6: Erstflug gelungen – größtenteils

Trägerrakete startete erfolgreich, Wiederzündung der Triebwerke im Orbit klappte jedoch nicht

ARiane 6 Liftoff
Die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 startete gestern Abend zu ihrem Erstflug. © ESA/ M. Pédoussaut

Geschafft: Nach jahrelanger Verspätung ist die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 gestern Abend erfolgreich zu ihrem Erstflug gestartet. Start, Flug in den Orbit und das Aussetzen der ersten Satelliten klappten wie geplant. Dann allerdings fiel aus noch ungeklärten Gründen das Zusatzaggregat aus, das ein zweites Zünden der Raketenoberstufe ermöglichen sollte. Dadurch konnte diese nicht wie geplant kontrolliert aus der Umlaufbahn wieder entfernt werden – sie ist nun Weltraumschrott. Dennoch wertet die ESA den Flug als Erfolg.

Große Erleichterung bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA: Gestern Abend, 09. Juli um 21:00 Uhr, hob die neue Trägerrakete Ariane 6 ohne Komplikationen vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ab. „Wir sind erleichtert und begeistert. Eine komplett neue Rakete wird nur alle 20 oder 30 Jahre gestartet und der Erfolg ist dabei alles andere als garantiert“, sagte ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher. „Dies ist ein historischer Moment.“

Planmäßiger Flug bis in den Erdorbit

Beim Jungfernflug startete die Ariane 6 mit zwei statt der möglichen vier Feststoffraketen. Diese lieferten zusammen mit dem Haupttriebwerk der Rakete den Schub, der die Ariane 6 bis in den erdnahen Weltraum brachte. Rund zwei Minuten nach dem Start erfolgte der Abwurf der ausgebrannten Feststoffraketen, weitere sechs Minuten später wurde auch die Unterstufe der Rakete mit dem Haupttriebwerk erfolgreich abgetrennt.

Start der Ariane 6 zu ihrem Erstflug.© ESA

Wie geplant zündete anschließend die Raketenoberstufe mit dem Vinci-Triebwerk. Diese ebenfalls mit flüssigem Sauerstoff und Wasserstoff betriebene Brennstufe brachte die Ariane 6 beim Erstflug im Verlauf von rund 18 Minuten in eine elliptische Umlaufbahn in 300 bis 700 Kilometer Höhe. Nach dem Erreichen des Orbits und dem Abschalten des Vinci-Triebwerks folgte die zweite Phase des Erstflugs: Die Ariane 6 setzte in rund 600 Kilometer Höhe mehrere kleine Satelliten frei.

Ausfall des Zusatzaggregats verhinderte Neuzündung

Dann kam es jedoch zu einem Problem: Eigentlich sollte die Vinci-Oberstufe der Ariane 6 wieder neu gezündet werden, um die Rakete in eine neue Umlaufbahn zu bringen und noch einige restliche Nutzlasten auszubringen. Dafür ist die Rakete mit einer sogenannten Auxiliary Power Unit (APU) ausgestattet. Dieser Hilfsantrieb erzeugt gerade genug Schub, um den Treibstoff in den Tanks trotz Schwerelosigkeit zum Antrieb zu bewegen – erst dies ermöglicht die Wiederzündung.

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Oberstufe der Ariane 6 im Orbit
Die Oberstufe der Ariane 6 sollte eigentlich im Orbit ihr Vinci-Triebwerk noch einmal zünden – das gelang jedoch nicht. © ESA/ D. Ducros

Doch diese APU fiel aus bisher ungeklärten Gründen aus. Zwar war das Zusatzaggregat beim ersten Zünden des Vinci-Triebwerk wie geplant angesprungen, später schaltete es sich jedoch ab. Dadurch konnten einige Nutzlasten nicht ausgesetzt werden und auch das geplante De-Orbiting der Raketenoberstufe fand nicht statt. Dabei soll eine letzte Zündung des Vinci-Triebwerks die Ariane 6 in die Erdatmosphäre lenken, damit sie dort verglüht und nicht zu Weltraumschrott wird.

„Wiederzündung nicht essenziell“

Dennoch wertet die ESA den Jungfernflug der Ariane 6 als Erfolg: „Wir haben die Ariane 6 erfolgreich ins All gebracht“, sagte ESA-Generaldirektor Aschenbacher. Zurzeit werden die Daten des Erstflugs noch ausgewertet, daher hält auch die Suche nach dem Fehler an. ESA und Arianegroup betonten jedoch, dass das Nachzünden der Raketenoberstufe für die meisten Satellitenmissionen kein essenzieller Faktor sei: „Viele Missionen benötigen keinen Neustart in der Mikrogravitation“, sagte Martin Sion von Arianegroup gegenüber der BBC. „Wir werde die Flugprofile an das anpassen, was wir in den Daten finden.“

ESA und Arianegroup planen noch in diesem Jahr einen zweiten Start der Ariane 6. Für die Zukunft sind für die neue Trägerrakete rund elf Starts pro Jahr geplant. Schon jetzt sind rund 30 Flüge mit der Ariane 6 in Auftrag gegeben, darunter verschiedene Satelliten von europäischen Betreibern, darunter Wettersatelliten von EUMETSAT. Auch Transporte für die Satelliten-Megakonstellation Kuiper des US-Konzerns Amazon sowie 2026 der Start eines ESA-Weltraumteleskops stehen auf der Liste.

Ist die Ariane 6 konkurrenzfähig?

Ob die neue Trägerrakete Ariane 6 konkurrenzfähig sein wird, bleibt abzuwarten. Denn ihre Starts sind zwar weit günstiger als die ihrer Vorgängerin Ariane 5, aber nicht günstiger als die Konkurrenz – auch, weil die Ariane 6 nicht wiederverwendbar ist. Andere Raumfahrtunternehmen, darunter vor allem SpaceX mit Falcon 9 und Falcon Heavy setzen dagegen konsequent auf die Wiederverwendbarkeit der Brennstufen und reduzieren so die Kosten für den Start erheblich.

Demgegenüber sieht die ESA in der Ariane 6 Vorteile durch deren Vielseitigkeit und hohe Leistung – und die Unabhängigkeit von anderen Anbietern: „Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt muss Europa für einen sicheren und eigenständigen Zugang zum Weltraum sorgen, um nicht von den Kompetenzen und Prioritäten anderer Nationen abhängig zu sein“, erklärt sie. „Mit dem Start der Ariane 6 schickt Europa nicht nur eine Rakete ins All, sondern behauptet auch seine Stellung unter den internationalen Raumfahrtnationen.“

Quelle: ESA, BBC

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