Es will einfach nicht klappen: Erneut musste die NASA den Start der Artemis-1-Mission absagen – und wieder war ein Leck an einem der Haupttriebwerke der Trägerrakete SLS schuld. Beim Betanken trat dadurch tiefgekühlter, flüssiger Wasserstoff aus einem Verbindungsstück aus. Da das Probleme offenbar nicht auf die Schnelle lösbar ist, muss die Rakete samt Orionkapsel nun wieder von der Startrampe in den Hangar geschafft und dort untersucht werden.
Das Space Launch System (SLS) ist die größte und leistungsstärkste Rakete, die jemals gebaut wurde – wenn sie denn fliegt. Nach der legendären Saturn-V-Rakete der Apollo-Missionen soll sie im Rahmen des Artemis-Programms erstmals wieder Astronauten über den Erdorbit hinaus zum Mond bringen können. Allerdings bereitet das System der NASA schon lange immer wieder Probleme: Mehr als 20 Jahre haben die Entwicklung und der Bau der Rakete gedauert, mehrfach drohte das Projekt an der Finanzierung und technischen Schwierigkeiten zu scheitern.
Der ehemalige US-Präsident Trump, der die bemannte Rückkehr zum Mond forcieren wollte, drohte im Jahr 2019 sogar, der NASA den Auftrag und das Geld zu entziehen und stattdessen einen kommerziellen Anbieter zu engagieren, wenn die Raumfahrtbehörde den Zeitplan nicht einhalte. „Wenn die NASA nicht imstande ist, US-Astronauten in fünf Jahren auf dem Mond zu landen, dann müssen wir die Organisation ändern, nicht die Mission“, sagte damals Vizepräsident Mike Pence.
Start schon mehrfach verschoben
Seither hat die NASA die Fertigstellung des SLS mit Hochdruck vorangetrieben und nach einer erneuten Verschiebung wegen der Corona-Pandemie sollte es nun in diesem Jahr endlich soweit sein. Der Start der zunächst unbemannten Mondmission Artemis-1 war ursprünglich für den Mai 2022 angesetzt. Nachdem jedoch schon bei einer Testbetankung im April Probleme aufgetreten waren, wurde der Plan aufgegeben und der Start auf den Spätsommer verschoben.
Und wieder gab es Probleme: Bei einem Startversuch am 29. August 2022 trat beim Betanken des SLS mit flüssigem Wasserstoff ein Leck an einem der vier Haupttriebwerke der Rakete auf. Der Countdown musste abgebrochen werden. Wenige Tage später glaubte man, das Problem gelöst zu haben und setzte den Start erneut an – diesmal für Samstag, den 3. September.
Erneut Leck an einem der Triebwerke
Jetzt ist auch dieser Startversuch fehlgeschlagen. „Während des heutigen Startversuchs sahen Ingenieure ein Leck in einem Hohlraum zwischen den Seitenplatten der Rakete und dem Grund, das an der Ansatzstelle einer Leitung auftrat, durch das flüssiger Wasserstoff in die SLS geleitet wird“, meldet die NASA. „Drei Versuche, die Ansatzstelle abzudichten, blieben erfolglos. Die Missionsleiter entschieden daher, Anfang September keine weitere Startversuche durchzuführen.“
In den nächsten Tagen wollen die NASA-Teams den Bereich des Lecks auf der Startrampe 39B genauer untersuchen, um herauszufinden, ob das Problem am Kopplungsventil der Leitung von Seiten der Startrampe liegt und vor Ort repariert werden kann. Es ist nicht das erste Mal, dass Lecks beim Betanken der SLS Probleme bereiten, auch im Frühjahr war dies schon der Grund für die Verschiebung des Zeitplans.
Nächster Versuch erst in einigen Wochen
Bisher ist unklar, wie das Problem zustande kam, die NASA berichtet aber, dass es beim Herunterkühlen des Systems kurz vor dem Betankungsstart zu einem Fehler gekommen ist: Es wurde versehentlich ein Befehl gesendet, der den Druck im System kurzzeitig erhöhte. „Zwar war die Rakete nicht gefährdet und wir können noch nicht sagen, ob dieser Druckanstieg zur Ursache des leckenden Ventils beigetragen hat, die Ingenieure untersuchen das Problem aber“, so die NASA.
Bis eine Antwort gefunden ist, sind erst einmal alle Startversuche abgesagt. Das nächste Startfenster für den Flug zum Mond beginnt erst wieder am 19. September 2022, das übernächste am 17. Oktober. Weil die Startrampe Anfang Oktober für einen Flug zur internationalen Raumstation ISS benötigt wird, ist es laut NASA-Leiter Bill Nelson wahrscheinlich, dass der nächste Startversuche von Artemis-1 erst im zweiten Startfenster ab Mitte Oktober stattfinden wird.
Bis dahin müssen die Mondrakete samt der von der europäischen Raumfahrtbehörde ESA gebauten Orion-Kapsel wieder in das Vehicle Assembly Building, den großen Raketenhangar, zurückgerollt werden.
Quelle: NASA