Sonnensystem

Asteroid Bennu: Jede Menge Lebensbausteine

Analysen der Asteroidenproben enthüllen Aminosäuren, DNA-Basen und salzhaltige Minerale

Asteroid Bennu
Der Asteroid Bennu, aufgenommen von der NASA-Raumsonde OSIRIS-REx. Sie hat Proben von diesem urzeitlichen Brocken zur Erde zurückgebracht, die nun analysiert wurden. © NASA/Goddard/ University of Arizona

Chemisches Buffet: Die 2023 zur Erde gebrachten Proben vom Asteroiden Bennu enthalten eine überraschende Fülle an organischen Molekülen. Unter den gut 10.000 nachgewiesenen Verbindungen sind alle fünf DNA- und RNA-Basen, sowie 33 verschiedene Aminosäuren – und damit wichtige Lebensbausteine, wie Forschende in „Nature“ und „Nature Astronomy“ berichten. Salzhaltige Minerale im Asteroidenmaterial liefern zudem spannende Hinweise auf Bennus Ursprung.

Woher kamen die ersten Lebensbausteine auf der Erde? Entstanden DNA, Proteine und ihre Grundbausteine in der irdischen „Ursuppe“ – oder waren sie womöglich kosmischen Ursprungs? Daten von Raumsonden und Meteoriten belegen, dass zumindest einige organische Moleküle auch im Weltraum vorkommen – beispielsweise auf Kometen, an eisbedecktem interstellarem Staub oder in Asteroiden. Auf solchen Himmelskörpern wurden bereits Aminosäuren, Zucker und auch DNA-Basen nachgewiesen. Sie könnten durch Einschläge von Asteroiden oder Kometen auch auf die frühe Erde gelangt sein.

OSiRIS-REx
Raumsonde OSIRIS-REx bei der Probenennahme auf dem Asteroiden Bennu (Illustration). © NASA

Proben vom Asteroiden Bennu

Um die Rolle von Asteroiden als Biomolekül-Lieferanten zu untersuchen, hat die NASA Raumsonde OSIRIS-REx ab 2018 den Asteroiden Bennu näher untersucht. Im Oktober 2020 sammelte sie dabei in einem gewagten Manöver Proben von der Oberfläche des Asteroiden (101955) Bennu ein. Die gut 120 Gramm Asteroidenmaterial brachte OSIRIS-REx dann im Jahr 2023 zurück zur Erde.

Jetzt liegen erste Ergebnisse dieser Analysen vor. Ein Team um Daniel Glavin vom NASA Goddard Space Flight Center hat die organischen Moleküle im Material vom Asteroiden Bennu untersucht – und ist reichlich fündig geworden. Die Analysen zeigten zehntausende chemischer Verbindungen auf Kohlenwasserstoffbasis, darunter auch zahlreiche Lebensbausteine: „Wir haben Aminosäuren, Amine, Formaldehyde, Karbonsäuren, polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe und Stickstoffhaltige Heterozyklen entdeckt, außerdem rund 10.000 Stickstoffhaltige Chemikalien“, berichten Glavin und seine Kollegen.

Nachgewiesene Moleküle
Die chemischen Funde in den Asteroidenproben von Bennu im Überblick. © NASA

Aminosäuren auch in nicht-irdischen Varianten

Unter den 33 nachgewiesenen Aminosäuren waren 14 der 20 für irdisches Leben und die Proteinproduktion essenziellen Aminosäuren wie Glycin, Asparagin oder Tyrosin. „Zusätzlich haben wir 19 nicht-Protein-Aminosäuren identifiziert“, so das Team. Diese kommen im genetischen Code und in den Proteinen irdischer Lebewesen nicht vor. Viele Aminosäuren aus den Bennu-Proben lagen zudem als Mischung links- und rechtshändiger Varianten vor – als sogenanntes Racemat.

Damit unterscheiden sich die Bennu-Moleküle deutlich von den Aminosäuren, die von irdischen Lebewesen erzeugt werden, denn diese sind allesamt linkshändig. „Dies widerspricht der Hypothese, nach der das auf linkshändigen Proteinen basierende Leben auf der Erde durch ein auch im Sonnensystem vorhandenes Ungleichgewicht geprägt wurde“, schreiben die Wissenschaftler. Gleichzeitig bestätige dies den extraterrestrischen Ursprung dieser Moleküle.

Alle DNA- und RNA-Basen

Zusätzlich entdeckten Glavin und sein Team auch Nukleotid-Basen in den Proben – die Moleküle, die den genetischen Code bilden. Alle fünf in Organismen vorkommenden DNA- und RNA-Basen waren auch im Asteroidenmaterial zu finden: Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin und das nur in der RNA auftretende Uracil. Auch andere komplexe, stickstoffhaltige Moleküle wiesen die Forschenden nach. Damit enthält das Material vom Asteroiden Bennu mehr solcher Stickstoff-Heterozyklen als andere Proben, beispielsweise vom ähnlich großen Asteroiden Ryugu.

Ebenfalls charakteristisch für Bennu ist ein hoher Gehalt an Ammoniak, wasserlöslichen organischen Verbindungen und speziellen Stickstoff-Isotopen. Nach Ansicht der Forschenden könnte dies auf einen Ursprung Bennus oder seines Mutter-Himmelskörpers im äußeren Sonnensystem hindeuten. Dort sammelte der Asteroid Eis mitsamt der darin enthaltenen organischen Moleküle und flüchtigen Substanzen, bevor er dann ins innere Sonnensystem gelangte. Alternativ könnte aber auch eisreicher Staub aus dieser äußeren Zone nach innen gedriftet sein und sich erst dort auf dem Asteroiden abgelagert haben.

Mineral-Nadeln
Kristallnadeln des in der Asteroidenprobe enthaltenen Minerals Trona unter dem Elektronenmikroskop. © Rob Wardell, Tim Gooding, Tim McCoy/ Smithsonian

Salzhaltige Minerale und Sole

Einen solchen Ursprung im eisreiche äußeren Sonnensystem legt auch der zweite Teil der Analysen nahe. Dafür hat ein Team um Tim McCoy vom National Museum of Natural History in Washington DC die Asteroidenproben auf anorganische Salze und Minerale hin untersucht. Auch dabei zeigte sich eine reiche Vielfalt. „Die Funde umfassen natriumhaltige Phosphate und natriumreiche Karbonate, Sulfate, Chloride und Fluoride“, berichten die Forschenden.

Diese salzhaltigen Minerale deuten darauf hin, dass es auf Bennus Mutter-Himmelskörper einst salzhaltige Flüssigkeiten gegeben haben muss. Als dann diese Sole verdunstete, kristallisierten die Salze aus und bildeten diese Minerale. Auch auf der Erde entstehen Verbindungen wie das Natriumhydrogenkarbonat Trona und das Natriumfluorid Villiaumit auf ähnlich Weise – beispielsweise in Salzseen. Sie wurden nun erstmals auch auf einem extraterrestrischen Himmelskörper nachgewiesen.

„Zusammen haben unsere Analysen uns einen großen Schritt näher daran gebracht, zu verstehen, wie Asteroiden wie Bennu sich entwickelt haben und wie sie dazu beigetragen haben könnte, die Erde lebensfreundlich zu machen“, sagt Co-Autorin Sara Russell vom Natural History Museum in London. (Nature Astronomy, 2025; doi: 10.1038/s41550-024-02472-9; Nature, 2025; doi: 10.1038/s41586-024-08495-6)

Quelle: Hokkaido University, Smithsonian – National Museum of Natural History

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