Neuer Rekord: Astronomen haben den leuchtstärksten und am schnellsten wachsenden Quasar entdeckt. Das supermassereiche, aktiv Materie verschlingende Schwarze Loch leuchtet 500 Billionen mal heller als die Sonne und verschlingt pro Tag mehr als eine Sonnenmasse an Material, wie das Team in „Nature Astronomy“ berichtet. Dadurch erscheint dieser Quasar trotz seiner enormen Entfernung von rund zwölf Milliarden Lichtjahren so hell, dass Astronomen ihn zuvor für einen hellen Stern hielten.
Quasare gehören zu den hellsten Objekten im Kosmos. Ihre Leuchtkraft verdanken diese aktiven Galaxienkerne einem aktiven supermassereichen Schwarzen Loch: Es saugt enorme Mengen Materie ein und gibt dabei Energie in Form von Strahlung ab. Als bisher hellster Quasar des Kosmos galt das 2018 entdeckte Schwarze Loch SMSS J2157-3602. Es ist rund 24 Milliarden Sonnenmassen schwer und strahlt so hell wie rund 700 Billionen Sonnen.
Wegen seiner Helligkeit fehlinterpretiert
Doch jetzt haben Astronomen um Christian Wolf von der Australian National University (ANU) in Canberra einen noch leuchtkräftigeren Quasar entdeckt. Das Objekt J0529-4351 liegt ebenfalls im Herzen einer rund zwölf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie, wurde aber bisher schlicht übersehen – obwohl der helle Lichtpunkt schon seit Jahrzehnten bekannt ist. Der Grund: Die automatische Datenanalyse des europäischen Gaia-Weltraumteleskop stufte J0529-4351 als zu hell für einen Quasar ein. Man hielt das Objekt deshalb für einen nahen Stern.
Erst jetzt haben Wolf und sein Team J0529-4351 korrekt als Quasar identifiziert. Dies gelang mithilfe neuer Beobachtungsdaten des australischen Siding Spring Observatory und des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile. Die spektralen Analysen dieser Daten enthüllten, dass dieses Objekt eine hohe Rotverschiebung aufweist und daher kein bloßer Stern sein kann – es musste sich um die intensive Strahlung eines aktiven supermassereichen Schwarzen Lochs handeln.
Leuchtstärker und schnellwachsender als alle anderen
Doch das ist noch nicht alles: Der neuentdeckte Quasar entpuppte sich auch als in gleich mehrerer Hinsicht rekordträchtig. Wie die Astronomen feststellten, ist das Schwarze Loch rund 17 Milliarden Sonnenmassen schwer, aber allein seine Akkretionsscheibe hat die enorme Strahlungsleistung von mehr als 2 x 1041 Watt. Als Folge strahlt dieser Quasar heller als 500 Billionen Sonnen. Im Verhältnis zu seiner Masse ist dies ein neuer Rekord, wie Wolf und sein Team berichten.
Hinzu kommt: Das supermassereiche Schwarze Loch von J0529-4351 wächst auch rekordverdächtig schnell: „Es verzehrt etwas mehr als eine Sonnenmasse pro Tag“, berichtet Wolf. Damit liegt die Rate der Materievertilgung dieses Quasars nahe am Eddington-Limit – dem Maximum, das ein Schwarzes Loch auf einmal aufnehmen kann. „In puncto Leuchtkraft und Wachstumsrate ist J0529-4351 damit der extremste bisher bekannte Quasar“, konstatieren die Astronomen.
Ebenfalls rekordträchtig ist die Ausdehnung der rasend schnell um den Ereignishorizont kreisenden Akkretionsscheibe dieses Quasars: „All dieses Licht kommt von einer heißen Akkretionsscheibe mit einem Durchmesser von sieben Lichtjahren – das muss die größte Akkretionsscheibe im Universum sein“, sagt Koautor Samuel Lai von der ANU.
Verzerrung in der KI-gestützten Auswertung
Nach Ansicht der Astronomen illustriert dieser Fund nicht nur, wie enorm die Energiefreisetzung früher Quasare sein kann. Er deutet auch darauf hin, wie unvollständig unser Bild dieser „Leuchtfeuer“ des Kosmos ist. Denn J0529-4351 wurde nicht trotz seiner Helligkeit übersehen, sondern gerade wegen ihr. Einen Grund dafür sehen sie in der heute weitgehend automatisierten und KI-gestützten Analyse der Beobachtungsdaten.
„Angesichts der Fülle an Daten von modernen Himmelsdurchmusterungen sind Auswertungen auf Basis des maschinellen Lernens heute beliebt“, erklären die Forschenden. Doch die Zusammensetzung ihrer Trainingsdaten kann dazu führen, dass diese KI-Systeme gerade extreme Objekte nicht korrekt klassifizieren – wie bei J0529-4351 der Fall. „Bei extrem leuchtstarken Quasaren bewirkt diese Verzerrung der Trainingsdaten, dass diese einfach nicht vorhanden zu sein scheinen“, so Wolf und sein Team.
Das führte auch bei dem neuen Rekordquasar zur Fehleinstufung: „Die maschinelle Auswertung der Gaia-Daten klassifizierte J0529-4351 mit 99,8-prozentiger Wahrscheinlichkeit als Milchstraßenstern“, berichten die Astronomen. Künftige Beobachtungen und Datenanalysen sollten daher diese Verzerrung berücksichtigen. (Nature Astronomy, 2024; doi: 10.1038/s41550-024-02195-x)
Quelle: European Southern Observatory (ESO)