Normalerweise schauen Astronomen Millionen Jahre in die Vergangenheit. Doch mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble ist es ihnen nun gelungen, auch in die Zukunft zu blicken: Im Kugelsternhaufen Omega Centauri maßen sie erstmals die genaue Bewegung von 100.000 Sternen und erstellten daraus ein Modell für die nächsten 10.000 Jahre. Diese erste hochpräzise Messung der Sternbewegung in einem solchen Cluster widerlegt aber auch vermeintliche Indizien für die Präsenz eines Schwarzen Lochs im Zentrum des Sternhaufens.
Der Kugelsternhaufen Omega Centauri ist einer der größten und hellsten Sternhaufen der Milchstraße und einer der wenigen, die auch mit bloßem Auge als heller Fleck zu erkennen sind. Schon Ptolemäus katalogisierte ihn vor rund 2.000 Jahren als Stern, denn die mehr als zehn Millionen Einzelsterne im Haufen stehen so dicht beieinander, dass sie selbst mit guten Teleskopen kaum voneinander zu trennen sind. Dies gelang erst mit der hochauflösenden Optik des Weltraumteleskops Hubble.
Erster genauer Blick auf Sternenbewegung im Cluster
Doch jetzt sind die Astronomen des Space Telescope Science Institute in Baltimore noch einen Schritt weiter gegangen: Sie beobachteten die Bewegung der einzelnen Sterne im Cluster und ermittelten daraus die zukünftige Entwicklung des Sternhaufens. Die Forscher nutzten dafür Aufnahmen der Advanced Camera for Surveys des Weltraumteleskops aus den Jahren 2002 und 2006 und vermaßen zunächst die Bewegung von rund 100.000 Sternen in Omega Centauri.
„Man braucht komplexe Computerprogramme, um die winzigen Veränderungen in der Position der Sterne über eine Periode von nur vier Jahren zu erfassen“, erklärt der Astronom Jay Anderson vom Space Telescope Science Institute in Baltimore. „Letztlich ist jedoch die superscharfe Sicht von Hubble der Schlüssel für unsere Fähigkeit, die stellaren Bewegungen in diesem Cluster zu messen.“
Schwarzes Loch im Zentrum oder nicht?
Diese zurzeit umfangreichste und genaueste Bestandsaufnahme der Sternenwanderung in einem Cluster ermöglicht unter anderen Rückschlüsse darauf, wie sich solche stellaren Gruppierungen im frühen Universum gebildet haben, aber auch, ob sich inmitten der dichten Sternenpopulation möglicherweise ein Schwarzes Loch verbirgt. Schon seit längerem gibt es Vermutungen, dass auch Sternhaufen, ähnlich wie Galaxien, um ein solches Gravitationszentrum kreisen. Echte Beweise dafür oder dagegen fehlten jedoch bisher.
Die neuen Daten widerlegen zumindest einige frühere Studien, die mögliche Anzeichen für die Präsenz eines intermediären Schwarzen Lochs in Omega Centauri gefunden hatten. Den genaueren Messungen des Weltraumteleskops zufolge zeigen die Sterne im Kugelsternhaufen keine typischen Bewegungsmuster und Verteilungen, wie sie bei Existenz eines solchen Schwarzen Lochs zu erwarten wären. „Zusammenfassend widerlegen unsere Ergebnisse die bisher vorgestellten Argumente für die Präsenz eines intermediären Schwarzen Lochs in Omega Centauri“, erklären die Forscher. „Das aber bedeutet nicht, dass es nicht vielleicht doch ein solches Schwarzes Loch geben könnte.“
Blick in die Zukunft
In einem weiteren Schritt gelang es den Astronomen, auch in die Zukunft zu blicken: Aus der Bewegungsgeschwindigkeit und –richtung der beobachteten Sterne in Omega Centauri schlossen sie auf deren weitere Wanderungsrouten und erstellten so erstmals ein Modell der Sternbewegungen der nächsten 10.000 Jahre in einem solchen Kugelsternhaufen.
(Space Telescope Science Institute, 01.11.2010 – NPO)