Staubring als Messlatte
Hönig und seine Kollegen haben nun eine Methode entwickelt, die dieses Dilemma löst. Um das zu erreichen, beobachteten die Astronomen die Galaxie NGC 4151 mit den beiden 10-Meter-Teleskopen des Keck-Observatoriums auf Hawaii, die sie mittels Interferometrie zusammenkoppelten. Dadurch erhielten sie eine Auflösung, die der eines 82-Meter-Teleskops entsprach. Damit beobachteten sie sowohl die UV-Strahlung, die von der Umgebung des Schwarzen Lochs ausgeht als auch die Infrarotstrahlung, die vom Staubring ausgesendet wird, wenn er von dem UV-Licht getroffen wird
Und hier liegt der Clou: Aus der Verrechnung beider Strahlungen lässt sich ermitteln, wie weit der Staubring vom Schwarzen Loch entfernt ist – und damit seine Größe. Denn die Zeitdifferenz zwischen UV-Licht und Infrarotstrahlung gibt an, wie viel Zeit das UV-Licht vom Schwarzen Loch zum Staubring gebraucht hat – in diesem Fall rund 30 Tage, wie die Astronomen berichten. Damit aber haben sie die entscheidende Größe, um eine Triangulation durchzuführen: Sie wissen, wie groß der Staubring ist, dadurch können sie ihn als Messlatte einsetzen.

Das UV-Licht aus dem in das Schwarze Loch fallende Gas kommt früher an als das Infrarotlicht des Staubrings - das verrät ihre Entfernung. © Marie Dyekjær Eriksen
Genauer als je zuvor
Den Astronomen gelang es auf diese Weise, die Entfernung zu „Saurons Auge“ erstmals bis auf zehn Prozent genau zu bestimmen: „Wir haben die Entfernung auf 62 Millionen Lichtjahre berechnet“, sagt Koautor Darach Watson von der Universität Kopenhagen. „Damit sind wie von einer hohen Unsicherheit auf die nahezu präzise Distanz gekommen.“
Wie die Forscher erklären, können mit dieser Methode auch die Entfernungen zu anderen weit entfernten Galaxien nachgemessen werden – und dies wahrscheinlich genauer als mit gängigen Verfahren. Das wiederum könnte dabei helfen, die Hubble-Konstante – die Ausdehnung des Universums – genauer als bisher zu messen und so auch die Kosmologie voranbringen.
Mehr Masse für das Schwarze Loch
Und auch in Bezug auf die supermassereichen Löcher liefern die neuen Messungen wichtige Erkenntnisse. Denn um ihre Masse zu bestimmen, muss man zwei Parameter kennen, wie die Forscher erklären: Die Geschwindigkeit, mit der Sterne der Galaxie um das Schwarze Loch kreisen und die Entfernung der Sterne zum galaktischen Zentrum. Diese Entfernung lässt sich über Triangulation, also über die Winkelabstand ermitteln – aber nur, wenn man weiß, wie weit entfernt die Galaxie ist.
Genau dies aber haben die Astronomen nun ermittelt und konnten so auch die Masse des Schwarzen Lochs in NGC 4151 neu bestimmen – einem der beiden so wichtigen Bezugsgrößen für solche Giganten. Die große Überraschung: „Unsere Berechnungen zeigen, dass solche supermassereichen Schwarzen Löcher um 40 Prozent schwerer sind als bisher dacht“, sagt Watson. (Nature, 2014; doi: 10.1038/nature13914)
(Nature / University of Copenhagen, University of Southampton, 27.11.2014 – NPO)
27. November 2014