Astronomie

Astronomen vermessen „Strange New Worlds“

Bisher umfangreichster Katalog mit Massen und Merkmalen für 126 neuentdeckte Exoplaneten

Exoplaneten
Astronomen haben für 126 vom TESS-Weltraumteleskop neuentdeckte Exoplaneten die Merkmale genauer bestimmt. © W. M. Keck Observatory/ Adam Makarenko

Fremde Welten: Astronomen haben 126 neuentdeckte Exoplaneten erstmals im Detail charakterisiert und zu einem Katalog zusammengefasst. Dieser macht Trends und Gesetzmäßigkeiten sichtbar, enthüllt aber auch exotische Sonderlinge- und einige überraschende Welten. Unter ihnen ist einer der dichtesten jemals entdeckten Sub-Neptune und ein Exoplanet, der seinen Zwergstern so schnell und dicht umkreist wie nur wenige andere.

Astronomen haben bereits tausende Exoplaneten entdeckt, darunter auch Dutzende neuer Welten in unserer galaktischen Nachbarschaft. Allerdings ist von den meisten dieser Planeten nur entweder die Größe oder die Masse bekannt, selten beides. Der Grund: Werden die Exoplaneten beim Vorbeiziehen vor ihrem Stern mit der Transitmethode entdeckt, verrät die dabei erzeugte Abschattung nur die Größe. Wird der Planet hingegen durch seine Schwerkraftwirkung auf seinen Mutterstern aufgespürt, können Messungen mit der Radialgeschwindigkeitsmethode nur auf seine Masse schließen.

„Nur von wenigen der bisher bekannten Exoplaneten kennen wir sowohl Masse als auch Radius. Doch erst die Kombination dieser beiden Messwerte verrät uns, woraus diese Planeten bestehen könnten und wie sie sich gebildet haben“, erklärt Koautor Stephen Kane von der University of California Riverside.

126 Exoplaneten
Die Spanne der 126 im neuen Katalog beschriebenen Exoplaneten reicht von massereichen Gasriesen bis zu steinigen Winzlingen. © W. M. Keck Observatory/ Adam Makarenko

126 Exoplaneten auf der Waage

Jetzt haben die Astronomen für 126 vom TESS-Weltraumteleskop jüngst entdeckte Exoplaneten genau diese Datenkombination ermittelt. In dreijähriger Arbeit wertete das Team um Erstautor Alex Polanski von der University of Kansas mehr als 13.000 Messungen der Radialgeschwindigkeit für diese 120 bestätigten Exoplaneten und sechs Planetenkandidaten aus. Die dafür nötigen Untersuchungen führten sie mit dem hochauflösenden Echelle-Spektrometer des W.M. Keck Observatory auf Hawaii und ergänzenden Messdaten des Lick Observatory in Kalifornien durch.

Jetzt liegen die Ergebnisse vor. „Der TESS-Keck-Survey repräsentiert den größten Einzelbeitrag zum Verständnis der physikalischen Natur und der Systemarchitektur von neuen Planeten durch das TESS-Teleskop“, sagt Koautor Ian Crossfield von der University of Kansas. „Kataloge wie dieser helfen Astronomen, einzelne Welten in den Kontext der restlichen Exoplaneten-Population zu setzen.“ Kane ergänzt: „Mit diesen Informationen könne wir zudem Fragen dazu beantworten, wie unser eigenes Sonnensystem in das große Ganze der Planetensysteme passt.“

TOI-1386b: Ein seltener Sub-Saturn

Konkret zeigt der Katalog der neuentdeckten Exoplaneten einen faszinierenden Mix von Planetentypen – die Spanne reicht von massereichen „Exo-Jupitern“ bis zu kleinen Gesteinsplaneten von Erdgröße, von heißen, sternennahen Höllenplaneten bis zu temperierten oder frostigen Außenwelten. Einige Exoplaneten erweisen sich dabei als besonders rar oder exotisch, wie das Team berichtet.

Unter diesen Besonderheiten ist TOI-1386b, ein Exoplanet, dessen Masse und Größe zwischen der des Neptun und Saturn liegt. „Es gibt eine anhaltende Diskussion darüber, ob solche Sub-Saturne im Kosmos selten sind oder ob wir nur schlecht darin sind, sie aufzuspüren“, erklärt Koautorin Michelle Hill von der University of California Riverside. „Deshalb ist der Planet TOI-1386b eine wichtige Ergänzung zu Exoplaneten-Demografie.“ Der neuentdeckte Sub-Saturn umkreist seinen Stern in rund 26 Tagen, ein weiterer, saturngroßer Exoplanet kreist weiter außen in diesem System und benötigt 226 Tage für einen Umlauf.

TOI-1824b: Ein Sub-Neptun mit exotisch-hoher Dichte

Noch exotischer ist der Exoplanet TOI-1824b. Denn diese fremde Welt hat eine für ihre Größe ungewöhnlich hohe Masse. „Mit der 19-fachen Erdmasse, aber nur der 2,6-fachen Größe der Erde ist dieser Planet ein echter Exot“, sagt Koautor Joseph Murphy von der University of California in Santa Cruz. TOI-1824b ist demnach einer der dichtesten bisher bekannten Sub-Neptune.

Warum dieser Sub-Neptun so schwer ist, können die Astronomen bisher nur vermuten. Eine mögliche Erklärung wäre ein massereicher, erdähnlicher Kern, der von einer eher dünnen, Wasserstoff-dominierten Gashülle umgeben ist – eher eine Art Supererde mit Atmosphäre. Denkbar wäre aber auch, dass TOI-1824b ein Wasserplanet mit dichter Wasserdampf- oder Wasserstoff-Hülle ist. Solche hyceanischen Wasserwelten können laut neueren Erkenntnissen bei mäßiger Größe relativ massereich werden. Allerdings ist TOI-1824b selbst für solche Exoplaneten ein wenig zu schwer und dicht.

TOI-1798
Blick auf das System TOI-1798. In ihm kreist eine heiße Supererde extrem schnell um ihren Stern, weiter außen gibt es einen Sub-Neptun. © W. M. Keck Observatory/ Adam Makarenko

TOI-1798c: Rasend schnell um seinen Stern

Ebenfalls eine Besonderheit ist TOI-1798c – eine extrem heiße, schnelle Supererde. Sie umkreist einen orangenen Zwergstern so dicht, dass sie weniger als zwölf Stunden für einen Umlauf benötigt. Damit gehört dieser Exoplaneten zu den sehr wenigen bisher bekannten Welten mit ultrakurzen Orbitalperioden (Ultra-Short Period (USP)). „Auch wenn die Mehrheit aller bekannten Exoplaneten ihre Sterne schneller umkreist als Merkur die Sonne – diese USP-Planeten sind ein Extremfall“, erklärt Crossfield.

„TOI-1798c umkreist seinen Stern so schnell, dass ein Jahr auf ihm weniger als einen halben Erdtag dauert“, so der Astronom. „Wegen ihres geringen Abstands zum Stern sind solche USPs zudem ultraheiß – sie erhalten mehr als die 3.000-fache Strahlenmenge der Erde.“ Wegen dieser Bedingungen hat die Supererde TOI-1798c wahrscheinlich ihre Atmosphäre längst verloren.

Ist unser Sonnensystem ungewöhnlich?

Insgesamt sehen die Astronomen in ihrem neuen Welten-Katalog einen wichtigen Schritt, um Exoplaneten und die Entwicklung von Planetensystemen im Kosmos besser zu verstehen. Dies trägt auch dazu bei, die Position des Sonnensystems im Gesamtsystem besser zu verstehen. „Sind wir ungewöhnlich? Bisher ist dies noch nicht final entschieden, aber unser neuer Massenkatalog ist ein großer Schritt hin zu einer Antwort auf diese Frage“, sagt Kane. (The Astrophysical Journal Supplement Series, 2024; doi: 10.3847/1538-4365/ad4484)

Quelle: W. M. Keck Observatory, University of California Riverside, University of Kansas

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