Es gibt ein Element, ohne das keine höhere Zivilisation auskommt – auch Außerirdische nicht: Sauerstoff. Denn ohne dieses Gas ist keine Verbrennung und keine fortgeschrittene Technik möglich. Warum das so ist und wie viel Sauerstoff die Atmosphäre eines Exoplaneten mindestens enthalten muss, haben Astrophysiker nun untersucht. Ihre Ergebnisse können dabei helfen, künftig gezielter nach intelligentem Leben im All zu suchen. Aber auch dabei, vermeintliche Alien-Technosignaturen zu überprüfen.
Sind wir allein im All? Oder gibt es auch anderswo intelligentes Leben und fortgeschrittene Zivilisationen? Nach Schätzungen einiger Astronomen müsste es allein in unserer Milchstraße rund 10.000 außerirdische Zivilisationen geben. Doch bisher wurde trotz intensiver Suche nach Radiosignalen und anderen Technosignaturen keine Spur von Aliens entdeckt. Haben wir die Wahrscheinlichkeit für intelligentes außerirdisches Leben womöglich überschätzt?
Warum Sauerstoff auch für Aliens wichtig ist
Welche Voraussetzungen nötig sind, damit sich auf einem Planeten eine höhere Zivilisation entwickeln kann, haben Astrophysiker nun noch einmal näher untersucht. „Wir sind im Prinzip in der Lage, die Signaturen von Leben auf fremden Planeten zu finden“, erklärt Adam Frank von der University of Rochester in New York. „Aber was verraten uns die Bedingungen auf einem Exoplaneten über die Wahrscheinlichkeit von intelligentem, Technologie produzierendem Leben auf einer solchen Welt?“
Entscheidend dafür könnte ein Faktor, der bisher meist unterschätzt wurde: Sauerstoff. „Es kann auf einem Exoplaneten zwar biologisches Leben ohne Sauerstoff geben, vielleicht sogar intelligente Wesen“, sagt Frank. Doch für eine fortgeschrittene technische Entwicklung könnte Sauerstoff unverzichtbar sein: „Nur Planeten mit einem substanziellen Sauerstoffanteil in der Atmosphäre können fortgeschrittene Technosphären und damit von uns detektierbare Technosignaturen entwickeln“, erklären Frank und sein Kollege Amedeo Balbi von der Universität Rom.
Ohne Verbrennung keine Metallurgie und Technik
Der Grund dafür: Um das Material für höhere Technologien zu produzieren, benötigt man fast immer Verbrennungsprozesse. Erst sie erzeugen die Hitze und chemischen Reaktionen, durch die sich Stahl, Metalllegierungen aller Art und viele andere Baustoffe herstellen lassen. „Auf der Erde hat Feuer eine entscheidende Rolle für die Entstehung der menschlichen Zivilisationen und die Anfänge der Technologien gespielt“, erklären die Forscher. Feuer half beim Kochen, beim Roden der Wälder und lieferte schließlich die Energie und Rohstoffe, um die industrielle Revolution in Gang zu bringen.
„Die Präsenz von genügend Sauerstoff in der Atmosphäre ist der Flaschenhals, den man passieren muss, um eine technologische Spezies zu werden“, sagt Frank. „Man kann alles andere auch anders lösen, aber wenn man keinen Sauerstoff in der Atmosphäre hat, wird man niemals eine technikbasierte Zivilisation werden.“ Dies gelte auch für außerirdische Zivilisationen, erklären die Astrophysiker.
Wie viel Sauerstoff ist nötig?
Doch wie viel Sauerstoff muss ein Exoplanet haben, damit Außerirdische auf ihm das Niveau einer fortgeschrittenen Kultur erreichen? „Experimentelle Studien haben gezeigt, dass die Untergrenze für viele Verbrennungsprozesse bei rund 16 Prozent Sauerstoff in der Erdatmosphäre liegt“, berichten die Forscher. Unterhalb 18,5 Prozent Sauerstoffgehalt ist es zudem relativ schwierig, ein Feuer zu entzünden, wie die Astrophysiker ermittelten. Die heutige Erdatmosphäre bietet mit rund 21 Prozent O2 dagegen gute Bedingungen.
Der Zeitpunkt, an dem die Menschheit die Nutzung des Feuers perfektioniert und erste Technologien entwickelte, ist demnach möglicherweise kein Zufall: „Die Chancen für das Feueranzünden waren im Laufe der Erdgeschichte sehr variabel: Vor rund 180 Millionen Jahren gab es beispielsweise eine Millionen Jahre andauernde Zeit, in der dies gar nicht möglich gewesen wäre“, berichten Frank und Balbi. „Hätte es damals schon eine intelligente, Werkzeuge nutzende Spezies gegeben, hätte sie keine Chance zur Produktion fortgeschrittener Technologien gehabt.“
Test auch für vermeintliche Technosignaturen
Für die Suche nach Außerirdischen bedeutet dies: Gibt es auf einem Exoplaneten weniger als 18 Prozent Sauerstoff in der Atmosphäre, existiert dort wahrscheinlich auch keine fortgeschrittene Zivilisation. Konkret sehen Frank und Balbi das untere Limit bei rund 18 Prozent Sauerstoffanteil. „Der Sauerstoff-Flaschenhals hat damit große Bedeutung für die künftige Suche nach technologischer Aktivität auf Exoplaneten“, erklären sie.
Zum einen hilft die Frage nach dem Sauerstoffgehalt extrasolarer Welten dabei, die vielversprechendsten Planeten für eine gezielte Fahndung zu ermitteln. Zum anderen erleichtert dies auch die Überprüfung potenzieller Technosignaturen – seien es Radiosignale oder auffällige Merkmale der Planetenoberfläche: „Wir sollten extrem skeptisch sein, wenn wir potenzielle Technosignaturen auf einem Planeten mit zu wenig Sauerstoff finden“, sagt Balbi. (Nature Astronomy, 2023; doi: 10.1038/s41550-023-02112-8)
Quelle: University of Rochester