Astronomie

Außerirdisches Leben auf Braunen Zwergen?

In der Gashülle unserer nächsten Nachbarn könnte eine Zone des Lebens liegen

In der Atmosphäre von Braunen Zwergen und Gasplaneten könnte es durchaus schwebende Mini-Aliens geben. © scinexx

Schwebende Heimat: In der Atmosphäre kühler Brauner Zwerge könnte es außerirdisches Leben geben. Denn in ihrer Gashülle gibt es eine habitable Zone mit Nährstoffen, milden Temperaturen und vielleicht sogar Wasserwolken, wie Forscher berichten. Ihre Simulation ergab: In dieser Zone könnten winzige schwebende Lebewesen vorkommen und auch lange genug überleben. Sogar unsere nächsten Nachbarn im All könnten demnach belebt sein.

Braune Zwerge gelten als gescheiterte Sterne: Weil ihre Masse für eine Zündung der Kernfusion nicht ausreichte, sind sie oft nicht wärmer als ein Gasplanet. Allein in unserer kosmischen Nachbarschaft gibt es gleich mehrere solcher kühlen Braunen Zwerge, ein Zwergenpaar liegt nur 6,5 Lichtjahre von uns entfernt, ein weiterer Brauner Zwerg, WISE 0855-0714, hat sogar Minusgrade auf seiner Oberfläche und liegt 7,2 Lichtjahre entfernt.

Leben in der Schwebe

Bisher konzentrierte sich die Suche nach Leben im All vorwiegend auf erdähnliche Planeten mit einer festen Kruste. Doch nach Ansicht von Jack Yates von der University of Edinburgh und seinen Kollegen ist dies zu kurz gedacht. Denn die Atmosphäre von Gasplaneten und Braunen Zwergen könnte ebenfalls Lebensformen beherbergen.

„Die Erdatmosphäre enthält bekanntermaßen eine große Anzahl von schwebenden Mikroben“, berichten die Forscher. „Ihre Konzentrationen reichen von Tausenden bis zu Millionen Organismen pro Kubikmeter Luft.“ Die meisten dieser schwebenden Organismen tummeln sich in und an winzigen Wassertröpfchen und anderen Aerosolen. Studien deuten zudem darauf hin, dass sie lange Zeit in der Schwebe bleiben und mit dem Wind rund um den Globus verdriftet werden können.

Wasser, Bausteine und milde Temperaturen

Eine solche schwebende Organismenwelt könnte auch auf Braunen Zwergen existieren, glauben die Forscher: „Nach gängigem Wissen enthält die Atmosphäre Brauner Zwerge die meisten für das Leben nötigen Elemente, darunter Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff und Schwefel“, so Yates und seine Kollegen.

Beobachtungen zeigen zudem, dass es auf einigen nahen Braunen Zwergen sogar Wolken und damit Schwebteilchen oder Tröpfchen in der Gashülle gibt. „Wir erwarten, dass in der oberen Atmosphäre von kühlen Objekten wie WISE0855-0714 ähnliche Temperaturen und Druckverhältnisse herrschen wie in der unteren Atmosphäre der Erde“, so Yates und seine Kollegen.

Unser Nachbar WISE0855-0714 ist einer der kühlsten Brauen Zwerge, die man kennt. Gerade diese Y-Typ-Zwerge aber könnten Zonen des Lebens in ihrer Gashülle besitzen. © NASA/JPL-Caltech

Habitable Zone in den Wolken

Um herauszufinden, ob auf kühlen Braunen Zwergen schwebenden Organismen überleben könnten, bildeten die Forscher die Bedingungen in der Gashülle von WISE 0855-0714 in einer Simulation nach. Außerdem testeten sie, welche Merkmale ein Organismus in dieser Schwebewelt haben müsste, um zu überleben.

Das Ergebnis: Sowohl WISE 0855-0714 als auch andere Braune Zwerge besitzen wahrscheinlich eine atmosphärische habitable Zone (AHZ) – eine lebensfreundliche Schicht in ihrer Gashülle. In dieser Schicht gibt es ähnlich wie in der Erdatmosphäre aufsteigende Gasströmungen, die einen kleinen, leichten Organismus für gewisse Zeit tragen könnten.

Winzig und mit Gasblase

Ein Lebewesen, das nur wenige Milliardstel Gramm wiegt und seine Dichte beispielsweise durch Gasblasen oder Luftsäcke gering hält, könnte in einer solchen Umgebung mehrere Wochen lang problemlos in der Schwebe bleiben, wie die Forscher ermittelten. Auch Schwebefortsätze ähnlich denen von Meeresplankton oder eine raue Oberfläche würden den Auftrieb der Wesen erhöhen. In der Simulation blieb eine Population von 100 solcher Organismen sogar dauerhaft bestehen, weil ihre Vermehrung den Verlust ausglich.

Die nächste Frage ist allerdings, wie solches Leben entstanden sein könnte. Nach Ansicht der Forscher gäbe es dafür zwei Möglichkeiten: Zum einen könnte die Oberfläche winziger Staubkörnchen als eine Art Katalysator gedient haben, so dass sich dort biochemischen Bausteine des Lebens zusammenfügen konnten. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Asteroiden und Kometen – ähnlich wie bei der Erde – als Lebensbringer dienten.

Mehr potenzielle Lebensorte im Weltall

Noch ist dies alles ziemlich spekulativ. Aber schon das 2018 startende James Webb-Weltraumteleskop der NASA könnte die nahen Braunen Zwerge näher in Augenschein nehmen und nach Hinweisen auf atmosphärische habitable Zonen und schwebendes Leben suchen, wie die Forscher betonen. Spektralanalysen könnten sogar den chemischen Fingerabdruck der Organismen selbst aufspüren.

Wie Yates und seine Kollegen betonen, zeigt ihre Studie vor allem eines: Dass Leben im All auch an ganz anderen Orten vorkommen könnte als bisher angenommen. Denn auch Gasriesen und vermeintlich lebensfeindliche Exoplaneten könnten in ihrer Gashülle eine Zone des Lebens besitzen. „Wenn wir diese Bereiche mit einrechnen, dann erhöht sich das Volumen habitabler Umgebungen in unsere Galaxie erheblich“, sagen die Forscher. (The Astrophysical Journal, in press; arXiv:1611.09074)

(Arxiv, 06.12.2016 – NPO)

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