Astronomie

Beteigeuze: Riesenstern schleuderte Silikate aus

Infrarotmessungen enthüllen ausgedehnte Nebel um den roten Überriesen

Der kleine rote Kreis im Zentrum entspricht dem viereinhalbfachen Abstand Erde-Sonne und stellt die Ausdehnung der sichtbaren Oberfläche von Beteigeuze dar. Der hinter der schwarzen Scheibe liegende Teil des Bildes wurde ausgeblendet, da seine große Helligkeit sonst die vergleichsweise schwach leuchtenden Nebelteile überstrahlen würde. Die VISIR-Bilder wurden durch verschiedene Filter für verschiedene Wellenlängen des infraroten Spektralbereichs aufgenommen. Die in diesem Falschfarben Bild als blau wiedergegebene Strahlung entspricht den kürzeren, rot den längeren Wellenlängen des gemessenen Infrarotlichts. Das Gesichtsfeld der Aufnahme hat eine Kantenlänge von 5,63 x 5,63 Bogensekunden. © ESO/P. Kervella

Mittels hochauflösender Infrarotmessungen ist es Astronomen erstmals gelungen, die Nebelgebiete, die den Riesenstern Beteigeuze umgeben, detaillierter als je zuvor abzubilden. Die in den Aufnahmen sichtbare unregelmäßige und asymmetrische Form des Nebels deutet darauf hin, dass der Rote Überriese – ein Stern am Ende seines Lebenszyklus – seine äußeren Hüllschichten nicht völlig gleichmäßig abgestoßen hat. Die demnächst in „Astronomy & Astrophysics“ veröffentlichten Daten zeigen zudem, dass das Material des Nebels zum größten Teil aus Silikaten und Aluminiumstaub besteht – Materie, wie sie auch bei der Bildung der Erde in der Urwolke vorkam.

Der rote Überriese Beteigeuze im Sternbild Orion ist nicht nur einer der hellsten Sterne am Nachthimmel. Mit einem Durchmesser, der in etwa der Umlaufbahn des Planeten Jupiter in unserem Sonnensystem entspricht und damit knapp viereinhalb Mal so groß ist wie die Umlaufbahn der Erde, ist er zudem einer der größten Sterne überhaupt.

Eine Aufnahme mit dem Infrarot-Spektrometer VISIR am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO auf dem Paranal in Chile zeigt nun, dass Beteigeuze von einem Nebel umgeben ist, der noch einmal bedeutend größer ist als der Stern selbst. Der Nebel erstreckt sich bis zu 60 Milliarden Kilometer weit von der Sternoberfläche aus ins Weltall – das entspricht etwa 400 Mal dem Abstand Erde-Sonne. Für die Aufnahme waren Beobachtungen im Infrarotlicht nötig, da das für das menschliche Auge sichtbare Licht des Nebels von dem des Sterns komplett überstrahlt wird.

Massenverlust am Ende des Sternenlebens

Rote Überriesen wie Beteigeuze befinden sich in einem der letzten Entwicklungsstadien des Lebens massereicher Sterne. In diesem kurzen Lebensabschnitt nimmt der Durchmesser des Sterns dramatisch zu und er stößt seine äußeren Schichten ab, so dass mehr und mehr Materie in seine Umgebung

abströmt. Innerhalb von nur 10.000 Jahren kann der Stern so viel Masse verlieren wie insgesamt in unserer Sonne enthalten ist. Für diesen Massenverlust sind zwei ineinandergreifende Prozesse verantwortlich. Am Anfang steht die Konvektion in der Atmosphäre des Sterns – ständige Auf- und Ab-Bewegungen großer Gasblasen, ähnlich dem Brodeln von kochendem Wasser in einem Topf. Diese Bewegungen führen schließlich zum Ausstoß riesiger Gaswolken, die sich von der Sternoberfläche aus nach außen hin erstrecken.

Äußere Schichten enthalten Silikate

Die Auswertung der neuen Beobachtungsdaten hat ergeben, dass die Gaswolken, die man bereits zuvor nah am Stern beobachtet hatte, vermutlich in Verbindung zu den neu entdeckten Strukturen im Außenbereich des Nebels stehen. Die unregelmäßige und asymmetrische Form des Nebels liefert einen weiteren Hinweis darauf, dass Beteigeuze ihre äußeren Schichten nicht völlig gleichmäßig abgestoßen hat. Die Gasblasen und die ausgestoßenen Wolken sind wahrscheinlich verantwortlich für die klumpige Struktur des Nebels.

Das in der Aufnahme sichtbare Material besteht zum größten Teil aus Silikaten und Aluminiumstaub. Seine Zusammensetzung ähnelt jener der Erdkruste und der Oberflächen der anderen Gesteinsplaneten im Sonnensystem. Die Silikate in der Erdkruste wurden vor langer Zeit von einem längst vergangenen Überriesenstern ähnlich der Beteigeuze gebildet.

(Max-Planck-Institut für Astronomie, ESO Science Outreach Network, 29.06.2011 – NPO)

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