Astronomen haben ein planetenähnliches Objekt entdeckt, das um einen Braunen Zwerg kreist und allen gängigen Theorien zu widersprechen scheint. Denn es ist gerade mal eine Million Jahre alt und damit zu jung, um durch gängige Planetenbildungsprozesse entstanden zu sein. Andererseits ist es eigentlich zu klein für einen zweiten Braunen Zwerg, was das System zu einem Doppelstern machen würde.
Braune Zwerge werden manchmal „verhinderte Sterne“ genannt. Ihnen fehlt es an ausreichender Masse, damit in ihrem Inneren die für Sterne kennzeichnenden Kernfusionsreaktionen einsetzen können. Sie bilden sich aus interstellaren Wolken, wobei noch nicht eindeutig geklärt ist, ob der Entstehungsprozess ähnlich wie bei Sternen abläuft oder eher der Entstehung von Planeten ähnelt. Jetzt hat ein internationales Astronomenteam unter Leitung von Kamen Todorov von der Penn State Universität ein Objekt entdeckt, dass wertvolle Hinweise auf den Ursprung der Braunen Zwerge werfen könnte.
Begleiter zu jung für Planet?
Mit Hilfe des Hubble Weltraumteleskops und des Gemini Observatoriums untersuchten die Astronomen 32 Braune Zwerge in der Sternenbildungsregion Taurus im Sternbild Stier. Dabei stießen sie auf einen Vertreter dieses Sternentyps, der von einem weiteren Objekt umkreist wird, das die rund fünf bis zehnfache Masse des Jupiter aufweist. Damit hätte es die typische Größe eines Planeten. Der geheimnisvolle Himmelskörper umkreist den Braunen Zwerg in einem Abstand von rund 3,6 Milliarden Kilometern, dies entspricht etwa der Entfernung des Saturn von der Sonne.
Doch es gibt ein Problem: Die Analysen der Bilddaten enthüllten, dass der Begleiter nicht älter ist als der Braune Zwerg, den er umkreist – erst eine Millionen Jahre. Er muss damit weitaus schneller entstanden sein, als es den gängigen Vorstellungen der Planetenbildung entspricht. Für die Astronomen wirft dies die Frage auf, ob es sich bei dem Begleiter überhaupt um einen Planeten handelt und nicht vielleicht um einen zweiten, ungewöhnlich kleinen Braunen Zwerg.
Bildung gleichzeitig wie Brauner Zwerg?
Theoretisch gäbe es mehrere Bildungsszenarien für diesen Begleiter: Materie in einer Staubscheibe um einen Stern ballte sich zusammen und bildete allmählich einen Gesteinsplaneten der zehnfachen Erdgröße, der nachträglich eine große Gashülle „einsammelte“. Oder aber ein Gasklumpen innerhalb dieser Akkretionsscheibe kollabierte und bildete direkt einen Gasriesen. Und als letztes Szenario: Es gab keine Staubscheibe, der Begleiter bildete sich parallel zum Zentralstern und wie dieser direkt aus einer kollabierenden Gas- und Staubwolke.
Angesichts des geringen Alters des jetzt neu entdeckten Begleiters gehen Astronomen davon aus, dass er entsprechend dem dritten Szenario entstanden sein muss. Denn für das erste Szenario wären sehr viel längere Zeiträume nötig, für das zweite war in der Umgebung des Braunen Zwergs höchstwahrscheinlich zu wenig Staub und Gas vorhanden. Wenn sich das dritte Szenario bestätigt, dann würde dies bedeuten, dass Himmelskörper von der Masse eines Planeten auf die gleiche Weise entstehen können wie Sterne. Der Begleiter des Braunen Zwergs wäre dann der erste Beleg dafür.
Zweiter Brauner Zwerg statt Planet?
„Die interessanteste Implikation dieses Ergebnisses ist der Beleg, dass die Prozesse, die Doppelsterne entstehen lassen, bis in die Massenbereiche der Braunen Zwerge hinunterreichen“, erklärt Kevin Luhman vom Zentrum für Exoplaneten der Penn State Universität. „Es scheint, dass die Natur Begleiter von Planetengröße auf zwei unterschiedliche Weisen erzeugen kann.“ Wenn sich der geheimnisvolle Begleiter durch den Kollaps einer Wolke und anschließende Fragmentierung bildete, wie es für stellare Doppelsysteme typisch ist, dann handelt es sich bei ihm nach bisheriger Definition allerdings nicht um einen Planeten. Denn diese entstehen per Definition im Inneren von Akkretionsscheiben.
Hinweis auf Quadrupel-Sternensystem
Es gibt noch weitere Indizien dafür, dass der Begleiter tatsächlich mit seinem Stern zusammen entstand: Denn nahebei existiert ein weiteres Doppelsternsystem aus einem kleinen roten Stern und einem Braunen Zwerg. Nach Ansicht der Astronomen könnte sich dieses System gemeinsam mit dem untersuchten in einem einzigen Kollaps der Entstehungswolke gebildet haben. „Die Konfiguration ähnelt sehr Quadrupel-Sternensystemen, was darauf hindeutet, dass alle seine Komponenten wie Sternen entstanden sind“, so Luhman.
(NASA/STScI, 27.04.2010 – NPO)