Gewagtes Finale: Die NASA-Raumsonde Cassini beginnt heute den letzten und gefährlichsten Teil ihrer Mission. Sie fliegt erstmals zwischen dem Saturn und seinem innersten Ring hindurch – einem bisher völlig unerforschten Gebiet. Bei der Passage durch die nur 2.400 Kilometer große Lücke kommt die Raumsonde dem Ringplaneten so nah wie noch nie zuvor. Bis zu ihrem endgültigen Ende soll Cassini dieses riskante Manöver 22 Mal durchführen, um so ganz neue Einblicke in diese turbulente Planetenumgebung zu liefern.
Schon jetzt gehört Cassini zu den erfolgreichsten Raumsonden überhaupt: Seit ihre Ankunft am Saturn im Jahr 2004 hat sie unzählige wertvolle Informationen über den Planeten, seine Ringe und Monde geliefert. Ihr verdanken wir das Wissen um hydrothermale Quellen und einen Ozean unter dem Eis des Saturnmonds Enceladus, über Canyons, Eisvulkane und Seen auf dem Titan.
Zwischen Planet und Innenring
Heute beginnt für die Cassini-Sonde der letzte Teil ihrer fast dreizehnjährigen Entdeckungstour im Saturnsystem – und möglicherweise ihr Höhepunkt. Denn die Raumsonde hat nun die Ebene der Ringe und Monde verlassen und ist in eine neue Umlaufbahn eingeschwenkt. Diese liegt um 60 Grad zur Ringebene geneigt und erlaubt es der Sonde nun, durch die rund 2.400 Kilometer große Lücke zwischen Saturn und seinem innersten Ring hindurchzufliegen.
In den nächsten Monaten soll Cassini 22 Mal durch die Lücke fliegen und dabei wertvolle Daten zum Magnetfeld, den Polarlichtern und der Atmosphäre des Saturn und den im Gasreisen stattfindenden Prozessen liefern. Gleichzeitig soll die Sonde die bisher detailreichsten Nahaufnahmen der Gashülle des Saturn und der inneren Ringe machen.
Gewagtes Manöver
„Keine Raumsonde ist bisher durch diese einzigartige Region hindurchgeflogen“, erklärt NASA-Administrator Thomas Zurbuchen. Entsprechendes Neuland sind diese Passagen. Allerdings sind sie sehr riskant. Denn so nah am Saturn ist das Magnetfeld des Planeten sehr stark. Zudem strömen große Mengen von Staub und Teilchen von den Ringen zum Planeten. Die Sonde ist daher einem größeren Risiko ausgesetzt als bei ihrer bisherigen Reise.
„Wir erwarten zwar anhand unserer Modelle, dass es in der Lücke kaum größere Partikel gibt, die die Sonde beschädigen könnte“, erklärt Zurbuchen. „Aber aus Vorsicht werden wir bei der ersten Passage Cassinis große Antenne als Schutzschild nutzen. Dabei werden wir bestimmen, ob es sicher ist, die sensiblen wissenschaftlichen Instrumente bei den nächsten Passagen dieser Umgebung auszusetzen.“
Wegen dieser Vorsichtsmaßnahme wird der Kontakt zur Raumsonde während ihrer Passage durch die Lücke unterbrochen sein. Erst am 27. April wird Cassini seine Hauptantenne wieder zur Erde hin ausrichten und dann die gesammelten Daten und Aufnahmen zu uns übertragen.
Am 15. September ist Schluss
Das hohe Risiko des Manövers ist der Grund, warum die NASA die Raumsonde erst jetzt auf diesen Kurs schickt. Denn inzwischen ist das Ende der Mission nahe. Nach 20 Jahren im All und knapp 13 Jahren im Saturnsystem geht der Treibstoff der Raumsonde zur Neige. Um die Saturnmonde nicht durch einen unkontrollierten Absturz der Sonde zu gefährden, soll Cassini am 15. September kontrolliert zum Absturz auf den Planeten gebracht werden.
„Mit diesem Flyby beginnt das große Finale“, sagt Earl Maize, Cassini Projektmanager am Jet Propulsion Laboratory der NASA. „Die Raumsonde befindet sich nun auf einer ballistischen Flugbahn.“ In immer enger werdenden Ellipsen fliegt Cassini nun bei jeder Passage durch die Lücke, bis sie schließlich am 15. September auf den Planeten stürzt.
„Selbst wenn wir in Zukunft keine Kurskorrekturen mehr machen, werden wir am 15. September in die Saturnatmosphäre eintreten, egal was bis dahin passiert“, so Maize. Bis zuletzt wird Cassini dabei Daten sammeln und übertragen – als das letzte Vermächtnis einer erfolgreichen Geschichte.
(NASA/ MPI für Sonnensystemforschung, 26.04.2017 – NPO)