Sonnensystem

Charon: Rätsel um roten Pol gelöst

Rohmaterial für rötliche Ablagerungen stammen vom Nachbarn Pluto

Die Nordpolar-Region des Plutomonds Charon ist durch Tholin-Ablagerungen auffällig rot gefärbt. Woher die Rohstoffe dafür kommen, war jedoch bisher rätselhaft. © NASA/JHUAPL/SwRI

Molekülregen vom Nachbarn Pluto: Astronomen haben das Rätsel der „roten Polkappe“ auf dem Plutomond Charon gelöst. Die Rohstoffe dafür bekommt der Mond demnach aus der Atmosphäre des Pluto. Die roten organischen Ablagerungen bilden sich dann, weil diese Gase im 100-jährigen Nordwinter ausfrieren und durch Strahlung in rötliche Tholine umgewandelt werden, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Der Plutomond Charon bietet einen ziemlich markanten Anblick, denn seine sonst eher helle Oberfläche ist am Nordpol rot verfärbt. Schon länger vermuten Forscher, dass Ablagerungen von Tholinen daran schuld sind – rötlich gefärbten organischen Molekülen, die auch für die Wolkenschleier des Saturnmonds Titan verantwortlich sind. Tholine bilden sich, wenn Stickstoff und Methan unter dem Einfluss von Strahlung zu Makromolekülen reagieren.

Gastransfer vom Pluto

Doch wie kommen die Tholine auf den Mond Charon? Im Gegensatz zum nahen Pluto hat Charon keine stickstoff- und methanhaltige Gashülle und auch auf seiner Oberfläche gibt es fast nur Wassereis. Ihm fehlen schlicht die Rohstoffe für seine rote Kappe. Schon seit längerem vermuten Planetenforscher daher, dass der Mond das Ausgangsmaterial für diese Verbindungen von außen bekommt – von Pluto.

Eine Bestätigung dafür liefern nun Will Grundy vom Lowell Observatory in Flagstaff und seine Kollegen anhand von Daten der Raumsonde New Horizons und Modellsimulationen. Ihre Auswertungen ergaben: Es gelangt genügend Methan und Stickstoff von Pluto zu Charon, um als Rohstoff für die Tholin-Ablagerungen zu dienen. Pro Sekunde und Quadratmeter kommen 27 Milliarden Methanmoleküle am Plutomond an.

Ausgefroren und umgewandelt

„Die Methanmoleküle springen auf Charons Oberfläche umher, bis sie entweder zurück ins All hinaus gelangen oder zum kalten Nordpol kommen, wo sie ausfrieren“, erklärt Grundy. Während des gut 100 Jahre dauernden Nordwinters ist es dort kalt genug, um die Gase als Eis festzuhalten. Gleichzeitig trifft in dieser Zeit trotzdem noch genügend Streustrahlung auf den Charon-Nordpol, um das Methaneis in komplexere organische Moleküle umzuwandeln.

„Wenn dann der Winterpol wieder in die Sonne kommt, sublimieren Stickstoff und Methan schnell wieder, aber diese schwereren, weniger leicht flüchtigen Moleküle bleiben zurück“, so Grundy und seine Kollegen. Gelangt dann im Frühjahr wieder Sonnenstrahlung auf die Polarregion, wandeln sich die Kohlenwasserstoffe in rötliche Tholine um. Im Laufe mehrerer Milliarden Jahre könnte sich so eine rund 30 Zentimeter dicke Tholinschicht am Charon-Nordpol gebildet.

„Dies löst eines der größten Mysterien des Charon“, sagt Alan Stern vom Southwest Research Institute. „Und es eröffnet die Möglichkeit, dass auch andere Zwergplaneten im Kuipergürtel mit Monden ähnliche oder sogar noch ausgeprägtere Folgen eines atmosphärischen Transfers auf ihren Monden hinterlassen.“ (Nature, 2016; doi: 10.1038/nature19340)

(NASA/JPL, 15.09.2016 – NPO)

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