Erstaunlich komplex: Astronomen haben jetzt die Folgen des DART-Impakts auf dem Asteroidenmond Dimorphos ausgewertet – und Überraschendes entdeckt. Denn die vom Einschlag der Raumsonde erzeugten Trümmerauswürfe erfolgten in drei Phasen – und eine davon verlieh dem Asteroiden einen langen, kometenähnlichen Schweif. Dies könnte erklären, warum Astronomen schon früher manchmal geschweifte, aktive Asteroiden beobachtet haben und wie genau diese gebildet wurden.
Sollte eines Tages ein Asteroid auf die Erde zusteuern, dann gilt ein kinetischer Deflektor als aussichtsreichste Abwehrstrategie – eine Ablenkung des Brockens durch gezieltes Rammen mit einer schweren, unbemannten Raumsonde. Wie gut dies funktioniert, hat die NASA im September 2022 mit der DART-Mission erstmals ausprobiert. Eine rund 550 Kilogramm schwere Sonde rammte den fünf Milliarden Kilogramm schweren und 165 Meter großen Asteroidenmond Dimorphos mit rund 21.000 Kilometern pro Stunde.
Der DART-Rammversuch war ein Erfolg: Der Einschlag der Sonde schleuderte 900.000 Kilogramm an Asteroidenmaterial ins All hinaus und verschob den Orbit des Asteroidenmondes um seinen größeren Begleiter Didymos so weit, dass sich Dimorphos‘ Umlaufzeit um 33 Minuten verringerte.
Blick auf die Impakttrümmer
Welche Folgen das Rammen genau hatte, haben Astronomen seither anhand der Daten der von der Mission selbst, aber auch durch Beobachtungen mit Teleskopen ausgewertet. Jetzt haben sie ihre Ergebnisse in gleich vier Fachartikeln veröffentlicht. Ein Team um Jian-Yang Li vom Planetary Science Institute in Tucson hat dafür analysiert, wie und in welcher Abfolge und Form die Einschlagstrümmer ins All hinausgeschleudert wurden.
„Wir haben noch nie zuvor in Echtzeit beobachtet, wie ein Objekt mit einem Doppelasteroidensystem kollidiert – und die Ergebnisse sind wirklich überraschend“, sagt Li. Als besonders aufschlussreich erwiesen sich die Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops, das den gesamten Ablauf vom Erdorbit aus beobachtete. Zwar können auch seine leistungsfähigen Optiken nicht die beiden Asteroiden auflösen, die Aufnahmen zeigen aber die vom DART-Rammversuch ausgeschleuderten Trümmerwolken.
Erst Hohlkegel, dann Windradform…
In den Hubble-Aufnahmen sind drei Phasen zu erkennen. Die erste zeigt einen Auswurfkegel rund zwei Stunden nach dem Einschlag der Sonde. In diesem rasen Staub und Trümmerbrocken in einer hohlkegelförmigen Konfiguration mit seitlichen, langausgezogenen Filamenten vom Asteroidenmond aus ins All. Der Auswurf war dabei deutlich strukturierter als 2005 beim Einschlag eines Impaktor auf dem Kometen Tempel 1 durch die Raumsonde Deep Impact, wie Li und ihr Team berichten.
17 Stunden nach dem Impakt begann eine zweite Phase, in der die dynamischen Schwerkraft-Wechselwirkungen von Dimorphos mit seinem größeren Partner den Trümmerkegel zu einer spiraligen, rotorähnlichen Struktur verformten. „Dies ist wirklich einzigartig und eng mit diesem speziellen Geschehen verknüpft“, erklärt Li. „Als ich diese Windrad-ähnlichen Strukturen sah, dachte ich zuerst, das Bild wäre verschmiert.“
…und als drittes ein Schweif
Den Höhepunkt bildete jedoch die dritte Phase des Geschehens: Einige Stunden nach dem Rammtest formte der ausgeschleuderte Staub einen langausgezogenen Schweif, ähnlich wie bei einem Kometen. Dieser vom Sonnenwind geformte Schweif reichte auf der sonnenabgewandten Seite des Asteroidenmonds mehr als 1.500 Kilometer weit. Die kleinsten Partikel wurden dabei am weitesten ins All hinausgetragen. Nach etwa einer Woche bildete sich zudem ein zweiter, sekundärer Schweif.
Dies ist das erste Mal, dass Astronomen selbst mitansehen konnte, dass eine Kollision einem Asteroiden einen Schweif verleiht. „Wir haben schon einige Asteroiden beobachtet, die Schweife besaßen“, sagt Li. „Wie diese gebildet werden, dazu gab es mehrere Hypothesen, darunter auch die Annahme, dass Einschläge auf den Asteroiden solche Schweife erzeugen können. Der DART-Impakt demonstriert nun, dass ein solcher Asteroidenschweif tatsächlich durch eine Impakt erzeugt werden kann.“ (Nature, 20ß23; doi: 10.1038/s41586-023-05811-4)
Quelle: Planetary Science Institute, ESA/Hubble