Kosmisches Hintergrundleuchten: Wie viel schwaches Streulicht erfüllt den Kosmos jenseits der Sterne und Galaxien? Eine neue Antwort liefert nun die Raumsonde New Horizons – vom fernsten und dunkelsten jemals für eine solche Messung genutzten Ort. Sie enthüllt, dass das Universum dunkler ist als gedacht und dass es darin wohl doch keinen größeren Anteil von Streulicht aus noch unerklärten Quellen gibt, wie die Astronomen im „Astrophysical Journal“ berichten.
Obwohl das Universum von Milliarden bis Billionen Galaxien und ihren Sternen erfüllt ist, erscheint uns der Nachthimmel dunkel. Dennoch ist auch der Raum zwischen den hellen Lichtquellen von einem schwachen, für uns nicht sichtbaren Restlicht erfüllt – dem optischen Hintergrundleuchten (COB). Diese gestreuten Photonen sind das Relikt aller Prozesse, die seit dem Urknall im Universum Licht ausgesendet haben. Gleichzeitig können sie auch verraten, wie viele ferne, für uns nicht sichtbare Galaxien es noch gibt.
Messhelfer im Kuipergürtel
Doch wie hell oder dunkel ist dieses kosmische Restlicht? Von der Erde aus und selbst aus dem erdnahen Weltraum ist diese Frage kaum zu beantworten. „In unserem Teil des Sonnensystems gibt es einfach zu viel Sonnenlicht und von interplanetarem Staub reflektiertes Streulicht“, erklärt Erstautor Marc Postman vom Space Telescope Science Institute in Baltimore. Dieses Streulicht überstrahlt im inneren Sonnensystem das schwache kosmische Restlicht bei weitem.
Es gibt jedoch einen Sensor, der fernab des inneren Sonnensystems unterwegs ist: die NASA-Raumsonde New Horizons. Nach ihrem Vorbeiflug am Pluto im Jahr 2015 durchfliegt sie mitsamt ihrer Kamera LORRI (Long Range Reconnaissance Imager) jetzt in rund 7,3 Milliarden Kilometer Entfernung den Kuipergürtel. „Mit 57 astronomischen Einheiten Abstand von der Sonne ist dies die fernste je ins All geschickte Restlicht-Kamera – und sie blickt hinaus in die dunkelsten je gesehenen Himmel“, berichten Postman und sein Team.
Damit bietet New Horizons beste Voraussetzungen, um die bisher widersprüchlichen Ergebnisse zum kosmischen Restlicht zu klären. Denn diese ergaben mal mehr Restlicht und damit auch mehr Galaxien, mal weniger.
Das Problem des galaktischen Streulichts
Für ihre Studie visierten die Astronomen 36 Himmelsausschnitte mit der LORRI-Kamera der Sonde an – 16 Messfelder und 20 zur Kalibrierung und Kontrolle genutzte Aufnahmen. Denn trotz des dunklen Standorts gibt es auch vom Kuipergürtel aus verfälschendes Störlicht: „Das stärkste ist das diffuse galaktische Licht (DGL), das aus dem vom interstellaren Staub gestreuten Licht der Milchstraße besteht“, erklärt das Team. Um die wahre Dunkelheit des Alls zu messen, muss dieses daher gesondert gemessen und herausgerechnet werden.
Dies gelang Postman und seinem Team mithilfe eines neuen Algorithmus und unter Zuhilfenahme von Daten großer Himmelsdurchmusterungen. „Wir haben den galaktischen Vordergrund damit neu berechnet und festgestellt, dass er mehr zum Gesamtlicht beiträgt als bei unseren früheren Messungen angenommen“, berichten die Astronomen. Dieser Störfaktor konnte nun vollständiger herausgerechnet werden.
Weniger Licht als bisher gedacht
Die Messungen ergaben: Das optische Hintergrundleuchten entspricht einem Wert von 11,6 Nanowatt pro Quadratmeter und Steradiant – letzterer ist ein Maß für den betrachteten Raumwinkel. Damit ist der jetzt ermittelte Wert für das kosmische Restlicht deutlich niedriger als frühere Ergebnisse des Hubble-Weltraumteleskops und der New-Horizons-Sonde, wie die Astronomen berichten. Sie korrigieren ihren eigenen, mit weniger Messfeldern und ungenügender Korrektur für galaktisches Störlicht ermittelten Wert von 2022 um 32 Prozent.
„Damit haben wir nun eine ziemlich gute Idee, wie dunkel das All tatsächlich ist“, sagt Postman. Den neuen Messungen zufolge ist das Universum dunkler und wahrscheinlich auch etwas galaxienärmer als bisher angenommen.
„Unbekannte Komponente“ schrumpft
Gleichzeitig schwindet auch der zuvor nicht erklärbare „überschüssige“ Anteil des kosmischen Streulichts. Es gebe keinen Beleg für signifikante Lichtemissionen aus Quellen bisher unbekannter Natur, betonen die Astronomen. „Die Resultate zeigen, dass die große Mehrheit des optischen Restlichts im Universum ursprünglich aus Galaxien stammt“, erklärt Postman. Die Strahlung umfasst alles Licht, das von den seit dem Urknall gebildeten Sternenansammlungen ins All emittiert worden ist.
„Die einfachste Hypothese liefert die beste Erklärung für das, was wir sehen: Das kosmische Restlicht ist das Licht aller Galaxien innerhalb unseres Sichthorizonts“, konstatieren Postman und seine Kollegen. „Wenn wir außerhalb der Galaxien schauen, finden wir Dunkelheit und sonst nichts.“
Für die Raumsonde New Horizons geht die Reise durch den fernen Kuipergürtel unterdessen weiter: Nach seinem Vorbeiflug am zweigeteilten Objekt Arrokoth im Jahr 2019 und Messungen der Staubdichte im Kuipergürtel fliegt sie nun weiter durch diesen fernen Außenbereich unseres Sonnensystems. Astronomen hoffen, dass die Sonde dabei noch einige weitere einzigartige Aufnahmen und Messergebnisse liefern wird. (The Astrophysical Journal, 2024; doi: 10.3847/1538-4357/ad5ffc)
Quelle: Space Telescope Science Institute