Lange war strittig, ob der Mond nur einen einfachen, halbgeschmolzenen Kern besitzt oder zusätzlich einen festen inneren Kern. Jetzt liefern geophysikalische Daten und thermodynamische Modelle starke Indizien für letzteres. Demnach hat der Erdmond einen rund 516 Kilometer großen festen Eisenkern, der von einem gut 100 Kilometer dicken flüssigen Kern umgeben ist – der Kernaufbau ähnelt damit dem der Erde, wie Forschende in „Nature“ berichten. Dies erklärt, wie der Mond früher ein starkes Magnetfeld erzeugen konnte.
Obwohl der Mond unser nächster Nachbar und der einzige bisher von Menschen besuchte Himmelskörper ist, gibt er noch viele Rätsel auf. Dazu gehört unter anderem die Frage, wie der Mond in seiner Anfangszeit ein starkes Magnetfeld erzeugen konnte und wie lange er dies behielt. Denn gängiger Ansicht nach war sein Kern zu klein und kalt, um als starker Geodynamo zu wirken.
Strittig ist aber auch, wie der lunare Kern aufgebaut ist: Messdaten eines vor gut 50 Jahren von Apollo-Astronauten auf dem Mond deponierten Seismometers legen zwar nahe, dass der lunare Kern und untere Mantel zumindest teilweise schmelzflüssig sein könnten. Ob der Mond jedoch ähnlich wie die Erde einen festen inneren Kern hat und wie groß dieser ist, blieb wegen der geringen Auflösung der Daten aber unklar.
Mondkern im Visier
Jetzt gibt es neue Informationen zum Mondkern. Ein Team um Arthur Briaud von der Université Côte d’Azur hat dafür seismische Daten, Daten zur Gezeitenverformung des Mondes und weitere geophysikalische Messwerte genutzt, um verschiedene Varianten des lunaren Kern-Aufbaus in geophysikalischen und thermodynamischen Modellen zu überprüfen. Zusätzlich untersuchten die Wissenschaftler, welche Kernvariante am besten zu seismischen Daten von der Kern-Mantel-Grenze des Mondes passt.
Das Ergebnis: „Wenn man nur geophysikalische Beobachtungen berücksichtigt und die chemische Zusammensetzung der Schichten nicht weiter eingrenzt, zeigt die Struktur mit festem Innenkern keine statischen Vorteile gegenüber einer Struktur ohne Innenkern“, berichtet das Team. „Beide Fälle sind denkbar.“
Fester Innenkern mit halbflüssiger Hülle
Das ändert sich jedoch, wenn man die Dichte, Temperatur und Viskosität des unteren lunaren Mantels und die Parameter der Kern-Mantel-Grenze miteinbezieht. Seismische Messungen zeigen, dass es in diesem Übergangsbereich eine Zone stark verlangsamter seismischer Geschwindigkeiten gibt. „Ohne einen inneren Kern sind die für diese Low Velocity Zone geophysikalisch ermittelten Dichten nicht mit den thermodynamischen Dichteprofilen vereinbar“, berichten Briaud und seine Kollegen. Ähnliches gelte für die Gezeiteneffekte im Mondinneren.
„Unsere Resultate demonstrieren die Existenz eines inneren festen Mondkerns mit einem Radius von rund 258 Kilometern und einer Dichte von 7.822 Kilogramm pro Kubikmeter“, schreiben die Wissenschaftler. Der um den festen Innenkern liegende äußere, halbflüssige Kern hat ihren Modellrechnungen zufolge einen Radius von 362 Kilometern und eine etwas geringere Dichte von 5.025 Kilogramm pro Kubikmeter. Er bildet demnach eine 104 Kilometer dicke Hülle um den festen Innenkern.
Einblicke in Magnetdynamo des Mondes
Damit erhärten sich frühere Annahmen, nach denen auch der Mond einen zweiteiligen Kern besitzt. Im Zentrum sitzt demnach ein primär aus Eisen bestehender fester Kern von 516 Kilometer Durchmesser – er nimmt rund 15 Prozent des Mondes ein. „Die Existenz eines festen inneren Kerns ist entscheidend, um die Mechanismen zu verstehen, durch die ein Himmelskörper ein planetares Magnetfeld entwickelt oder aber nicht“, so das Team.
Gleichzeitig liefert ihre Studie weitere Indizien dafür, dass der Mond in seiner Frühzeit Konvektionsströmungen an der Kern-Mantel-Grenze besaß: Schwere Klumpen des titan- und eisenhaltigen Minerals Ilmenit sanken im damals noch halbflüssigen Mondmantel nach unten und sammelten sich an der Kern-Mantel-Grenze. Dort lösten sie temperaturbedingte Strömungen im Kernmaterial aus, die den Effekt des eher schwachen lunaren Dynamos verstärkten und dem Mond sein anfänglich starkes Magnetfeld verliehen. (Nature, 2023; doi: 10.1038/s41586-023-05935-7)
Quelle: Nature, CNRS