Von wegen kalt und tot: Der Mond ist in seinem Inneren doch noch heiß. Die Gesteinsschicht direkt über seinem Kern ist wahrscheinlich sogar geschmolzen, wie ein internationales Forscherteam herausfand. Ursache für diese Hitzezone ist die Erde: Ihre Gezeitenkraft liefert die Energie, um das Mondinnere aufzuheizen, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscicence“. Dennoch wirft die überraschende Entdeckung einige neue Fragen auf.
Normalerweise ist das Schicksal von Himmelskörpern in Mondgröße klar: Sie verlieren sehr schnell die Hitze ihres Anfangs und kühlen bis in den Kern hinein aus. Ihre Masse reicht einfach nicht aus, um Wärme in ihrem Inneren zu erhalten oder zu erzeugen. „Deshalb hielt man den Mond bisher für kalt und komplett durchgehärtet“, erklärt Koautor Junichi Haruyama von der japanischen Weltraumagentur JAXA. „Wir dachten, dass deshalb auch alle vulkanische Aktivität auf dem Mond längst zum Stillstand gekommen ist.“
Doch neue Messungen mit Hilfe der japanischen Mondsonde Kaguya, der chinesischen Sonde Chang’e-1 und weiterer den Erdtrabanten umkreisenden Raumsonden widerlegen diese Annahmen nun. Für ihre Studie hatten Yuji Harada von der China University of Geosciences und seine Kollegen Positionsdaten und Schwerkraftmessungen der Sonden ausgewertet.
Hitzezone durch Gezeitenkraft
Ähnlich wie die Anziehungskraft des Mondes auf der Erde Gezeiten auslöst und das Wasser der Meere, aber auch das Gestein verformt, so verursacht umgekehrt auch die Schwerkraft der Erde winzige, regelmäßig wiederkehrende Verformungen des Mondes. Aus Daten unter anderem der Apollo-Missionen weiß man, dass das Inneres des Mondes aus einem eisenhaltigen Kern und einem Mantel aus Gestein besteht. Bisher hielt man beide Anteile für fest, kalt und erhärtet.
Jetzt zeigt sich jedoch, dass der unterste Bereich des Mondmantels nicht nur heiß, sondern sogar geschmolzen sein könnte. Denn nur durch eine solche Schichte weichen, formbaren Gesteins lassen sich die gemessenen Verformungen des Mondes erklären, wie die Forscher berichten. „Unsere Forschung sagt uns, dass der Mond noch nicht kalt und hart ist, sondern noch warm“, sagt Haruyama. Erstmals gebe es jetzt einen Beleg dafür, dass der tiefste Teil des Mondgesteins weich sein müsse – und dass damit das gängige Bild des „geologisch toten“ Mondes so nicht stimmt.
Warum hielt sich die Hitze nur dort?
„Diese Ergebnisse werfen viele neue Fragen auf“, ergänzt Harada. Denn offenbar wird die durch die Gezeitenkräfte erzeugte Energie nicht im gesamten Mondinnern gleichmäßig in Wärme umgewandelt, sondern nur in dieser untersten, direkt über dem Kern liegenden Schicht des lunaren Mantels. Warum das so ist und wie genau dies passiert, bleibt bisher unklar. „Eine weitere Frage ist auch, ob und wie diese Umwandlung in nur der weichen Schicht die Bewegung des Mondes relativ zur Erde beeinflusst haben könnte?“, so Harada.
Die Forscher hoffen nun, durch weitere Daten und Messungen mehr über diese unerwartete Hitzezone im Inneren unseres Erdtrabanten herausfinden zu können. „Denn das hilft uns zu verstehen, wie der Mond geboren wurde und sich entwickelte“, sagt Haruyama. (Nature Geoscicence, 2014; doi: 10.1038/ngeo2211)
(National Astronomical Observatory of Japan, 11.08.2014 – NPO)