Astronomie

Die „Science“-Highlights 2019

Fachmagazin "Science" kürt das erste Foto eines Schwarzen Loch zum Durchbruch des Jahres

Schwarzes Loch
Dies ist die erste Aufnahme eines Schwarzen Lochs. Man sieht den dunklen Schatten des Schwerkraftgiganten, umgeben vom hellen Lichtring des Ereignishorizonts. © Event Horizon Telescope Collaboration

Das Porträt eines Schwarzen Lochs, das Supremat der Quanten, das Gesicht der Denisova-Menschen sowie Therapien für Ebola und Mukoviszidose – sie gehören zu den wissenschaftlichen Highlights des Jahres 2019. Als Top-Durchbruch des Jahres sieht das Fachmagazin „Science“ jedoch das erste Foto eines Schwarzen Lochs – ein Bild, das 2019 um die Welt ging und erstmals eines der faszinierendsten und geheimnisvollsten Phänomene des Kosmos sichtbar macht.

Jedes Jahr kurz vor Weihnachten kürt das Fachmagazin „Science“ die zehn Highlights des Jahres – und lässt so das wissenschaftliche Jahr noch einmal Revue passieren. Eines davon wählen sie zum Durchbruch des Jahres. Unter den vergangenen Jahreshighlights waren 2018 die Embryonalentwicklung, 2017 der erste Nachweis einer Neutronenstern-Kollision, 2016 die ersten aus dem All eingefangenen Gravitationswellen und 2015 die Genschere CRISPR/Cas9.

M 87
Aufnahme des Röntgenteleskops Chandra vom Zentrum der M87 Galaxie . © NASA/CXC, Villanova University/ J. Neilsen

Der Durchbruch des Jahres: Das Porträt eines Schwarzen Lochs

2019 ist der Durchbruch des Jahres das erste Foto eines Schwarzen Lochs – eines Schwerkraftgiganten im Zentrum der 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M87. Deutlich ist der dunkle Schatten des Schwarzen Lochs im Zentrum des runden Lichtrings aus glühenden Gasen zu erkennen – und wie schon von Albert Einstein vorhergesagt, liegt dieser Schatten mittig im Lichtring. Wäre der Schatten seitlich verschoben gewesen, hätte dies im Widerspruch zu Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie gestanden.

Die einzigartige Aufnahme gelang den Astronomen mithilfe eines erdumspannenden Netzwerks aus zusammengeschalteten Radioteleskopen – dem „Event Horizon Telescope“. Zwei Jahre dauerte es, bis die Forscher die gesammelten Beobachtungsdaten synchronisiert und verarbeitet hatten, dann war die Aufnahme fertig. „Ich glaube nicht, dass irgendeiner von uns sich hätte vorstellen können, dass ein so ikonisches Bild dabei herauskommt“, sagt Roger Blandford von der Stanford University.

„Dieses Jahr war insgesamt ein gutes Jahr für die Wissenschaft, aber was könnte wundersamer sein als die Möglichkeit, ein Schwarzes Loch tatsächlich zu sehen?“, sagt Tim Appenzeller, News-Redakteur von „Science“. „Das klingt fast magisch, aber in Wirklichkeit war es eine erstaunliche Leistung durch Teamwork und Technologie.“

Dinokiller
Ein großer Teil der Dinosaurier könnte schon am ersten Tag nach dem Einschlag des Chicxulub-Asteroiden vor 66 Millionen Jahren gestorben sein.© serpeblu/ iStock.com

Der letzte Tag der Dinos und ein exotischer Weltraumbrocken

Kosmisch sind auch zwei weitere Highlights des Jahres: Forscher haben erstmals rekonstruiert, was in den ersten 24 Stunden nach dem Einschlag des „Dinokiller“-Asteroiden vor 66 Millionen Jahren geschah. Die Daten dafür lieferte ein Bohrkern aus dem Chicxulub-Krater in Yucatan. Er enthüllte, dass der Einschlag schon in den ersten Minuten und Stunden eine enorme Zerstörungskraft entfaltete. Allein die kurzfristigen Folgen könnten schon am ersten Tag nahezu alles Leben im Umkreis von mehreren tausend Kilometern vernichtet haben.

Neue Einblicke in die eisigen Außenregionen unseres Sonnensystems hat dagegen die NASA-Raumsonde New Horizons geliefert. Nach ihrem Vorbeiflug am Pluto hat sie in diesem Jahr erstmals einen der unzähligen eisigen Brocken im Kuipergürtel abgelichtet und untersucht. Ihre Aufnahmen des Schneemann-ähnlichen Gebildes verraten einiges darüber, wie solche Brocken miteinander verklumpen.

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Cryostat mit dem Sycamore-Quantencomputer im Inneren. © Eric Lucero/ Google AI

Quanten-Supremat und Spielsiege für KI-Systeme

Computersysteme spiele die Hauptrolle in zwei weiteren Highlights: Das erste ist das heiß diskutierte Quanten-Supremat, das der Google-Quantencomputer „Sycamore“ unter Beweis gestellt haben soll. Das aus 54 Qubits bestehende System löste eine Aufgabe in rund drei Minuten, für die der weltbeste Supercomputer nach Angaben der Wissenschaftler 10.000 Jahre benötigt hätte – und das trotz 40.000 Prozessoren. Zwar ist dieser Beleg für die Überlegenheit der Quanten nicht unumstritten, aber dennoch ein wichtiger Meilenstein.

Im Bereich der künstlichen Intelligenz gab es in diesem Jahr gleich mehrere wichtige Fortschritte. So haben KI-Systeme sich in einem Multiplayer-Game und in dem komplexen Echtzeit-Strategiespiel „Starcraft“ bewährt. Für „Science“ am bedeutendsten war jedoch der Poker-Sieg des KI-Systems „Pluribus“ gegen fünf Weltklassespieler gleichzeitig. Poker gilt als besondere Herausforderung für Computer, weil das Blatt der Gegner nicht komplett bekannt ist und man zudem bluffen muss.

Denisova-Portrait
Breites Gesicht, kleines Kinn – so könnte eine junge Frau der Denisova-Menschen ausgesehen haben. © Maayan Harel

Das Gesicht der Denisova und Wirkstoffe gegen Ebola und Mukoviszidose

In unsere eigene Vorgeschichte führt uns ein weiteres Highlight 2019: Wissenschaftler haben erstmals rekonstruiert, wie die Denisova-Menschen aussahen und gaben damit einem unser ausgestorbenen Verwandten erstmals ein Gesicht. Basis dieser Rekonstruktion war genetisches Material, das die Forscher aus dem Kieferknochen einer Frühmenschenfrau isolierten. Demnach hatten die Denisova-Menschen ein eher breites Gesicht mit fliehender Stirn, unterschieden sich aber durchaus von den Neandertalern.

Auch in der Medizin gab es entscheidende Durchbrüche. Unter ihnen gleich zwei Antikörper-Wirkstoffe gegen das tödliche Ebola-Virus. Sie haben in klinischen Studien im Kongo die Todesrate von Erkrankten um rund 70 Prozent gesenkt. Dieses Ergebnis war so überzeugend, dass die Tests vorzeitig abgebrochen wurden, um die Zulassung der Wirkstoffe zu beschleunigen.

Einen weiteren Durchbruch erzielte die Medizin in diesem Jahr bei einem Heilmittel gegen Mukoviszidose. Eine Kombinations-Gentherapie aus drei Substanzen korrigiert dabei die Gendefekte, die am häufigsten für diese Lungenerkrankung verantwortlich sind. Den klinischen Studien nach verbessert dies die Lebenserwartung und Lebensqualität von Betroffenen erheblich. Einziger Wermutstropfen: Die Behandlung ist sehr teuer und muss lebenslang fortgesetzt werden.

Das sind die Durchbrüche des Jahres 2019.© Science Magazine

Tiefsee-Mikroben und eine Probiotika-Kur für hungernde Kinder

Zu den Highlights des Jahres zählt „Science“ auch die erste erfolgreiche Kultivierung und DANN-Analyse einer speziellen Tiefseemikrobe. Denn sie besitzt einige sonst nur für Eukaryoten – zellkerntragende Zellen – typische Gene. Diese Mikroben könnte damit schon einen ersten evolutionären Schritt in Richtung höherer, mehrzelliger Organismen absolviert haben.

Um die praktische, heilsame Anwendung von Mikroben geht es in einer Neuentwicklung, die vor allem hungernden Kindern in Entwicklungsländern zugutekommen könnte. Wissenschaftler haben festgestellt, dass sich die Darmflora bei diesen Kindern nicht richtig entwickelt, wenn sie nur aus klassischen Hilfslieferungen von Milchpulver und Reis ernährt werden. Ein Konzentrat aus Kichererbsen, Banane, Erdnuss und Sojamehl jedoch half ihnen in einer klinischen Studie auf die Beine.

Quelle: Science, American Association for the Advancement of Science

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