Habitable Welt: Astronomen haben einen erdgroßen und potenziell lebensfreundlichen Exoplaneten in nur 31 Lichtjahren Entfernung entdeckt. Der Erdzwilling Wolf 1069b umkreist einen ruhigen Roten Zwerg in der habitablen Zone. Er ist damit der sechstnächste lebensfreundliche Gesteinsplanet in unserer Nachbarschaft. Wenn der Planet eine Atmosphäre besitzt, könnte es auf seiner Tagseite warm genug für flüssiges Wasser und einen Ozean sein, wie die Forschenden berichten.
Ob Proxima Centauri, TRAPPIST-1 oder Ross-128b: Viele Rote Zwergsterne in unser Nachbarschaft werden von Planeten umkreist – und auffällig viele von diesen sind erdähnlich und potenziell lebensfreundlich. Damit gehören sie zu einer noch immer exklusiven Gruppe: Nur rund 50 der bisher gut 5.000 bekannten Exoplaneten sind Gesteinsplaneten und kreisen in der konservativen habitablen Zone ihres Sterns. Von diesen haben nur rund 20 ungefähr die Größe und Masse der Erde.
Naher Roter Zwerg im Visier
Einen weiteren erdähnlichen und potenziell lebensfreundlichen Exoplaneten haben nun Astronomen um Diana Kossakowski vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg entdeckt – und auch er kreist um eine Roten Zwerg in unserer Nachbarschaft. Für ihre Studie hatten sie den 31 Lichtjahre entfernten Stern Wolf 1069 mit dem Calar-Alto-Observatorium in Spanien vier Jahre lang ins Visier genommen. Dieses Teleskop verfügt über zwei hochauflösende Spektrografen für sichtbares und nahinfrarotes Licht.
Bei der Auswertung der 262 Spektren dieses Roten Zwergsterns entdeckten die Astronomen eine periodische Verschiebung der Spektrallinien, die sich alle 15,6 Tage wiederholte. Diese Radialverschiebung ist mit keinem stellaren Prozess wie der Rotation oder Strahlenausbrüchen zu erklären, sondern muss auf einen Planeten zurückgehen. Wie das Team ermittelte, ist der Wolf 1069b getaufte Exoplanet etwa genauso groß wie die Erde und hat die rund 1,2-fache Erdmasse.
Ein Erdzwilling in der habitablen Zone
Damit ist dieser neuentdeckte Exoplanet fast ein Zwilling der Erde. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass Wolf 1069b ähnlich wie die Erde einen Eisenanteil von rund 33 Prozent und einen Silikatanteil von rund 67 Prozent hat“, berichten die Astronomen. Der Planet umkreist seinen Stern in einem Abstand von 0,067 astronomischen Einheiten – rund einem Fünfzehntel des Abstands zwischen Erde und Sonne. Weil der Rote Zwerg aber deutlich leuchtschwächer und kühler ist als die Sonne, erhält Wolf 1069b nur rund 65 Prozent der Sonneneinstrahlung auf die Erde.
Doch das reicht aus, um den Planeten in der konservativen habitablen Zone seines Sterns zu platzieren, wie die Astronomen erklären. Nimmt man nur die Mitteltemperatur und geht von einem Planeten ohne Atmosphäre aus, wäre es zwar im Schnitt minus 23 Grad kalt. Aber die Beobachtungen legen nahe, dass Wolf 1069b in gebundener Rotation um seinen Stern kreist – er dreht ihm immer die gleiche Seite zu. Auf dieser Tagseite könnte die Mitteltemperatur bei rund 13 Grad liegen, je nach Atmosphäre sogar noch höher, wie das Team mithilfe von Modellen ermittelte.
„Schlüsselmerkmale einer lebensfreundlichen Welt“
„Dieser Planet könnte damit die Schlüsselmerkmale einer lebensfreundlichen Welt besitzen“, konstatieren Kossakowski und ihre Kollegen. Ihren Klimamodellen zufolge könnte es auf der Tagseite von Wolf 1069b flüssiges Wasser und vielleicht sogar einen ganzen Ozean geben. Positiv auch: Anders als beispielsweise Proxima Centauri und andere aktive Rote Zwergsterne ist Wolf 1069 ein eher ruhiger, durch wenige Strahlenausbrüche gekennzeichneter Stern. Das erhöht die Lebensfreundlichkeit auf dem Planeten.
„Wolf 1069b ist damit eine vielversprechende Ergänzung zu den nahen lebensfreundlichen Planeten, bei denen sich eine Suche nach Biosignaturen lohnen würde“, konstatieren die Astronomen. Der neuentdeckte Planet ist der sechsnächste habitable, erdgroße Planet in unserer näheren Umgebung, nach Proxima Centauri b, GJ 1061 d, Teegardens Stern c, and GJ 1002 b and c. Außerdem scheint er zu den Planeten zu gehören, die allein um ihren Stern kreisen. Die Astronomen konnten zumindest bisher keine weitere Planetensignaturen um Wolf 1069 entdecken.
Leider keine Transits sichtbar
Mehr über Wolf 1069b zu erfahren, ist vorerst allerdings schwierig: Weil der Planet von uns aus gesehen nicht direkt vor seinem Stern vorbeizieht, kann man keine Transits beobachten. Dadurch fehlen auch Lichtspektren, an denen man beispielsweise die Zusammensetzung seiner Atmosphäre ablesen könnte – wenn er denn eine hat. Auch die meisten anderen nahen Exoplaneten wurden nur über ihre Schwerkraftwirkung auf ihre Sterne aufgespürt.
Doch nach Angaben der Astronomen könnte das Extremely Large Telescope (ELT), das derzeit in Chile gebaut wird, dazu geeignet sein, die Bedingungen dieses und anderer naher Nicht-Transit-Erdzwillinge zu erforschen. (Astronomy & Astrophysics, 2023; doi: 10.1051/0004-6361/202245322)
Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie