Erde und Mond teilten einst ein Magnetfeld

Magnetschirm des Mondes schützte die junge Erde vor Sonnenstürmen

Gekoppelte Magnetfelder
Vor rund vier Milliarden Jahren waren die Magnetfelder von Erde und Mond verbunden, wie hier zu sehen. © NASA

Lunarer Schutzschirm: Das Magnetfeld des Mondes schützte einst auch die junge Erde vor den heftigen Ausbrüchen der jungen Sonne. Denn einem neuen Modell zufolge waren die Magnetfelder von Erde und Mond bis vor rund 3,5 Milliarden Jahren miteinander verbunden. Diese Kopplung könnte entscheidend dazu beigetragen haben, die Erde vor einem Verlust ihrer Atmosphäre zu bewahren, wie Forscher im Fachmagazin „Science Advances“ berichten.

Das Magnetfeld unseres Planeten ist sein wichtigster Schutzschirm. Er schützt die Erde vor kosmischer Strahlung und den energiereichen Teilchenströmen von Sonnenstürmen. Motor dieses unsichtbaren Magnetschirms ist die elektromagnetische Wechselwirkung von flüssigem und festem Eisen im Erdkern – der Geodynamo. Bei der jungen, innen noch komplett glutflüssigen Erde könnten dagegen Konvektionsströmungen im Kern das Magnetfeld erzeugt haben.

Mondmagnetfeld
In seiner Frühzeit besaß der Mond ein bipolares Magnetfeld ähnlich wie die Erde. © NASA

Und der Mond?

Doch wie ist es bei unserem Nachbarn, dem Mond? Heute ist sein Inneres zu kalt und fest, um ein Magnetfeld zu erzeugen. Deshalb ist die Mondoberfläche der kosmischen Strahlung weitgehend ungeschützt ausgesetzt. Doch wie sah in der Frühzeit des Sonnensystems aus, als der Mond noch die Hitze seiner katastrophalen Entstehung in sich trug? Lange dachten Planetenforscher, dass der Eisenkern des Mondes selbst damals zu klein war, um als Magnetdynamo zu wirken.

Analysen von Mondgestein der Apollo-Missionen haben dies widerlegt: Sie zeigen, dass der Erdtrabant kurz nach seiner Entstehung sehr wohl ein Magnetfeld besaß. „In der Zeit vor 4,2 bis 3,4 Milliarden Jahren war das lunare Magnetfeld mindestens so stark oder sogar stärker als das heutige Erdmagnetfeld, wenn man jeweils die Stärke an der Oberfläche betrachtet“, erklären James Green von der NASA. Das aber bedeutet: Weil der Mond damals viel näher war als heute, könnte sein Magnetfeld auch unseren Planeten beeinflusst haben.

Gekoppelte Magnetfelder

Ob das der Fall war, haben Green und sein Team mithilfe geophysikalischer Modellsimulationen untersucht. Dafür rekonstruierten sie die Positionen und Magnetfelder von Erde und Mond vor rund vier Milliarden Jahren. Damals lagen beide Himmelskörper nur rund 18 Erdradien auseinander – heute sind es 60. Die Forscher untersuchten, ob und wie das lunare und irdische Magnetfeld in verschiedenen orbitalen Positionen interagierten.

Das überraschende Ergebnis: Bis vor rund 3,5 Milliarden Jahren waren die Magnetfelder von Erde und Mond miteinander verbunden. Vor allem in den mittleren und höheren Breite kam es zu Verknüpfungen zwischen den Feldlinien, die so ein sich überlappendes Magnetfeld generierten. „Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass diese Epoche der gekoppelten Magnetosphären mehrere hundert Millionen Jahre anhielt“, berichten Green und sein Team.

Doppelter Schutz vor der jungen Sonne

Diese Kopplung könnte für die junge Erde einen entscheidenden Vorteil gehabt haben. Denn das Magnetfeld des Mondes verlieh ihr zusätzlichen Schutz gegen die heftigen Ausbrüche der noch jungen Sonne. „Der Mond bildete für die Erde eine substanzielle Schutzbarriere gegen den Sonnenwind und könnte so entscheidend dazu beigetragen haben, dass die junge Erde damals ihre Atmosphäre behielt“, erklärt Green. Ohne die Atmosphäre wiederum hätte sich auf der Erde wahrscheinlich nie Leben entwickelt.

Konkret hatten die gekoppelten Magnetfelder einen doppelten Schutzeffekt: Sie verkleinerten die Zonen im Bereich der irdischen Pole, in denen der Sonnenwind durch das Magnetgitter dringen kann. Wenn der Mond auf der Sonnenseite der Erde stand, schirmte er diese zudem nahezu vollständig vom Sonnenwind ab. „Die lunare Magnetosphäre bekam die volle Wucht des Sonnwinds ab und bildete dadurch einen effektiven Schutzschild für die Erdatmosphäre – selbst bei starken solaren Ausbrüchen“, schreiben die Forscher.

Künftige Mond-Astronauten könnten den Beweis liefern

Diese gemeinsame Magnetvergangenheit von Erde und Mond endete erst, als der Mond abkühlte und sein Magnetfeld immer schwächer wurde. Nach Berechnungen von Green und seinem Team war das lunare Feld vor rund 3,2 Milliarden Jahren bereits so stark abgeschwächt, dass es keine Verbindung mehr gab. Parallel dazu driftete der Mond immer weiter nach außen und bewegte sich damit auch außer Reichweite. Vor 1,5 Milliarden verlor der Erdtrabant dann endgültig auch die letzten Magnetfeldreste.

Das Spannende: Schon in wenigen Jahren könnten Mond-Astronauten nach Belegen für dieses Szenario auf dem Mond suchen – und möglicherweise auch finden. Denn im Rahmen der US-amerikanischen Mission Artemis sollen Proben von Eis und Gestein am lunaren Südpol gesammelt werden. Wenn es wirklich gekoppelte Magnetfelder gab, könnten sich in diesen Proben Spuren von Gasen finden, die damals entlang der verknüpften Feldlinien von der Erde zum Mond diffundierten.

„Proben aus den permanent beschatteten Polarregionen des Mondes könnten entscheidend dazu beitragen, die Annahme unseres Modells zu überprüfen“, sagt Green. (Science Advances, 2020; doi: 10.1126/sciadv.abc0865)

Quelle: NASA

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