Astronomie

Erdgroßer Planet um nahen Mini-Stern

Heißer Erdzwilling ist erst zweites Planetensystem um einen ultrakalten Zwergstern

SPECULOOS-3 und sein Planet
Der Exoplanet SPECULOOS-3b kreist um einen ultrakalten, sehr kleinen Zwergstern, der nur rund 55 Lichtjahre von uns entfernt liegt.© Lionel Garcia

Neuer Nachbar: Astronomen haben einen erdgroßen Exoplaneten um einen nahen ultrakalten Zwergstern entdeckt – er liegt nur rund 55 Lichtjahre von uns entfernt. Kaum jupitergroß, ist dieser Zwergstern der zweitkleinste mit einem eigenen Planeten oder Planetensystem. Der Exoplanet SPECULOOS-3b umkreist diesen Mutterstern aber so dicht, dass der Sternenwind ihm dennoch die Atmosphäre geraubt haben könnte. Das macht ihn zu einem besonders lohnenden Ziel für weitere Beobachtungen, wie die Astronomen erklären.

Drei Viertel aller Stern in unserer Galaxie sind keine Riesen oder Sonnenzwillinge, sondern Rote Zwerge. Auch in unserer Nachbarschaft gibt es mehrere solcher kühlen, kleinen Sterne, einige von ihnen gehören sogar zur Gruppe der ultrakalten Zwerge. Diese Mini-Sterne haben weniger als ein Zehntel der Sonnenmasse, sind kaum 2.500 Grad warm und leuchten daher entsprechend schwach.

Dennoch gelten solche ultrakalten Zwergsterne als vielversprechende Kandidaten für Planeten mit außerirdischem Leben. Der Grund: Sie werden sehr alt. Während unsere Sonne schon in wenigen Milliarden Jahren ausgebrannt sein wird, können diese Zwergsterne 100 Milliarden Jahre alt werden. Entsprechend lange hätte das Leben Zeit, sich auf Planeten um solche Sterne zu entwickeln. Doch solche Exoplaneten um die kühlen, dunkeln Zwerge zu finden, ist alles andere als leicht.

Ein Stern von der Größe des Jupiter

Einen solchen Exoplaneten um einen ultrakalten Zwerg haben nun Astronomen um Michaël Gillon von der Universität Liége in Belgien aufgespürt. Basis dafür bildeten Aufnahmen des SPECULOOS-Netzwerks von sechs robotischen Ein-Meter-Teleskopen, die in Chile, auf Teneriffa und in Mexiko stehen. „Wir haben dieses Netzwerk speziell dafür ausgelegt, Gesteinsplaneten um nahe ultrakalte Zwergsterne zu finden“, erklärt Gillon. 2017 hatten er und sein Team damit bereits die sieben Erdzwillinge um den 40 Lichtjahre entfernten Zwergstern TRAPPIST-1 entdeckt.

Jetzt nahmen die Astronomen einen Nachbarn von TRAPPIST-1 ins Visier, den rund 55 Lichtjahre entfernten ultrakalten Zwerg SPECULOOS-3. Dieser Stern ist nur etwa so groß wie der Planet Jupiter und hat nur ein Zehntel der Masse unserer Sonne. Bereits 2022 zeigten erste Teleskopaufnahmen bei diesem Stern eine regelmäßige Abschattung der Lichtkurve, wie sie durch die Passage eines Planeten entstehen kann.

Neue, genauere Analysen haben dies nun bestätigt: SPECULOOS-3 hat einen planetaren Begleiter. Er ist damit nach TRAPPIST-1 der zweitkleinste ultrakalte Zwergstern, um den man einen Exoplaneten entdeckt hat.

Erdgroß, aber ziemlich heiß

Der neuentdeckte Planet SPECULOOS-3b ist etwa so groß wie die Erde, umkreist seinen Mini-Stern aber sehr nah: Er benötigt nur rund 17 Stunden für einen Umlauf, wie die Astronomen berichten. Obwohl der ultrakalte Zwergstern relativ kühl und lichtschwach ist, erhält der Exoplanet dadurch rund 16-mal mehr Strahlungsenergie als die Erde von der Sonne. Gillon und sein Team schätzen die Gleichgewichtstemperatur auf dem Planeten auf rund 553 Kelvin – knapp 280 Grad Celsius.

Lebensfreundlich ist der Planet demnach wohl eher nicht. Dennoch gehen die Astronomen davon aus, dass SPECULOOS-3b wahrscheinlich ein Gesteinsplanet ist – und damit eine Art heißer Erdzwilling. Anders als die Erde hat der Exoplanet aber keinen regelmäßigen Wechsel von Tag und Nacht: „Wir denken, dass dieser Planet synchron rotiert, so dass er seinem Stern immer dieselbe Seite zukehrt – ähnlich wie der Mond der Erde“, sagt Gillon. Dadurch ist es auf einer Seite des Exoplaneten ständig Tag und entsprechend heiß, auf der anderen aber dunkle, kühle Nacht.

Ist SPECULOOS-3b hüllenlos?

Trotzdem sehen die Astronomen in SPECULOOS-3b einen besonders spannenden Fund. Denn wegen seiner Nähe zur Erde, aber auch zu seinem kleinen Mutterstern könnte sich der Exoplanet besonders gut mit dem James-Webb-Teleskop beobachten lassen. Dies könnte unter anderem klären, ob dieser heiße Erdzwilling noch eine Gashülle besitzt. „In einer solchen kosmischen Umgebung ist dies allerdings eher unwahrscheinlich“, sagt Koautor Julien de Wit vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).

Der Grund: Massearme Sterne wie SPECUKOOS-3 setzen vor allem in ihren Anfängen intensive Schübe energiereicher UV-Strahlung frei. Kreist ein Planet nahe an einem solchen Stern, reißt dieser starke Sternenwind dessen Atmosphärengase sehr schnell ins All hinaus. Es ist daher unwahrscheinlich, dass ein Planet mit einem so engen Orbit eine substanzielle Wasserstoffhülle behalten hat“, konstatieren die Astronomen. Ähnlich wie schon der innerste Planet um TRAPPIST-1 könnte auch SPECULOOS-3b daher hüllenlos sein.

Genau dies eröffnet den Astronomen aber eine ganz neue Beobachtungschance: Die heiße Gesteinsoberfläche des Exoplaneten könnte ausreichend Infrarotstrahlung abgeben, um ihre Zusammensetzung spektral analysieren zu können. „Mit dem Webb-Teleskop könnten wir dann sogar die Mineralogie der Planetenoberfläche untersuchen“, erklärt Koautorin Elsa Ducrot vom Observatorium in Paris. (Nature Astronomy, 2024; doi: 10.1038/s41550-024-02271-2)

Quelle: University of Liège, University of Birmingham

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