Astronomie

Erste Glorie auf einem Exoplaneten entdeckt?

Astronomen finden Indizien für farbigen Lichteffekt in der Gashülle eines "Höllenplaneten"

WASP-76b mit Glorie
So könnte das optische Glorien-Phänomen auf dem Exoplaneten WASP-76b aus der Nähe aussehen. © ESA/ATG/ CC-by-sa 3.0 IGO

Höllisch heiß und bunt schillernd: Astronomen könnten erstmals eine Glorie auf einem extrasolaren Planeten entdeckt haben – ein Leuchtphänomen aus konzentrischen Farbringen. Dieses entsteht durch Ablenkung von Lichtstrahlen zwischen runden Tropfen. Eine solche Glorie könnte auch auf dem rund 640 Lichtjahre entfernten, heißen Exoplaneten WASP-76b vorkommen, wie Daten des CHEOPS-Weltraumteleskops nahelegen. Auslöser des farbigen Schillerns sind dort dichte Wolken aus heißen Metalltröpfchen, die an der Grenze zwischen der Tag- und Nachtseite auftreten.

Auf der Erde treten die farbig leuchtenden Ringe einer Glorie auf, wenn Licht an runden Wassertröpfchen gebeugt wird – beispielsweise um den Schatten eines Flugzeugs oder Berggipfels auf einer sonnenbeschienenen Nebel- oder Wolkenwand. Anders als bei einem Regenbogen wird das Licht dabei jedoch nicht im Inneren der Tropfen gebrochen, sondern an ihrer Außenseite abgelenkt, ähnlich wie bei den farbigen Aureolen um einen Wintermond.

Glorien
Eine Glorie entsteht, wenn Licht an der Außenseite von runden Tropfen gebeugt und in seine Farbanteile aufgespalten wird. Hier exemplarisch für Wolken der Venus (links) und der Erde gezeigt. © C. Wilson/ P. Laven

Nur unter speziellen Bedingungen

Doch auf anderen Himmelskörpern ist das Glorien-Phänomen rar: Bisher wurden das farbige Schillern dieses Lichtphänomens nur in den extrem dichten Wolken der Venus beobachtet, auf anderen Planeten aber nicht. „Es gibt einen Grund dafür, dass Glorien noch nie außerhalb unseres Sonnensystems gesichtet wurden: Sie erfordern ganz spezielle Bedingungen“, erklärt Erstautor Olivier Demangeon von der Universität von Porto in Portugal.

„Als erstes benötigt man atmosphärische Partikel, die fast perfekt kugelförmig sind, alle einheitlich und stabil genug, um länger beobachtet zu werden“, sagt der Astronom. Denn nur dann wird das Licht bei seiner Passage zwischen den Teilchen in seine Farbanteile zerlegt und rückgestreut. Als zweites muss daher auch der Lichteinfall passen: „Der Heimatstern des Planeten muss den Planeten aus genau der richtigen Richtung bescheinen, damit der Beobachter eine Glorie sieht“, so der Forscher.

Exoplanet mit Metallwolken und Eisenregen

Jetzt könnten Demangeon und seine Kollegen eine solche Glorie erstmals auch auf einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt haben. Indizien dafür lieferten Beobachtungen von Passagen des rund 640 Lichtjahre entfernten Exoplaneten WASP-76b vor seinem Stern. Dieser extrasolare Gasriese ist fast so massereich wie der Jupiter, aber doppelt so groß. Er umkreist seinen Mutterstern so eng, dass seine stets dem Stern zugewandte Tagseite höllische 2.400 Grad heiß ist – selbst Metalle wie Eisen verdampfen in dieser Hitze.

WASP-76b
Der heiße Exoplanet WASP-76b ist auf seiner Tagseite so heiß, dass Eisen verdampft und auf der Nachtseite als flüssiger Metallregen niedergeht. © ESO/ M. Kornmesser/ L. Calçada

Auf der dauerhaft dunklen Nachtseite von WASP-76b herrschen dagegen „nur“ 1.500 Grad. Spektroskopische Beobachtungsdaten legen nahe, dass es auf dem Planeten deswegen einen steilen Temperatur-Gradienten in der Dämmerungszone, dem sogenannte Terminator, gibt. An diesem Tag-Nacht-Übergang wehen wahrscheinlich starke Winde, durch die die verdampften Metalle auf die kühlere Nachtseite gelangen. Dort kondensieren sie zu Wolken, aus denen es flüssiges Metall regnet.

Verräterischer Lichtüberschuss

An dem Tag-Nacht-Übergang auf der Ostseite von WASP-76b könnten Demangeon und sein Team nun eine riesige Glorie entdeckt haben. Als Indiz dafür werten sie einen auffallenden Helligkeitsüberschuss, der in den Daten der Weltraumteleskope CHEOPS und TESS zu erkennen ist: In der Lichtkurve des Stern-Exoplaneten-Duos tritt direkt vor dem Verschwinden des Planeten hinter seinem Stern eine kleine Helligkeitsspitze auf.

„Dies ist das erste Mal, dass eine so scharf abgegrenzte Veränderung in der Phasenkurve eines Exoplaneten beobachtet wurde“, sagt Demangeon. Dieser kleine Helligkeits-Peak ist jedoch in Infrarot-Daten nicht zu sehen. Er ließ sich zudem mit gängigen Modellen der Exoplaneten-Atmosphäre nicht reproduzieren, wie das Team berichtet. „Dies bringt uns zu der Hypothese, dass dieses unerwartete Leuchten durch eine starke, lokalisierte und richtungsabhängige Reflexion erzeugt wird – den Glorien-Effekt“, so Demangeon.

Erste extrasolare Glorie?

Sollte sich dies bestätigen, wäre dies der erste Exoplanet, bei dem ein solches Optik-Phänomen nachgewiesen wurde. Die potenzielle Glorie liefert neue Einblicke in die Atmosphäre von WASP-76b. Demnach muss es auf der Ostseite des heißen Exoplaneten nahe am Terminator Wolken geben, die aus dichten, runden und nahezu gleichgroßen Tropfen bestehen – höchstwahrscheinlich aus flüssigem Eisen. Wenn dann das Licht der aufgehenden Sonne auf diese Zone trifft, lenken diese Tropfen das Licht ab und erzeugen die farbigen Ringe der Glorie.

„Was wir uns dabei klarmachen müssen, ist die unglaubliche Größe dieses Phänomens“, kommentiert der ESA-Astronom Matthew Standing. „WASP-76b liegt hunderte Lichtjahre von uns entfernt, ist glühend heiß und durch Eisenregen geprägt. Dennoch haben wir die Hinweise auf eine Glorie entdeckt.“ Sie legt nahe, dass die Metallwolken auf WASP-76b entweder relativ beständig sind oder aber ständig neu nachproduziert werden – nur so ist das bei nahezu jedem Transit beobachtete Phänomen zu erklären.

„Wir benötigen aber weitere Daten, um eindeutig sagen zu können, dass dieses spannende Extralicht tatsächlich auf eine Glorie zurückgeht“, betont Theresa Lüftinger von der europäischen Weltraumagentur ESA. Diese Belege könnte das James-Webb-Teleskop der NASA liefern oder das 2029 startende ESA-Weltraumteleskop ARIEL. (Astronomy & Astrophysics, 2024; doi: 10.1051/0004-6361/202348270)

Quelle: European Space Agency ESA

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