Astronomen haben einen Neutronenstern entdeckt, der von seinem Begleiter, einem Weißen Zwerg, Materie absaugt. Weil die Materie auch Sauerstoff enthält, konnten die Forscher erstmals die spektrale Signatur dieses Elements auffangen. Seine Verzerrung ermöglicht es, Einblicke in die extremen Schwerkraftwirkungen des Neutronensterns auf Materie zu gewinnen.
Neutronensterne – gebildet nach dem Kernkollaps eines extrem massereichen Sterns – gehören zu den kompaktesten Objekten im Universum. Die Materie eines gesamten Sterns ist in ihnen auf eine Kugel von nur zehn bis 20 Kilometern Durchmesser komprimiert. Bei dieser hohen Dichte können normale Atome nicht mehr existieren und zerlegen sich in ihre Bausteine. Welche Konsequenzen dies für die Materie im Inneren des Neutronensterns hat, ist bisher allerdings nur in Ansätzen erforscht.
Eine Quelle wichtiger Informationen über solche Exotensterne ist die Röntgenstrahlung, die von ihnen ausgeht. In ihnen hinterlassen Elemente spezifische „Fingerabdrücke“ in Form von spektralen Banden, die Rückschlüsse über die Wirkungsweise der Schwerkraft erlauben. Bisher sind vor allem verschwommene Eisensignaturen in dieser Röntgenstrahlung beobachtet worden. Ihre Bedeutung ist jedoch umstritten.
Neutronenstern und Weißer Zwerg
Jetzt haben niederländische Astronomen erstmals auch die spektralen Signaturen von Sauerstoff von einem Neutronenstern identifiziert. Das beobachtete Objekt, 4U 0614+091, ist ein Partner in einem Doppelsternsystem. In ihm umkreisen sich der Neutronenstern und ein Weißer Zwerg in einem sehr engen Orbit von nur 50 Minuten Umlaufzeit. Durch diesen geringen Abstand kann der Neutronenstern Materie, darunter vor allem sauerstoffreiche Gase von seinem Kompagnon absaugen.
Sauerstoffsignatur durch extreme Schwerkraft verzerrt
Die spektralen Signale dieses Sauerstoffs hat das Astronomenteam um Oliwia Madej von der Universität Utrecht und Peter Jonker vom SRON Netherlands Institute for Space Research mit Hilfe des Röntgenteleskops XMM Newton jetzt aufgefangen. „Normale, heiße Sauerstoffatome emittieren Röntgenstrahlen mit einer spezifischen Energie”, erklärt Madej. „Aber wegen der extremen Schwerkraft und dem heißen Gas in der Scheibe um den Neutronenstern ist diese Sauerstoffsignatur verschwommen.“
Weitere Beobachtungsdaten nötig
Aus der Form der Verzerrung versuchten die Astronomen, auf den inneren Radius der Sauerstoffscheibe zu schließen um daraus wiederum den Radius des Neutronensterns zu ermitteln. „Leider sind die aktuellen Daten noch nicht gut genug, um uns eine definitive Antwort zur Größe des Neutronensterns zu liefern“, erklärt Jonker. „Um dies in besserem Detail zu bestimmen, brauchen wir noch mehr Beobachtungszeit. Und wenn wir dann zusätzlich noch die Signatur von Eisenmolekülen finden, können wir die Charakteristiken der beiden Emissionslinien vergleichen.“
Dieser Vergleich könnte zum einen die Größenbestimmung erlauben, zum anderen aber auch die bisher bestehenden Unsicherheiten über die spektralen Veränderungen der Eisenlinien ausräumen. Damit wäre auch bei anderen Neutronensternen, bei denen nur Eisen nachgewiesen werden kann, eine bessere Abschätzung der Schwerkraftwirkungen möglich. „Insgesamt sind unsere Beobachtungen ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einem besseren Verständnis der extremen Bedingungen in und um einen Neutronenstern“, so Jonker. Die bisherigen Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society” erschienen.
(SRON Netherlands Institute for Space Research, 23.06.2010 – NPO)