Theorie bestätigt: Astronomen haben erstmals Licht von der Rückseite eines Schwarzen Lochs beobachtet – und damit ein von Einsteins Relativitätstheorie vorhergesagtes Phänomen nachgewiesen. Die eingefangene Röntgenstrahlung ging von der uns abgewandten Seite eines supermassereichen Schwarzen Lochs aus, wurde vom Plasmaring reflektiert und so abgelenkt, dass sie mit Verzögerung auf der Vorderseite erschien, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.
Wenn Strahlung oder Materie den Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs überschreiten, werden sie irreversibel verschluckt. Das Schwarze Loch erscheint daher als dunkler Schatten, wie 2019 das erste Foto bestätigte. Doch wie sieht ein Schwarzes Loch aus, wenn wir seitlich auf die helle Akkretionsscheibe aus angesaugtem Material schauen?
Schon Albert Einstein postulierte in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie, dass es in solchen Fällen zu einer so starken Krümmung der Raumzeit kommen müsste, dass Licht von der Rückseite des Schwarzen Lochs umgelenkt und an der Vorderseite sichtbar werden müsste. Wir sehen dadurch Vorder- und Rückseite auf einmal. Neuere Simulationen zeigen diesen Effekt in eindrucksvollem Detail – sogar für zwei sich umkreisende Schwarze Löcher.
Strahlenausbrüche am Schwarzen Loch
Erst jetzt ist Astronomen ein erster Nachweis dieses Effekts gelungen: Zum ersten Mal haben sie Röntgenstrahlung eingefangen, die von der Rückseite eines Schwarzen Lochs stammt. Diese Beobachtung gelang dem Team um Dan Wilkins von der Stanford University mithilfe der Röntgenteleskope XMM-Newton und NuStAR. Mit ihnen beobachteten sie das supermassereiche Schwarzen Loch in der 800 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie I Zwicky 1.
Rund 60 Millionen Kilometer vom Ereignishorizont dieses Schwarzen Lochs entfernt erzeugen Wechselwirkungen des einfallenden Plasmas mit den starken Magnetfeldern immer wieder starke Strahlungsausbrüche. Diese Röntgen-Eruptionen werden zum Teil von der Akkretionsscheibe reflektiert und leuchten dann mit leichter Verzögerung auf.
Röntgenblitze mit Echo
Doch als Wilkins und sein Team sich zwei rund 2,5 Stunden dauernde Strahlenausbrüche von I Zwicky 1 näher anschauten, entdeckten sie Merkwürdiges: Der zweite Röntgenausbruch erschien von seinen Spektral-Eigenschaften und dem Timing her wie ein schwächeres, verzögertes Echo des ersten. Die Energien der einzelnen Teilblitze in diesen Ausbrüchen deuteten zudem darauf hin, dass sie von verschiedenen Teilen der Akkretionsscheibe reflektiert worden sein mussten.
Das Entscheidende jedoch: „Die Analyse der Röntgen-Flares enthüllt kurze Blitze von Photonen, deren Merkmale mit einer von der Rückseite des Schwarzen Lochs stammenden Emission übereinstimmen“, berichten Wilkins und sein Team. „Dies sind Lichtteilchen, die von der abgewandten Seite der Scheibe abprallen und vom starken Gravitationsfeld um das Schwarze Loch herumgebogen und verstärkt werden.“
Einsteins Vorhersage bestätigt
Damit haben die Astronomen erstmals Licht von der Rückseite eines Schwarzen Lochs direkt beobachtet. Sie belegen damit den von Einsteins Theorie und den Simulationen prognostizierten Effekt. „Die neuen Beobachtungen bestätigen eine Schlüsselvorhersage der Allgemeinen Relativitätstheorie – dass man die um das Schwarze Loch gelenkten Photonen von der Rückseite detektieren kann“, konstatieren Wilkins und seine Kollegen. (Nature, 2021; doi: 10.1038/s41586-021-03667-0)
Quelle: Stanford University