Astronomen haben um den sonnenähnlichen Stern HD 10180 ein Planetensystem entdeckt, dass unserem Sonnensystem ähnlicher ist als alle bisher entdeckten. Es enthält mindestens fünf Planeten in regelmäßigen Abständen um den Zentralstern, möglicherweise sogar noch zwei weitere. Einer davon könnte mit nur 1,4 Erdmassen der leichteste bekannte Exoplanet überhaupt sein.
Entdeckt wurde das Planetensystem nach sechs Jahren der Beobachtung des sonnenähnlichen Sterns HD 10180 mit Hilfe des HARPS-Spektrografen am 3,6 Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte ESO auf La Silla in Chile. HD 10180 befindet sich in einer Entfernung von 127 Lichtjahren im Sternbild Hydrus (kleine Wasserschlange) am Südhimmel. Mithilfe von insgesamt 190 einzelnen Messungen konnten die Astronomen winzige Pendelbewegungen des Sterns nachweisen, die von den komplexen Anziehungskräften von mindestens fünf Planeten verursacht worden sein mussten.
Fünf Planeten von Neptungröße
Nähere Untersuchungen enthüllten, dass die fünf stärksten Signaturen Planeten mit Massen zwischen 13 und 25 Erdmassen entsprechen und damit in einem ähnlichen Bereich liegen wie die Masse des Neptun. Die fünf Planeten umkreisen ihren Zentralstern in Entfernungen zwischen dem 0,06- und dem 1,4-fachen des Abstands Erde-Sonne. Ihre Umlaufszeiten um den Stern betragen zwischen sechs und 600 Tagen.
Möglicher kleinster Exoplanet als innerster Umläufer
„Wir haben gute Gründe zu der Annahme, dass zwei weitere Planeten existieren”, erläutert Christophe Lovis, Erstautor des Fachartikels. „Was wir entdeckt haben, ist höchstwahrscheinlich das Planetensystem mit den meisten bislang bekannten Planeten.“ Als Rekordhalter galt bislang der Stern 55 Cancri mit fünf Planeten, von denen zwei große Gasriesen sind.
Einer der beiden noch nicht eindeutig identifizierten Planeten könnte sich mit nur 1,4 Erdmassen als der leichteste bislang entdeckte Exoplanet entpuppen. Er befindet sich vermutlich sehr nah an seinem Mutterstern, sein Abstand zum Stern liegt bei nur zwei Prozent des Abstands Erde-Sonne. Ein „Jahr” würde daher auf diesem Planeten nur 1,18 Erdentage dauern. „Dieses Objekt bewirkt bei dem Stern eine Wackelbewegung von gerade mal drei Kilometern pro Stunde – langsamer also als ein Fußgänger. Das ist nur sehr schwer nachweisbar”, erklärt Teammitglied Damien Ségransan. Wenn sich seine Entdeckung bestätigt, wäre der Planet ein weiteres Beispiel für einen heißen Gesteinsplaneten ähnlich wie CoRoT-7b.
Kein Gasriese
Das neuentdeckte Planetensystem um HD 10180 ist in mehrerer Hinsicht einzigartig. So ist es in seinen innersten Bereichen mit mindestens fünf neptunartigen Planeten deutlich dichter bevölkert als das Sonnensystem. Um Vergleich zu den 15 bisher bekannten Exoplanetensystemen mit drei oder mehr Planeten, sind die neuentdeckten zudem deutlich massereicher. Zudem scheint keiner der Planeten ein Gasriese wie Jupiter oder Saturn zu sein. Alle Planeten scheinen außerdem nahezu kreisförmige Umlaufbahnen zu haben, nicht leicht exzentrische wie im Sonnensystem.
Planetenabstände folgen regelmäßigem Muster
Die Abfolge der Planeten im System um HD 10180 scheint einem regelmäßen Muster zu folgen. Mit ihrer Hilfe und ergänzt durch Daten anderer Exoplanetensysteme konnte die Astronomen nun eine Formel für diese Abstände herleiten. Sie trägt auch dazu bei, die Staffelung der Planeten im Sonnensystem besser zu verstehen. In unserem Sonnensystem wurde das Muster der Planetenfolge früher von der sogenannten Titius-Bodeschen Regel beschrieben. Diese einfache Abstandsregel für die äußeren Planeten geht davon aus, dass jeder Planet etwa doppelt so weit von der Sonne entfernt ist wie der vorherige. Diese Titius-Bodesche Regel konnte die Umlaufbahnen des Uranus und des Zwergplaneten Ceres korrekt vorhersagen, scheiterte aber beim Abstand des Neptun.
Bestätigung existierender Modelle
Die Untersuchung dieses Planetensystems bestätigte zudem, dass es eine Beziehung zwischen der Gesamtmasse des Planetensystems und der Masse und der chemischen Zusammensetzung des Muttersterns gibt. Alle massereichen Planetensysteme befinden sich normalerweise bei massereichen und metallreichen Sternen, während die vier leichtesten Planetensysteme bei masseärmeren und metallarmen Sternen gefunden wurden. Die aktuelle Entdeckung bestätigt damit die derzeit gängigen theoretischen Modelle.
„Dieser bemerkenswerte Fund macht deutlich, dass wir inzwischen in einer neuen Ära der Exoplanetenforschung angekommen sind: Es geht nicht mehr nur um einzelne Planeten, sondern um ganze Planetensysteme, deren Untersuchung viel komplizierter ist“, erklärt Lovis. „Die Bewegungen der Planeten in dem neu entdeckten System zeigen, dass es komplexe, schwerkraftbedingte Wechselwirkungen gibt und gewähren uns damit einen Einblick darauf, wie sich dieses Planetensystem
langfristig entwickeln wird.”
(ESO, 25.08.2010 – NPO)