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Astronomie

Erstes Quasarpaar aus der kosmischen Morgendämmerung

Astronomen entdecken frühestes Paar aktiver Schwarzer Löcher kurz vor ihrer Kollision

Quasarpaar
Astronomen haben das frühste Paar verschmelzender Quasare entdeckt. Die beiden kurz vor der Kollision stehenden Schwarzen Löcher existierten schon 900 Millionen Jahre nach dem Urknall. © International Gemini Observatory/ NOIRLab/NSF/AURA, M. Garlick

Kosmische Kollision: Astronomen haben das bisher fernste und früheste Paar verschmelzender Quasare entdeckt – sie existierten schon rund 900 Millionen Jahre nach dem Urknall. Es ist der erste Nachweis einer solchen Quasarkollision aus der Epoche der kosmischen Morgendämmerung. Die beiden aktiven Schwarzen Löcher sind jeweils rund 100 Millionen Sonnenmassen schwer und sitzen im Herzen zweier miteinander verschmelzender Galaxien. Ihre Entdeckung liefert nun wichtige Informationen darüber, wie oft solche Kollisionen im frühen Kosmos stattfanden.

Quasare sind die hellsten Objekte im Kosmos – selbst über Milliarden Lichtjahre hinweg ist die energiereiche Strahlung dieser aktiven Galaxienkerne sichtbar. Sie belegt, dass es schon in der Frühzeit des Kosmos erstaunlich massereiche Schwarze Löcher gab. Der Theorie nach konnten diese nur deshalb so schnell heranwachsen, weil sie immer wieder miteinander kollidierten und verschmolzen. „Quasare mit starker Rotverschiebung sind daher wichtige und einzigartige Indikatoren aus dieser Epoche der Reionisierung„, erklären Yoshiki Matsuoka von der Universität von Ehime in Japan und seine Kollegen.

Solche frühen Quasare können verraten, wie hoch die Galaxiendichte in dieser Zeit der kosmischen Morgendämmerung war und wie schnell die supermassereichen Schwarzen Löcher in ihren Zentren heranwuchsen.

Quasarpaar C1 und C2
Diese Aufnahmen des Subaro-Teleskops zeigt die beiden stark rotverschobenen Lichtpunkte. © NOIRLab/NSF/AURA/T.A. Rector (University of Alaska Anchorage/NSF NOIRLab), D. de Martin (NSF NOIRLab) & M. Zamani (NSF NOIRLab)

Zwei rote Lichtpunkte

Doch wie oft solche Verschmelzungen aktiver supermassereicher Schwarzer Löcher in den ersten knapp eine Milliarde Jahren nach dem Urknall stattfanden, ist unklar. Zwar haben Astronomen schon rund 300 Quasare aus dieser Epoche der Reionisierung entdeckt – aber noch kein miteinander verschmelzendes Quasarpaar. Das bisher älteste bekannte Paar stammte aus der Zeit knapp drei Milliarden Jahre nach dem Urknall – und existierte damit lange nach Ende der kosmischen Morgendämmerung.

Jetzt haben Matsuoka und sein Team erstmals ein miteinander verschmelzendes Paar von Quasaren aus der frühesten Ära des Kosmos entdeckt. „Die Entdeckung war reiner Zufall“, berichtet der Astronom. „Als ich Aufnahmen von Quasar-Kandidaten vom Subaru-Teleskop durchsah, bemerkte ich zwei extrem rote, fast gleich aussehende Lichtpunkte direkt nebeneinander.“ Die starke Rotverschiebung beider Objekte sprach dafür, dass es sich um weit von uns entfernte, helle Strahlungsquellen handeln musste – möglicherweise um Quasare.

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900 Millionen Jahre nach dem Urknall

Doch wie weit weg waren diese beiden Objekte? Um das herauszufinden, nahmen die Astronomen die schwachen Lichtpunkte mit dem hochauflösenden Infrarotspektrometer des Gemini-North-Teleskops auf Hawaii ins Visier. Das Ergebnis: Beide Objekte zeigten Spektrallinien, die die für Quasare typischen Signaturen aufwiesen – und eine Rotverschiebung von z = 6,053. Damit existierten diese aktiven Schwarzen Löcher schon rund 900 Millionen Jahre nach dem Urknall – noch in der Epoche der kosmischen Morgendämmerung.

Noch spannender jedoch: Die Spektraldaten belegten auch, dass der Abstand zwischen den beiden Quasaren nur rund 39.100 Lichtjahre beträgt – für supermassereiche Schwarze Löcher ist das fast schon auf Tuchfühlung. So nahe kommen sie sich normalerweise nur, wenn ihre Wirtsgalaxien miteinander verschmelzen. Zudem detektierten die Astronomen zwischen den beiden Quasaren eine schwach leuchtende, brückenähnliche Struktur.

„Die Tatsache, dass diese Struktur nur in dem Gebiet zwischen den Quasaren C1 und C2 sichtbar ist, liefert uns ein starkes Indiz dafür, dass hier eine Verschmelzung im Gang ist“, berichten sie.

Früheste Kollision von Quasaren

Damit haben die Astronomen das bisher fernste Paar von auf eine Kollision zusteuernden Quasaren entdeckt. „Die Existenz von verschmelzenden Quasaren in der Epoche der Reionisierung wurde schon lange vorhergesagt. Jetzt haben wir dies erstmals nachgewiesen“, sagt Matsuoka. Anders als bei anderen Kandidaten für frühe Quasarpaare konnten er und sein Team ausschließen, dass es sich nur um eine durch den Gravitationslinseneffekt hervorgerufene Täuschung handelt. Dabei erscheinen die gelinsten Objekte durch die Ablenkung und Verzerrung des Lichts manchmal doppelt.

In einer ergänzenden Studie haben die Astronomen die beiden Quasare und die sie verbindende Brücke aus aufgeheiztem Material mit den Radioteleskopen des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) untersucht – und auch dies bestätigte, dass die beiden Quasare ein interagierendes Paar sind: „Es gibt einen stetigen Geschwindigkeitsgradienten in dieser Struktur, der für Gezeiteneffekte zwischen den beiden Quasaren spricht“, erklären die Forschenden.

Das erste Quasarpaar aus der Ära der kosmischen Morgendämmerung.© NOIRLab Astro

Was passiert nach der Verschmelzung?

Die Beobachtungen verrieten den Astronomen sogar, wie schwer die beiden aktiven Schwarzen Löcher sind und wie sich ihre Verschmelzung auswirken wird: Zum Zeitpunkt der Beobachtung – rund 900 Millionen Jahre nach dem Urknall – wogen die beiden Quasare jeweils rund 100 Millionen Sonnenmassen. Wenn sie miteinander kollidiert sind, entsteht nur ein größerer, heller Quasar. „Simulationen zufolge wird sich dieses Paar nach der Verschmelzung zu einem leuchtstarken Quasar von mehr als minus 26 Magnituden entwickeln“, berichten die Astronomen.

Die Verschmelzung der beiden Schwerkraftgiganten wird auch einen Schub der Sternbildung in ihrer Umgebung anstoßen. Weil das Umfeld beider Schwarzer Löcher schon jetzt sehr gasreich ist, könnte die Galaxie durch die Kollision eine Sternbildungsrate von mehr als 1.000 Sonnenmassen pro Jahr erreichen, wie das Team ermittelte. „Damit wäre dies eine der extremsten Populationen des frühen Universums“, so die Astronomen. (Astrophysical Journal Letters, 2024; doi: 10.3847/2041-8213/ad35c7; Preprint, accepted, arXiV, doi: 10.48550/arXiv.2405.02468)

Quelle: National Optical-Infrared Astronomy Research Laboratory (NOIRLab)

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