(Update): Am 21. Februar 2024 gegen 18:00 Uhr unserer Zeit ist der rund 2,5 Tonnen schwere Erdbeobachtungssatellit ERS-2 in die Erdatmosphäre eingetreten und verglüht. Wie von der europäischen Weltraumagentur ESA vorhergesagt ging der massive Satellit über dem Ozean nieder. ERS-2 beendete seieen unkontrollierten Wiedereintritt über dem Nordpazifik, ohne dass Trümmerteile Schäden verursachten.
Auch Satelliten leben nicht ewig: Ihre Betriebszeit endet nach einigen Jahren bis Jahrzehnten, oft führen jedoch technische Defekte oder Kollisionen zum vorzeitigen Ende der Missionen. Und was dann mit dem Weltraumschrott? Funktionieren die Satelliten noch, wird ihre Flughöhe gezielt soweit abgesenkt, bis sie kontrolliert in die Atmosphäre eintreten und – idealerweise über dem Ozean – verglühen.
Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Satelliten diesen letzten Flug unkontrolliert absolvieren müssen, weil sie defekt sind oder keinen Treibstoff mehr haben. Dann sind Zeit und Ort des Wiedereintritts im Vorhinein nicht genau bestimmbar, weil das Weltraumwetter in Form der Sonnenaktivität das Absinktempo und die Bahn des Weltraumschrotts beeinflusst.
13 Jahre allmählichen Absinkens
Genau das ist auch beim ERS-2 Satelliten der europäischen Weltraumagentur ESA der Fall. Der 1995 in Betrieb genommene Erdbeobachtungssatellit war 16 Jahre lang im niedrigen Erdorbit aktiv und lieferte mit seiner umfangreichen Suite an wissenschaftlichen Instrumenten wertvolle und für damalige Zeit revolutionär präzise Daten zur Topografie der Erdoberfläche, zum Verhalten von Eisflächen und Ozeanen und zum Wetter. 2011 – weit später als ursprünglich geplant – beendete die ESA die ERS-2-Mission.
Um zu verhindern, dass der 2,5 Tonnen schwere Satellit nach dem Abschalten unkontrolliert im dicht besetzten Erdorbit kreist, führte die ESA im Sommer 2011 eine Serie von 66 gezielten Absenkmanövern aus, durch die Flughöhe von ERS-2 von 785 bis auf 573 Kilometer abgesenkt wurde. Anschließend wurden alle elektronischen Systeme deaktiviert und die Batterien des Satelliten entladen. „Dies verringert das Risiko einer Fehlfunktion, die den Satelliten noch in den von aktiven Satelliten genutzte Flughöhen zerbrechen lässt“, erklärt die ESA.
Seitdem war ERS-2 nicht mehr kontrollierbar und sank 13 Jahre lang in einer spiraligen Flugbahn immer tiefer. „Die einzige Kraft, die dieses Absinken kontrolliert, ist die atmosphärische Reibung, die von der Sonnenaktivität beeinflusst wird“, so die Weltraumagentur.
Wie riskant ist der Wiedereintritt?
Jetzt hat der ERS-2-Satellit den Bereich in rund 80 Kilometer Höhe erreicht, an dem er in den dichteren Bereich der Erdatmosphäre eintritt. Durch die zunehmende Reibung der Atmosphäre wird er stark abgebremst, aufgeheizt und beginnt zu verglühen. Aktuellen Prognosen zufolge wird dieser Wiedereintritt am Mittwoch, dem 21. Februar, gegen 13:10 Uhr unserer Zeit erfolgen. Allerdings besteht noch immer eine Unsicherheit von mehreren Stunden.
„ERS-2 wird rund 80 Kilometer über der Erdoberfläche in Teile zerbrechen und die große Mehrheit dieser Trümmer wird in der Atmosphäre verglühen„, erklärt die ESA. „Einige Fragmente könnten jedoch die Erdoberfläche erreichen, höchstwahrscheinlich fallen diese in den Ozean.“ Ob das wirklich so ist und wo genau die Trümmer niedergehen, ist jedoch unklar. Das Risiko, von einem Stück Weltraumschrott getroffen zu werden, beziffert die Weltraumagentur auf weniger als eins zu 100 Milliarden. Das sei 65.000-mal geringer als das Risiko, von einem Blitz getroffen zu werden.
Udate: Der Wiedereintritt ist wie erhofft über dem Nordpazifik erfolgt. Dadurch kam niemand zu Schaden.
Wie unkontrollierte Abstürze künftig vermieden werden sollen
Der unkontrollierte Absturz von ERS-2 ist seinem hohen Alter geschuldet: Zum Zeitpunkt seines Starts im Jahr 1995 gab es noch kaum Bemühungen oder Regelungen, um Weltraumschrott und solche Ereignisse zu vermeiden. Das hat sich jedoch geändert: Inzwischen kreisen Millionen größere und kleinere Weltraumschrott-Teile in der Erdumlaufbahn – von defekten Satelliten über ausgebrannte Raketen-Oberstufen bis zu winzigen Trümmerteilchen, wie sie bei Satellitenkollisionen oder Explosionen im Orbit entstehen.
Dieser Weltraumschrott wird zu einer immer größeren Gefahr für Satelliten und auch Raumfahrtmissionen. Deshalb haben sich einige Weltraumagenturen eine Selbstverpflichtung geeinigt, ausgediente Satelliten möglichst schnell und kontrolliert aus dem Orbit zu entfernen – beispielsweise durch kontrollierten Wiedereintritt oder, im Fall von geostationären Satelliten, durch das Parken in einem „Friedhofsorbit“. Doch nicht alle Weltraumnationen halten sich daran, darunter China und Russland.
Zusätzlich werden Technologien erforscht, mit denen Satelliten künftig schneller abgesenkt werden können, beispielsweise durch spezielle Bremssegel. Auch Methoden, mit denen Weltraumschrott aktiv aus der Erdumlaufbahn entfernt werden kann, darunter robotische „Einfangmissionen„, werden erprobt.
Quelle: European Space Agency (ESA)