Astronomie

Exoplanet mit dem exzentrischsten Orbit entdeckt

Gasriese pendelt wie ein Komet zwischen eisiger Kälte und extremer Sternenhitze

Im stellaren Glutofen: Der Gasriese HD 20782b passiert seinen Stern regelmäßig in nur 0,06 astronomischen Einheiten - das ist extrem nah. © NASA

Orbit wie ein Komet: Astronomen haben einen Exoplaneten entdeckt, dessen Umlaufbahn exzentrischer ist als alle bisher im Weltall bekannten. Der 117 Lichtjahre von uns entfernte Gasriese umkreist seinen Stern in einer flach-elliptischen Bahn, die ihn zwischen extremer Sternennähe und den eisigen Außenwelten seines Systems pendeln lässt. Wie dieser Planet eine so extrem Bahn bekam, ist bisher jedoch unklar.

In unserem Sonnensystem kreisen fast alle Planeten und Monde auf fast kreisrunden, nur leicht elliptischen Bahnen. Die Kombination aus Schwerkraft und Fliehkräften prägt diesen typischen Orbit. Doch das ist nicht überall so: „Eine der frühesten Überraschungen war die Entdeckung von Exoplaneten in stark exzentrischen Orbits, für die es kein Analog im Sonnensystem gibt“, erklären Stephen Kane von der San Francisco State University und seine Kollegen.

Extrem exzentrisch

Der extremste unter diesen „Exzentrikern“ ist HD 20782 b, ein Gasriese von etwa der doppelten Jupitermasse, der rund 117 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Der Exoplanet benötigt für einen Umlauf um seinen Stern 597 Tage, wie Beobachtungen mit der Transitmethode ergaben. Dabei registrieren Astronomen das leichte Abdimmen des Sternenlichts, das der Planet bei der Passage vor diesem verursacht.

Kane und seine Kollegen haben nun den Orbit dieses Gasriesen genauer vermessen – und Überraschendes entdeckt. Der Planet bewegt sich demnach auf einer extrem flachen elliptischen und langgezogenen Umlaufbahn. Seine Exzentrizität liegt bei 0,96. Zum Vergleich: Die des fast kreisförmigen Orbits der Erde liegt bei 0,017. „Er ist damit der extremste Fall aller bekannten exzentrischen Umlaufbahnen“, so die Astronomen.

Die exzentrische Umlaufbahn von HD 20782b, übertragen auf unser Sonnensystem. © San Francisco State University

Wechselbad der Temperaturen

„Der Planet ist der zwar der Masse nach ein Jupiter, aber er schwingt um seinen Stern wie ein Komet“, erklärt Kane. Auf dem sternenfernsten Punkt seiner Bahn ist er 2,5 astronomische Einheiten von seinem Stern entfernt – zweieinhalb Mal die Entfernung Sonne-Erde. Am sternennächsten Punkt aber schrammt er in nur 0,06 astronomischen Einheiten an seinem Stern vorbei.

Das hat Folgen: „Wenn er seine nächste Näherung hat, wird er jedesmal von seinem Stern mit Hitze geflutet“, erklärt Kane. Doch die neuen Beobachtungen der Forscher sprechen dafür, dass die Atmosphäre des Gasriesen diese Passage durch den stellaren Glutofen offenbar relativ unbeschadet übersteht. Die hohe Reflektivität der Planetenhülle spricht sogar dafür, dass er ähnlich wie der Jupiter eine dichte, helle Wolkendecke besitzt.

Trotz des regelmäßigen Hitzebades scheint der Gasriese demnach Eiswolken zu besitzen. „Die Zeit, die der Planet benötigt, um an seinem Stern vorbei zu ziehen, ist zu kurz, um alle eisigen Partikel aus der Atmosphäre zu entfernern“, sagt Kane. „Deshalb bleibt die Atmosphäre so reflektierend.“ Woraus die Gashülle dieses Planeten besteht, ist bisher allerdings unbekannt.

Fast-Kollision oder Sternen-Effekt?

Bleibt die Frage, wie HD 20782 b in diesen extrem exzentrischen Orbit gelangte. Denn nach gängiger Theorie sollten Planeten bei ihrer Entstehung aus einer Akkretionsscheibe eher zirkuläre Bahnen besitzen. Die Astronomen vermuten, dass ein katastrophales Ereignis den Gasriesen aus einer früheren, weniger exzentrischen Bahn geworfen haben muss.

„Das ist wie bei einem Tatort: Man weiß, dass etwas Schlimmes passiert sein muss, aber muss nun herausfinden, was genau dies verursacht hat“, erklärt Kane. Im Fall von HD 20782 b könnte es ursprünglich mindestens einen weiteren Planeten im System gegeben haben. Eine Fast-Kollision könnte dann den zweiten Planeten komplett aus dem System geworfen und HD 20782 b auf seine jetzige, exzentrische Bahn gebracht haben.

Eine andere Erklärung könnte das Sternsystem liefern, zu dem HD 20782 b gehört. Denn sein Zentralstern ist Teil eines Sternenpaares, das heute mindestens 9.000 astronomische Einheiten auseinander liegt. In der Vergangenheit könnte der zweite Stern jedoch kurzzeitig so nahe gekommen sein, dass seine Schwerkraft den Gasriesen aus der Bahn warf, wie die Astronomen erklären.

Welche bewegten Ereignisse den Gasriesen zu dem machten, was er heute ist, bleiben vorerst unklar. Die Astronomen hoffen aber, schon im September 2016 weitere Erkenntnisse gewinnen zu können – dann wandert der Planet erneut nah an seinem Stern vorbei und könnte mit Teleskopen dabei beobachtet werden. (Astrophysical Journal, in press; arXiv:1511.08679)

(San Francisco State University, 21.03.2016 – NPO)

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