Wolken aus Korund, Regen aus flüssigem Metall und extreme Stürme: Astronomen haben erstmals Einblicke in die Wetterprozesse auf einem planetaren Exoten erhalten – dem heißen Jupiter WASP-121b. Dieser Exoplanet ist seinem Stern so nahe, dass selbst seine Nachtseite noch 1.500 Grad heiß ist. Dort bilden sich Wolken aus geschmolzenen Tröpfchen von Korund und Perowskit, außerdem regnet es glutflüssiges Metall, wie das Team in „Nature Astronomy“ berichtet.
Heiße Jupiter gehören zu den Extremisten unter den Exoplaneten: Diese Gasriesen umkreisen ihre Sterne so nahe, dass ihre Atmosphäre auf der Tagseite mehrere tausend Grad heiß wird. Unter diesen Bedingungen werden Moleküle zerrissen und selbst Metalle gasförmig. Einige dieser Höllenplaneten sind sogar so heiß, dass sie von selbst leuchten. Die Nachtseite dieser Planeten ist hingegen deutlich kühler. Dennoch reicht selbst dort die Hitze noch aus, um Regen aus flüssigem Eisen und Schnee aus Titandioxid zu erzeugen.
Bisher jedoch lieferten Beobachtungen solcher heißer Jupiter immer nur grobe Momentaufnahmen ihrer Gashülle und der darin herrschenden Bedingungen.
Erster Blick auf Tag- und Nachtseite
Jetzt ist es Astronomen um Thomas Mikal-Evans vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg erstmals gelungen, ein vollständigeres Bild des Wetters auf einem solchen heißen Jupiter zu gewinnen. Im Visier des Teams stand der 855 Lichtjahre entfernte Exoplanet WASP-121b, ein heißer Gasriese, der rund doppelt so groß ist wie unser Jupiter. Mit einer Umlaufzeit von 30,6 Stunden umkreist der Planet seinen Stern extrem nah und kehrt ihm dabei immer dieselbe Seite zu.
„Um die gesamte Oberfläche von WASP-121b zu untersuchen, haben wir mit Hubble Spektren während zweier kompletter Planetenumläufe aufgenommen“, erklärt Koautor David Sing von der Johns Hopkins University in Baltimore. Dies ermöglichte es dem Team, die Zusammensetzung der oberen Atmosphäre und ihre Temperatur sowohl auf der Tagseite wie auf der Nachtseite zu kartieren. Dadurch ergibt sich erstmals ein umfassendes Bild davon, wie die Gashülle eines solchen Exoplaneten als globales System funktioniert.
Wolken aus Edelsteinen und Metallen
Die spektralen Analysen enthüllten: Auf der Tagseite wird WASP-121b mehr als 2.700 Grad heiß. Dies ist heiß genug, um selbst Wassermoleküle auseinanderzureißen und Metalle verdampfen zu lassen. Auf der Nachtseite hingegen sinken die Temperaturen bis auf gut 1.200 Grad ab. „Dies ist kühl genug, um Eisen, Vanadium, Calcium und Magnesium auszukondensieren“, berichten die Astronomen. Diese Metalle bilden demnach glühende Tröpfchen, die teils in der Schwebe bleiben, teils als Regen fallen.
Doch es gibt noch weitere exotische Wolken auf der Nachtseite dieses Planeten: Aus den Spektraldaten geht hervor, dass sich dort auch Tröpfchen aus Mineralen wie Peroswkit (CaTiO3) , Forsterit (Mg2Si3) und Korund (Al2O3) bilden – Korund ist das Mineral, aus dem Rubine und Saphire bestehen. Auch diese „flüssigen Edelsteine“ bilden auf dem heißen Gasriesen Wolken und regnen nachts vom Himmel.
Die Beobachtungen zeigten auch, dass die auf der Tagseite auseinandergerissenen Wassermoleküle sich auf der Nachtseite wieder zusammenfinden und Wasserdampf bilden.
Stürme treiben Metall und Co um den Planeten
Doch diese nächtliche Wolkenbildung ist keine Einbahnstraße: Während einige Modelle nahelegen, dass kondensierte Metalle auf der Nachtseite in tiefere Regionen abregnen und damit aus der oberen Gashülle verschwinden, zeigten die Spektraldaten von WASP-121b etwas Anderes: Am Übergang von der Nacht- zur Tagseite sind noch genügend metallische Schwebtröpfchen in der oberen Atmosphäre vorhanden, um dort wieder zu verdampfen.
Eine Erklärung dafür könnten die starken Winde auf dem heißen Exoplaneten sein: Das enorme Temperaturgefälle zwischen Tag- und Nachtseite lässt Stürme mit mehr als fünf Kilometer pro Sekunde um den Planeten rasen – das entspricht 18.000 Kilometern pro Stunde. „Diese Winde sind damit weit schneller als unser Jetstream und könnte die Wolken in nur 20 Stunden einmal um den gesamten Planeten treiben“, sagt Koautor Tansu Daylan vom Massachusetts Institute of Technology (MIT).
Diese rasenden Winde könnten die flüssigen Metall- und Edelsteintröpfchen von der Nachtseite auf die Tagseite treiben, bevor sie komplett ausregnen. Auf der Tagseite verdampfen diese Metalle dann wieder und werden gasförmig. Umgekehrt treiben die Stürme Wasserstoff- und Sauerstoffatome auf die Nachtseite, wo sie sich zu Wasser rekombinieren.
Meteorologie einer extremen Welt
„Damit bekommen wir erstmals eine globale Sicht auf die Meteorologie eines Exoplaneten“, sagt Mikal-Evans. Bei den heißen Jupitern sorgen die extremen Kontraste von Tag- und Nachtseite allerdings für weit extremere und exotischere Wetterbedingungen, als wir sie von den Planeten in unserem Sonnensystem kennen.
Die Astronomen hoffen, dass Beobachtungen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop demnächst mehr über die Atmosphäre und das Wetter auf WASP-121b verraten werden. Es ist bereits geplant, diesen Exoplaneten noch im ersten Betriebsjahr des neuen Teleskops ins Visier zu nehmen. Seine Infrarotoptiken könnten auch mehr Informationen darüber liefern, wie tiefere Schichten der planetaren Gashülle beschaffen sind und wie schnell die Winde dort wehen. (Nature Astronomy, 2022; doi: 10.1038/s41550-021-01592-w)
Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie, Massachusetts Institute of Technology