Mehr Kern als Rest: Astronomen haben in nur 31 Lichtjahren Entfernung einen in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlichen Exoplaneten entdeckt. Denn der gut marsgroße Gesteinsplanet GJ 367b ist einer der leichtesten und kleinsten bisher bekannten Planeten. Gleichzeitig aber ist sein Kern vergleichsweise riesig: Er nimmt mehr als 80 Prozent seines Inneren ein. Damit besteht der Exoplanet zum größten Teil aus Eisen. Wie es dazu kam und warum der eisenreiche Winzling so nah an seinem Stern kreist, ist offen.
Je größer und schwerer ein Exoplanet ist, desto besser ist er mit den gängigen Methoden der Astronomie aufzuspüren. Denn dann erzeugt der Planet beim Vorbeiziehen vor seinem Stern eine gut erkennbare Senke in der Lichtkurve, außerdem verursacht seine Schwerkraftwirkung ein charakteristisches Taumeln des Muttersterns. Bei Exoplaneten von Erdgröße oder sogar noch kleineren Objekten sind diese verräterischen Signale dagegen nur schwer eindeutig auszumachen.
Erst 2011 haben Astronomen daher die erste Sub-Erde entdeckt – einen Exoplaneten, der kleiner ist als die Erde. 2013 folgte mit Kepler-37b ein Winzling, der sogar noch kleiner ist als der Merkur.
Halb so schwer wie die Erde und nur marsgroß
Einen weiteren Vertreter dieser planetaren Zwerge haben nun Astronomen um Kristine Lam von der Technischen Universität Berlin entdeckt. Sie waren einem möglichen Planetensignal nachgegangen, der vom TESS-Weltraumteleskop detektiert worden war. Die Lichtkurve des rund 31 Lichtjahre entfernten Roten Zwergs GJ 367 zeigte periodische Abdunklungen. Das Team analysierte diese Daten näher und führte ergänzende Beobachtungen mit dem HARPS-Spektrografen der Europäischen Südsternwarte in Chile durch.
Das Ergebnis: Der nahe Rote Zwerg hat tatsächlich einen Planeten. Dieser GJ 367b getaufte Planet ist mit rund 9.000 Kilometer Durchmesser kaum größer als der Mars und gehört damit zu den wenigen bisher bekannten Sub-Erden. Außerdem hat er nur 55 Prozent der Erdmasse und ist damit einer der leichtesten bisher bekannten Explaneten. „Aus der präzisen Bestimmung von Radius und Masse schließen wir, dass GJ 367b ein Gesteinsplanet sein muss“, sagt Lam.
Sehr schnell und höllisch heiß
Allerdings: Der kleine Planet kreist so nah um seinen Stern, dass sein Klima alles andere als erdähnlich ist. GJ 367b benötigt nur 0,32 Tage für einen Umlauf und bekommt 576-mal so viel Strahlung von seinem Stern ab wie die Erde. Als Folge liegen die Temperaturen auf seiner Tagseite bei fast 1.500 Grad Celsius. „Das ist heiß genug, um Silikate und metallisches Eisen zu schmelzen oder zu verdampfen“, erklären die Astronomen.
Die nahe Sub-Erde gehört damit zu einer weiteren seltenen Gruppe von Exoplaneten, den sogenannten ultrakurzperiodischen Planeten (USP). „Wir kennen bisher ein paar davon, aber ihre Ursprünge sind noch unbekannt“, erklärt Lam. „Indem wir die grundlegenden Eigenschaften dieses neuen USP-Planeten messen, können wir einen ersten Einblick in die Bildung solcher Systeme und ihrer Geschichte bekommen.“
Mehr Eisen als Gestein
Noch ungewöhnlicher an GJ 367 ist allerdings sein Innenleben: Seine Dichte ist mit 8,1 Gramm pro Kubikzentimeter deutlich höher als bei anderen Exoplaneten ähnlicher Größe. „Die hohe Dichte deutet darauf hin, dass dieser Planet von einem Eisenkern dominiert wird“, erklärt Lams Kollege Szilard Csizmadia. Den Berechnungen des Teams zufolge könnte dieser Metallkern gut 85 Prozent des Planetenradius‘ einnehmen.
Damit besteht diese kleine, heiße Gesteinswelt zum größten Teil aus Eisen. „Darin ähnelt er dem Merkur, dessen überproportional großer Eisen- und Nickel-Kern ihn von allen anderen terrestrischen Himmelskörpern des Sonnensystems unterscheidet“, sagt Csizmadia. Im Falle des Merkur vermuten Astronomen, dass eine urzeitliche Kollision dem Planeten einen Großteil seines steinernen Mantels entrissen hat. Warum auch GJ 367b einen so vergleichsweise riesigen Eisenkern hat, wie er entstanden ist und weshalb er so nahe an seinem Stern kreist, ist aber bislang ungeklärt. (Science, 2021; doi: 10.1126/science.aay3253)
Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)