Astronomie

Exotisches Sechsfach-Sternsystem entdeckt

System besteht aus drei sich wechselseitig verdeckenden Sternenpaaren

Sechsfach-Sternsystem
Astronomen haben ein Sternsystem aus drei einander umkreisenden Doppelsternen entdeckt – eine echte Seltenheit (Kollage).© NASA/GSFC, Chris Smith

Kosmische Rarität: Astronomen haben ein Mehrfach-Sternsystem entdeckt, wie es so noch nie zuvor beobachtet wurde. Es handelt sich um sechs Sterne, die einander in drei Paaren umkreisen. Jedes Doppelsternpaar ist zudem so ausgerichtet, dass sich die Sterne von uns aus gesehen wechselseitig verdecken. Damit ist das 1.900 Lichtjahre entfernte System TIC 168789840 das erste Sechssternsystem aus drei sich gegenseitig verfinsternden Doppelsternen.

Die meisten Sterne sind keine Einzelgänger, sondern werden als Teil eines Mehrfach-Sternsystems geboren – auch unsere Sonne hatte vermutlich einst eine stellare Schwester. Astronomen schätzen, dass rund ein Drittel aller Sterne Doppel- oder Dreifachsterne sind. Deutlich seltener, weil oft instabiler, sind dagegen Systeme, die aus fünf Sternen oder sogar noch mehr gravitativ gebundenen Partnern bestehen. Sie bestehen dann meist aus mehreren Trios oder Doppelsternen.

Eines unter 80 Millionen

Eine echte Seltenheit haben nun Astronomen um Brian Powell vom Goddard Space Flight Center der NASA entdeckt. Für ihre Studie hatten sie Daten des TESS-Weltraumteleskops TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite) mithilfe eines Supercomputers nach Sternen durchsucht, die ihre Helligkeit periodisch ändern. Ziel war es, unter den rund 80 Millionen durchmusterten Sternen Mehrfachsysteme aus sich gegenseitig verdeckenden Sternenpaaren zu finden.

Tatsächlich spürte die Analysesoftware mehr als 100 Sternsysteme aus drei oder mehr Sternen auf. Eines dieser Systeme, das rund 1.900 Lichtjahre entfernte Mehrfachsystem TIC 168789840 (TYC 7037-89-1), erwies sich jedoch als besondere Rarität. Denn das periodische Abdimmen der Lichtkurven lässt darauf schließen, dass dort gleich sechs Sterne umeinanderkreisen, wie die Forscher berichten.

Sechs Sterne in drei Paaren

Allein dies ist schon rar: „Vor der Entdeckung von TIC 168789840 gab es nur 17 bekannte Sechsfach-Sternsysteme“, berichten Powell und sein Team. Das neuentdeckte System besteht aus zwei inneren Sternenpaaren A und C, die einander im Verlauf von rund vier Jahren umkreisen. Innerhalb dieser Doppelsysteme benötigen die Sternenpartner nur rund eineinhalb Tage für einen Umlauf.

TIC 168789840
Konfiguration des Sechsfach-Sternsystems TIC 168789840. © NASA Goddard Space Flight Center

Um dieses innere Sternenquartett kreist ein weiteres Doppelsternsystem. Dieses liegt weiter entfernt und benötigt rund 2.000 Jahre für einen Umlauf um die inneren beiden Paare. Mit dieser Anordnung aus drei sich umkreisenden Paaren ähnelt das TIC 168789840 einem mit bloßem Auge am Himmel sichtbaren Sechsfach-Sternsystem im Sternbild Zwillinge: Castor, der „rechte“ Kopf der Zwillinge, besteht ebenfalls aus drei Sternenpaaren.

Tanz der Eklipsen

Doch selbst unter den seltenen Sechsfachsystemen ist TIC 168789840 etwas Besonderes. Denn es ist das erste Sternsystem dieser Art, bei dem alle drei Sternenpaare sichtbare Transits zeigen. Die Doppelsterne sind so ausgerichtet, dass die beiden Partnersterne von uns aus gesehen voreinander vorbeiziehen und sich wechselseitig verdecken. „Damit ist TIC 168789840 das erste bekannte Sechsfachsystem aus drei sich verfinsternden Doppelsternen“, konstatieren Powell und sein Team.

Diese wechselseitigen Transits ermöglichten es den Astronomen, die Eigenschaften der sechs Sterne näher zu bestimmen – und prompt enthüllte dies eine dritte Besonderheit von TIC 168789840: „Die drei Doppelsternsysteme sind praktisch Drillinge“, berichten die Forscher. Denn alle drei bestehen jeweils aus einem sonnenähnlichen Stern mit 1,2 bis 1,7 Sonnenmassen und einem kleineren, kühleren Partner mit etwa der halben Sonnenmasse.

Wie ist dieses Sextett entstanden?

Diese Übereinstimmung weckt die Frage, wie ein solches Sechsfach-Sternsystem entstehen konnte. Die Astronomen vermuten, dass am Anfang ein Paar von zwei Protosternen in einer Urwolke existierte – den heutigen Hauptsternen der Paare A und C. Dieses Ensemble fing durch seine Schwerkraft einen dritten Jungstern ein – den heutigen Hauptstern des äußeren B-Paars.

Die damit verknüpften Schwerkraftturbulenzen führten dann zu einem Kollaps der restlichen Gaswolke und ließen drei kleine Begleiter im Umfeld der drei Ausgangssterne entstehen. Dadurch entstand aus dem ursprünglichen Protosternpaar das enge Quartett und aus dem eingefangenen Stern das etwas weiter entfernte Doppelsystem B.

„Dieses Szenario ist zwar noch spekulativ, es erklärt aber, wie das innere, sich periodisch verdeckende Quartett AC entstehen konnte und warum das äußere Paar auf der gleichen Ebene kreist“, schreiben Powell und sein Team. (The Astronomical Journal, accepted, Preprint: arXiv:2101.03433)

Quelle: NASA

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Sterne - Wie das Licht in die Welt kommt von Harald Lesch und Jörn Müller

Sternentstehung - Vom Urknall bis zur Sonne von Ralf Klessen

Die Wunder des Nachthimmels - Alles über Sternbilder, Planeten und Galaxien von Bob Berman

Top-Clicks der Woche