Astronomie

Extremer Gammablitz widerspricht der Theorie

Normale Supernova kann ultralangen Strahlenausbruch nicht erklären

Durch Supernova entstendener Magnetar: War er die Triebkraft für den außergewöhnlichen Gammastrahlenausbruch? © ESO

Rätselhafter Blitz: Astronomen haben einen Gammastrahlenausbruch beobachtet, der nicht durch die gängige Theorie zu erklären ist. Er ist zu hell und lang, um durch eine normale Supernova entstanden zu sein. Stattdessen könnte ein Magnetar am Strahlenausbruch beteiligt sein – ein extrem schnell rotierender, magnetisierter Neutronenstern, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Gammastrahlenausbrüche (GRB) gehören zu den energiereichsten Phänomenen des Universums – und zu denjenigen, die den Astronomen noch immer Rätsel aufgeben. So beobachteten Astronomen im Mai 2014 einen Gammablitz, dessen Nachglühen den etablierten Theorien zu widersprechen schien. Wenig später entdeckten sie einen anderen Ausbruch, dessen Licht zu wenig Gassignaturen enthielt, um von der Explosion eines massereichen Sterns zu stammen – doch das ist die gängige Erklärung für die besonders langanhaltenden Gammablitze.

„Bislang sind wir immer davon ausgegangen, dass diese GRBs von sehr massereichen Sternen – mit etwa dem 50-fachen der Sonnenmasse – stammen und dass sie die Entstehung eines Schwarzen Lochs signalisieren“, erklärt Erstautor Jochen Greiner vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching. Der Theorie nach kollabiert ein solcher massereicher Stern und weil im Inneren dieses Kollapsars radioaktives Nickel-56 zerfällt, sendet der Stern noch wochenlang optische und infrarote Strahlung aus.

Extrem heller und langer Blitz

Doch am 09. Dezember 2011 registrierte der Swift-Satellit einen Gammastrahlenausbruch, der nicht in dieses Bild passt. GRB 111209A strahlte mehr als eine halbe Stunde lang energiereiche Gammastrahlen aus und das Nachleuchten glühte mehr als 70 Tage lang. Es handelte sich dabei sowohl um einen der längsten als auch um einen der hellsten GRBs, die je beobachtet wurden. Zudem war der Anteil energiereicher UV-Strahlung im Nachglühen deutlich höher als normalerweise.

Die Lichtkurve von GRB111209A (blau) liegt oberhalb der klassischen Supernova-Strahlung der langen GRBs © Johan Fynbo/ NBI

Als das Nachleuchten abklang, suchten die Astronomen gezielt an der Strahlenquelle nach Spuren einer Supernova. Sie nahmen das Himmelgebiet dafür sowohl mit dem GROND-Instrument am 2,2-Meter-Teleskop der ESO auf La Silla als auch dem X-Shooter-Spektrografen des Very Large Telescope (VLT) auf dem Paranal ins Visier. Und wurden fündig: Sie entdeckten die weit entfernte Supernova SN 2011kl. Zum ersten Mal konnte man damit auch einen solchen ultralangen Gammablitz mit einer Supernova in Verbindung bringen.

Klassische Erklärung passt nicht

Aber das Licht, dass von den Supernova-Überresten ausging, passte nicht zum Kollaps eines massereichen Sterns. Zwar waren im Spektrum wie erwartet Signaturen von Nickel-56 zu erkennen, dessen Mengen passten jedoch nicht zur starken ultravioletten Strahlung, die SN 2011kl aussendete. Zudem war das Licht der Explosion 15 Mal heller als normalerweise bei der Supernova eines massereichen Sterns der Fall.

Magnetare sind schnellrotierende Neutronensterne mit einem extrem starken Magnetfeld. © NASA

„Der Fall von SN 2011kl/GRB 111209A zwingt uns, eine Alternative zu dem Szenario des Kollapsars in Erwägung zu ziehen“, sagt Greiner. Die Astronomen vermuten, dass der Gammablitz zwar durch einen massereichen Stern ausgelöst wurde. Doch dieser verwandelte sich dabei nicht in ein Schwarzes Loch, sondern in einem Magnetar – einen schnell rotierenden, stark magnetisierten Neutronenstern.

„Ein Magnetar hat ein magnetisches Feld, das eine Billion Mal stärker ist das das der Erde“, erklärt Johan Fynbo vom Niels Bohr Institut in Kopenhagen. „Weil diese bizarren Sterne gleichzeitig hunderte Mal pro Sekunde rotieren, erzeugt dies ein gigantisches Reservoir an Energie.“

Angeheizt durch extremes Magnetfeld

Nach Ansicht der Forscher könnte das schnell rotierende Magnetfeld dieses Magnetars dem Gammastrahlenausbuch und seinem Nachglühen zusätzliche Energie zugeführt haben. Das machte diesen Gammablitz so ungewöhnlich stark und langanhaltend. „Der Magnetar energetisiert die sich ausdehnenden Explosionsrelikte und das führt zu einer besonders hellen Supernova und einem extremen Ausbruch von Gammastrahlung“, so Fynbo.

Die neuen Beobachtungen liefern damit erstmals einen Beleg dafür, dass ultralange Gammastrahlenausbrüche, Supernovae und Magnetare miteinander in Verbindung stehen. „Diese Ergebnisse bringen uns einen großen Schritt weiter in Richtung eines neuen und klareren Bildes hinsichtlich der Funktionsweise von Gammastrahlenausbrüchen“, so Greiner. (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14579)

(Niels Bohr Institute/ Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik / ESO, 09.07.2015 – NPO)

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