Ein zweiter Exot: Astronomen haben erneut eine Quelle kosmischer Radioblitze entdeckt, die sich von fast allen bekannten Fast Radiobursts unterscheidet. Neben ganzen Serien ultrakurzer Pulse sendet sie eine anhaltende, schwache Radiostrahlung aus, wie das Team in „Nature“ berichtet. Dies wirft erneut die Frage auf, welche kosmische Objekte die Urheber solcher Radioblitze sein könnten – und ob womöglich zwei verschiedene Arten von Quellen dahinter stecken könnten.
Fast Radiobursts (FRB) gelten als eines der großen Rätsel der modernen Astronomie. Denn diese kosmischen Radiopulse dauern nur wenige Millisekunden, setzen dabei aber enorme Energien frei. Einige Urheber solcher FRBs sind extragalaktisch, andere liegen in unserer Milchstraße. Beobachtungen solcher galaktischen Radiopulse legen inzwischen nahe, dass diese und vielleicht auch alle anderen Radiopulse von Magnetaren stammen könnten, Neutronensternen mit eine starken Magnetfeld.
Unklar ist dann allerdings, warum einige dieser Radioburst-Quellen nur einmalig aufblitzen, andere dagegen immer wieder ganze Serien von Radiopulsen erzeugen. Einer dieser Wiederholungstäter, der 2016 entdeckte FRB 121102, verblüfft zudem durch eine Kombination ultrakurzer Pulse mit schwacher, aber anhaltender Radioemission.
Wiederholte Radioblitze und schwache Dauerstrahlung
Jetzt haben Astronomen eine weiteren Exoten unter den Radiobursts entdeckt. Eingefangen haben Chenhui Niu von den Nationalen Radioobservatorien in China und seine Kollegen die ersten dieser ultrakurzen Pulse im Mai 2019 mit den Antennen des FAST-Radioobservatoriums. Dieses detektierte zunächst vier Pulse in nur 24 Sekunden. Später wurden von der FRB 190520 getauften Quelle weitere 85 Pulse in einem Zeitfenster von rund 18,5 Stunden eingefangen.
FRB 190520 setzte jeweils ganze Serien von Radiobursts kurz hintereinander frei. Gleichzeitig jedoch registrierten die Astronomen parallel zu den Pulsen auch eine schwache, aber anhaltende Radioemission. Um den Ursprung dieser Radiostrahlung zu lokalisieren, visierte das Team die Herkunftsregion mit den Radioteleskopen des Very Large Array in den USA an und suchte zusätzlich mit dem Canada-France-Hawaii-Teleskop nach einem optischen Gegenstück der Radioquelle.
Kompakte Quelle in ferner Zwerggalaxie
Das Ergebnis: Die Quelle dieser ungewöhnlichen Radiopulse liegt am Rande einer rund drei Milliarden Lichtjahre entfernten Zwerggalaxie. Zudem muss es sich um ein relativ kompaktes Objekt handeln. Damit ähnelt die neuentdeckte Radiopuls-Quelle verblüffend den 2016 erstmals eingefangenen, wiederholten Radiopulsen von FRB 121102 – einem bisher einzigartigen Exoten unter den Fast Radiobursts.
„Mehr als ein Dutzend Quellen von Fast Radiobursts konnten vor FRB 190520 schon lokalisiert werden, darunter fünf Quellen wiederholter FRBs“, schreiben Niu und seine Kollegen. „Aber nur FRB 121102 wurde bisher mit einer kompakten, persistenten Quelle assoziiert.“ Damit kennen die Astronomen nun schon zwei Quellen wiederholter Radiobursts, die sich von allen anderen bekannten FRBs unterscheiden.
Nur eine oder mehrere Ursachen?
„Das wirft einige wichtige Fragen auf“, sagt Koautor Casey Law vom California Institute of Technology. „Sind die Ursachen dieser Wiederholer fundamental anders als die der einzelnen Radiobursts? Und was ist mit der persistenten Radioemission – ist sie eine Ausnahme oder häufig?“ Bisher können Astronomen nur darüber spekulieren, welche kosmischen Objekte die ultrakurzen Radiopulse erzeugen.
Aufgrund der Polarisierung und Streuung einiger FRBs gelten bisher Magnetare – Neutronensterne mit starken Magnetfeldern – als mögliche Urheber der FRBs. Allerdings gibt es auch einige besonders niederfrequente Fast Radiobursts, deren Merkmale nicht zu einer solchen Quelle passen. Aber auch ein Neutronenstern in der unmittelbaren Umgebung eines Schwarzen Lochs oder eines anderen Begleiters könnte die nötigen Energien produzieren.
Ein neugeborener Neutronenstern?
Die Streuungsraten der neuen Quelle FRB 190520 legen nun zusätzlich nahe, dass ihre Radiopulse aus einer Umgebung mit der bisher höchsten bei einem solchen Radioburst beobachteten Elektronendichte kommen, wie die Astronomen berichten. Das könnte darauf hindeuten, dass der Urheber dieser kosmischen Radioblitze von komplexen Plasmawolken umgeben ist, wie sie beispielsweise direkt nach einer besonders leuchtstarken Supernova entstehen.
Die Quelle von FRB 190520 könnte daher ein neugeborener Neutronenstern sein, der noch von den Resten seines Ursprungssterns und dessen Explosion umgeben ist, so die Vermutung von Niu und seine Kollegen. Sie hoffen, dass Entdeckungen weiterer Fast Radiobursts mehr Aufschluss auf die Ursachen dieser noch immer rätselhaften Phänomene geben. „Im Gebiet der FRBs bewegt sich zurzeit einiges und es werden fast monatlich neue Neudeckungen gemacht“, sagt Co-Autorin Sarah Burke-Spolaor von der West Virginia University. (Nature, 2022; doi: 10.1038/s41586-022-04755-5)
Quelle: National Radio Astronomy Observatory, Chinese Academy of Sciences