Relikte eines Feuerballs: Vor gut einer Woche raste ein rund einen Meter großer Asteroid in der Nähe von Berlin über den Himmel – jetzt wurden erste Fragmente dieses „Feuerballs“ gefunden. Es handelt sich um mehrere, etwa faust- bis walnussgroße Bruchstücke, die im Meteoriten-Streufeld westlich von Berlin entdeckt wurden. Ersten Analysen nach könnte es sich bei dem Himmelskörper um einen Vertreter der sehr seltenen Aubriten handeln – Asteroiden mit einem hohen Anteil des magnesiumreichen Minerals Enstatit.
Die meisten kleineren Meteoriten werden erst bei ihrem Eintritt in die Erdatmosphäre entdeckt, wie beispielsweise der Tscheljabinsk-Meteor im Februar 2013. Andere Meteor-Explosionen oder Einschläge werden sogar erst Jahrtausende nach dem Ereignis anhand ihrer Streufelder und Fragmente identifiziert. Nur in rund einer Handvoll Glücksfälle wurde ein herannahender Meteorit kurz vor seinem Eintritt in die Atmosphäre entdeckt, sodass seine Flugbahn und seine Zerstörung direkt mitverfolgt werden konnten.
Feuerball über Brandenburg und Berlin
Genau das war beim Asteroiden 2024 BX1 der Fall: Er wurde drei Stunden vor seinem Atmosphäreneintritt vom ungarischen Astronomen Krisztián Sárneczky entdeckt. Rund ein Dutzend Observatorien richteten daraufhin ihre Teleskope auf das herannahende, rund einen Meter große Objekt. Um 01.32 Uhr in der Nacht zum 21. Januar 2024 war es dann soweit: 2024 BX1 raste als Feuerball über den Himmel Brandenburgs und Berlins. Zahlreiche Kameras und Teleskope zeichneten seinen Flug auf.
Anhand des Feuerballs und der geringen Fluggeschwindigkeit vermuteten Astronomen schon kurz nach dem Ereignis, dass der Asteroid nicht komplett verglüht war. Fragmente von 2024 BX1 könnte demnach in einem Streufeld westlich von Berlin niedergegangen sein. Noch am Sonntag machten sich daher erste Wissenschaftler, aber auch kommerzielle Meteoritensucher auf den Weg dorthin – mit Erfolg.
Erste Meteoriten-Fragmente entdeckt
Am Freitag, 26. Januar, hat ein Team polnischer Meteoritensucher tatsächlich einen ersten Fund gemeldet. Sie entdeckten im Streufeld nahe Nauen ein in drei Teile zerbrochenes Meteoritenfragment von insgesamt 171 Gramm Gewicht. Eine dünne Schmelzkruste belegte, dass es sich um ein Meteoritenstück handelte. Allerdings war die Kruste nicht schwarz gefärbt, wie bei vielen zu den kohlenstoffhaltigen Chondriten gehörenden Meteoriten, sondern deutlich heller.
Via Carlos Augusto Di Pietro
The first meteorites from the asteroid 2024 BX1 (the Berlin fireball) that entered our atmosphere on January 20 were found. Fragments were located by Michał Nebelski, Kryspin Kmieciak and Kazimierz Magneto pic.twitter.com/cuo2pIx3W5
— Space Initiatives (@AsteroidEnergy) January 25, 2024
Schon dies deutete darauf hin, dass es sich bei dem Asteroiden 2024 BX1 nicht um einen der relativ häufigen Chondriten gehandelt hat. Dies bestätigten auch weitere Funde durch zwei ungarische Meteoritensucher sowie ein Team um Forschende des Museums für Naturkunde Berlin. Demnach könnte der Asteroid ein Vertreter der weit selteneren Achondrite gewesen sein, wie erste Untersuchungen der Fragmente nahelegten.
Solche Steinbrocken enthalten keine als Chondren bezeichneten Silikatkügelchen und stammen meist aus der Kruste oder dem Mantel großer, in Kern und Hülle ausdifferenzierter Asteroiden oder Zwergplaneten. Von den gut 80.000 bekannten Meteoritenfunden gehören weniger als 4.000 zu dieser Kategorie.
Erster Aubrit seit mehr als 180 Jahren?
Doch der Asteroid 2024 BX1 könnte sogar eine noch größere Rarität darstellen, wie unter anderem Ansgar Greshake vom Berliner Museum für Naturkunde erklärte. Ersten oberflächlichen Untersuchungen nach könnte es sich bei dem Steinbrocken um einen Aubriten handeln. Diese Untergruppe der Achondriten enthält einen besonders hohen Anteil des magnesiumreichen Minerals Enstatit. Bisher sind erst 87 Meteoriten dieses Typs gefunden worden, in Europa war der letzte Fund der namensgebende Meteorit Aubres im Jahr 1836.
Sollte sich dies bestätigten, wäre der Asteroid 2024 BX1 der erste über Europa niedergegangene Vertreter eines solchen Aubrit-Meteoriten seit mehr als 180 Jahren. Interessant auch: Sollte es sich um einen Aubriten handeln, liefert dies auch erste Hinweise auf den Ursprung des „Feuerballs von Berlin“. Denn die Aubrite gelten als mögliche Fragmente des rund 71 Kilometer großen Asteroiden Nysa, der im Hauptteil des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter kreist.
Noch stehen detailliertere Analysen der Meteoriten-Fragmente aus Brandenburg aus. Diese sollen aber in den nächsten Tagen unter anderem in den Laboren des Museums für Naturkunde Berlin erfolgen. Dann wird sich herausstellen, woraus der Feuerball tatsächlich bestand und vielleicht auch, woher er kam.
Quelle: ESA, Museum für Naturkunde Berlin