Dramatische Geburt: Die heutigen Galaxiencluster entstanden nicht gemächlich – sie wurden in einer wahren Explosion der Sternbildung geboren. Darauf deuten nun Daten der Planck- und Herschel-Weltraumteleskope hin. Denn mit ihrer Hilfe gelang Astronomen ein einzigartiger Schnappschuss aus dem jungen Universum – ein Blick in die Jugendzeit von gleich 230 jungen Galaxien und Clustern.
Galaxien wie unsere Milchstraße sind keine Einzelgänger, sie bilden gemeinsam mit anderen große Galaxiencluster. Unsere kosmische Heimat ist der Laniakea-Supercluster. Wie diese massereichen Cluster aber einst entstanden, ist bisher kaum bekannt. Denn bisher gab es nur einzelne Beobachtungen von Galaxienhaufen oder großräumigen Strukturen im frühen Universum.
Versteckt im Vordergrund der Planck-Daten
„Es war daher nicht bekannt, ob junge Galaxien allmählich entstanden, wie Marathonläufer, die sich ihre Kraft einteilen, oder ob sie in Schüben gebildet wurden“, erklärt Koautorin Brenda Frye von der University of Arizona. Um diese Frage zu klären, nutzten die Astronomen Daten des Weltraumobservatoriums Planck. Dieses zeichnet die kosmische Hintergrundstrahlung mit bisher unerreichter Genauigkeit auf und liefert damit wertvolle Hinweise auf die Geschichte unseres Universums.
Normalerweise werden für diese Fragestellungen Signale aus dem Vordergrund herausgerechnet, denn sie verfälschen die Strahlungswerte, die aus der Zeit nur wenige hunderttausend Jahre nach dem Urknall stammen. Doch für ihre Studie haben die Forscher nun genau diese Signale genutzt, um darin nach Galaxienclustern im jungen Universum zu suchen – mit Erfolg.
„Geradezu schockierend“
In den Planck-Daten stießen die Astronomen auf 234 Stellen, an denen die Strahlung stark fluktuierte – ein Hinweis auf Masseansammlungen in der Zeit nur rund drei Milliarden Jahre nach dem Urknall. Anschließende Beobachtungen im Infrarot- und Submillimeter-Bereich mit dem Herschel-Weltraumteleskop zeigten, dass es sich um junge Galaxiencluster handeln musste. „Im Gegensatz zu früheren Beobachtungen, bei denen wir nur einen oder zwei Baby-Cluster gefunden haben, haben wir nun eine Probe von gleich 200 solcher jungen Cluster auf einmal entdeckt“, berichtet Frye.
Und diese Cluster hatten es in sich: Jede dieser Galaxien in den Baby-Clustern erzeugte Sterne in einer Rate von einigen hundert bis zu mehr als tausend Sonnenmassen pro Jahr. Zum Vergleich: In der Milchstraße wird heute gerade einmal eine Sonnenmasse pro Jahr zu einem Stern. „Wir waren geradezu schockiert von den starken Signalen dieser Galaxien“, berichtet Erstautor Hervé Dole vom Institut d’Astrophysique Spatiale in Orsay. „So viele staubige, in hoher Intensität Sterne bildende Galaxien in so engen Gruppen zu finden, war eine gewaltige Überraschung.“
Sprint statt Marathon
„Es scheint, als wenn diese jungen Galaxien nicht langsam entstanden, sondern auf eine ziemlich dramatische Weise“, sagt Frye. „Aufstrahlend durch ihre intensive Sternbildung bildeten sie ein wahres Feuerwerk im jungen Universum.“ Die Bildung der ersten Cluster ähnelte damit eher einem Sprint statt einem Marathon.
Noch haben die Astronomen nicht von allen der neuentdeckten Galaxien das genaue Alter und die Leuchtkraft bestimmt. Dennoch sehen sie in ihnen die wahrscheinlichsten Vorgänger für die gewaltigen Galaxienhaufen im heutigen Kosmos. „Wir müssen immer noch eine Menge lernen über diese neue Population“, so Dole. „Aber wir glauben, dass sie ein bisher fehlenden Puzzleteil in der kosmologischen Strukturbildung sind.“ (Astronomy & Astrophysics, 2015; arXiv:1503.08773)
(University of Arizona/ ESA, 01.04.2015 – NPO)