Vom Asteroiden zur Erde: Am Samstag, dem 5. Dezember 2020, bringt die japanische Raumsonde Hayabusa 2 erstmals Proben von einem erdnahen Asteroiden zurück zur Erde. Die in Südaustralien landende Kapsel enthält Proben, die die Sonde im Jahr 2019 vom Asteroiden Ryugu eingesammelt hatte. Die Analyse des 4,5 Milliarden Jahre alten Gesteins soll Aufschluss über die frühe Entwicklung unseres Sonnensystems, aber auch die Beschaffenheit potenziell gefährlicher Asteroiden liefern.
Vor fast genau sechs Jahren, am 3. Dezember 2014, war die japanische Raumsonde Hayabusa 2 zu ihrem Ziel gestartet: dem erdnahen Asteroiden (162173) Ryugu. Im Juni 2018 erreichte sie den knapp einen Kilometer großen, ungewöhnlich eckig geformten Gesteinsbrocken. Wenig später setzte die Sonde den deutsch-französische Lander MASCOT sowie die beiden nur keksdosengroßen MINERVA-Lander ab. Sie bewegten sich mit Hüpfern in der geringen Schwerkraft des Asteroiden fort und enthüllten einen porösen Himmelskörper mit viel Geröll, aber wenig Staub.
Im Frühjahr 2019 folgte dann der wichtigste Schritt der Mission: Hayabusa 2 sammelte zuerst in einem Touchdown-Manöver Proben von der Asteroidenoberfläche. Dann feuerte sie ein Projektil auf den Asteroiden und entnahm anschließend das aus größerer Tiefe freigelegte Material mit einem Greifarm.
Landung am Samstag in Südaustralien
Jetzt hat die Raumsonde diese Proben zur Erde zurückgebracht und wird sie in einer Landekapsel über Südaustralien abwerfen. Die Abtrennung der Landekapsel von Hayabusa2 wird am 5. Dezember 2020 um 6:30 Uhr unserer Zeit in etwa 220.000 Kilometer Entfernung von der Erde erfolgen – das ist etwas mehr als die halbe Entfernung Erde-Mond. Wenn die Probenkapsel, langsam um die eigene Achse rotierend, in etwa 120 Kilometer Höhe in die Erdatmosphäre eintritt, wird sie zunächst durch die Lufthülle abgebremst.
Zwischen 18:30 Uhr und 18:33 Uhr, wenn die Landekapsel rund sieben bis elf Kilometer über dem Erdboden ist, wird ein Fallschirm ausgelöst und der vordere Hitzeschild abgesprengt. Gegen 18:50 Uhr soll die 16 Kilogramm schwere und rund 40 Zentimeter große Probenkapsel dann im Woomera-Testgelände für Luft- und Raumfahrt aufsetzen. Ein Bergungsteam wird sie anhand ihrer Ortungssignale suchen und per Hubschrauber bergen.
Die Goethe-Universität Frankfurt wird zur Landung der Probenkapsel am 5. Dezember ab 17:00 Uhr einen Livestream übertragen.
Probentransport und Analyse unter Spezialbedingungen
Nach der Bergung in der australischen Wüste wird die Kapsel zunächst auf ihren Zustand untersucht. Anschließend werden die Proben in der noch verschlossenen Landekapsel im Flugzeug nach Japan gebracht, wo sie in ein Labor des JAXA-Forschungszentrums ISAS (Institute of Space and Astronautical Science) überführt werden. Erst dort wird nach einem über Jahre entwickelten Plan an die Kapsel ein Mechanismus angebracht, ohne den die Kapsel zuvor nicht geöffnet werden kann.
Die Öffnung erfolgt robotisch in einem Reinraum-Labor in einer Vakuum-Kammer, in der die Asteroidenproben in spezielle Probenbehälter umgebettet werden. Zunächst werden die einzelnen Bestandteile der Asteroidenproben kuratiert und ein erstes Mal beschrieben, ehe ab Mitte 2021 mikroskopische, mineralogische und geochemische Untersuchungen stattfinden. Auch Forscher am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof werden dann an den Analysen beteiligt sein.
Daten für Asteroidenabwehr und Sonnensystemforschung
„Am Ende dieser ganz außergewöhnlichen Mission Proben von einem 4,5 Milliarden Jahre alten Asteroiden auf der Erde zu haben und sie vielleicht sogar bald in unseren DLR-Laboren untersuchen zu können, ist für uns alle ein Höhepunkt in unserem Forscherleben“, sagt Planetenforscherin Heike Rauer vom DLR. Denn es mache einen Riesenunterschied, solche Proben hier auf der Erde zu haben und in vielen großen Laboren untersuchen zu können.
Spannend sind die Asteroidenproben von Ryugu aus zwei Gründen: Zum einen stammt das Gestein aus der Frühzeit des Sonnensystems und kann daher Auskunft über die Prozesse geben, die die Planeten formten. Zum anderen besteht der kohlenstoffreiche C-Typ-Asteroid wie viele andere erdnahe Asteroiden aus einem sehr porösen Material. Die Analysen liefern daher wertvolle Hinweise darauf, wie stabil solche Objekte sind und wie sie im Falle einer drohenden Kollision am besten abgelenkt werden könnten.
Hayabusa 2 fliegt weiter zum nächsten Asteroiden
Für die Raumsonde Hayabusa 2 ist die Mission mit diesem Rücktransport ihrer Proben noch lange nicht abgeschlossen. Nach einer Kurskorrektur wird sie nun ihre Forschungsreise fortsetzen und im Jahr 2031 noch einen weiteren Asteroiden besuchen. Der nur 40 Meter große und extrem schnell rotierende erdnahe Asteroid 1998 KY26 ist im Gegensatz zum porösen „Geröllhaufen“ Ryugu ein vermutlich sehr kompaktes Objekt. Er wird der erste Asteroid diesen Typs sein, der von einer Raumsonde besucht wird.
Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)