Stellare Relikte: Im ältesten bekannten Quasar haben Astronomen mögliche Spuren der ersten Sternengeneration unseres Universums entdeckt. Sie zeigen sich in einem ungewöhnlichen Eisenüberschuss im Quasarspektrum, der mit gängigen Modellen nicht erklärbar ist. Dieser chemische Fingerabdruck könnte von der Explosion eines knapp 300 Sonnenmassen schweren Population-III-Sterns stammen – eines Sterns der ersten Generation, der in einer exotischen Paarinstabilitäts-Supernova explodierte.
Die ersten Sterne unseres Universums entstanden wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall. Diese Population-III-Sterne beendeten nicht nur das „dunkle Zeitalter“, sondern schufen auch die ersten schwereren Elemente. Als die hunderte bis tausende Sonnenmassen schweren Sternenriesen nach wenigen Millionen Jahren in Supernovae explodierten, verteilten sie die schweren Elemente im Kosmos und reicherten auch benachbarte Sternenwiegen mit dem Material an.
Fahndung im Licht des ältesten Quasars
Jetzt könnten Astronomen erstmals das spektrale Signal dieser primordialen Sternentrümmer entdeckt haben – im Licht des ältesten bekannten Quasars ULAS J1342+0928. Dieses aktive supermassereiche Schwarze Loch zeigt eine Rotverschiebung von z=7,45 und existierte demnach schon, als das Universum 690 Millionen Jahre alt war. Um mehr über diesen Quasar und seine Umgebung herauszufinden, haben Yuzuru Yoshii von der Universität Tokio und seine Kollegen sein Licht mit dem Nahinfrarot-Spektrografen des Gemini North-Teleskops auf Hawaii analysiert.
Ihre Hoffnung: Weil ein aktives Schwarzes Loch Gase aus seiner Umgebung anzieht und zum Leuchten bringt, muss das Quasarlicht-Spektrum die Zusammensetzung seines „Futters“ widerspiegeln – und damit auch die mögliche Elementsignatur von primordialen Sternenresten. „Dies ist das erste Mal, dass ein detailliertes Nahinfrarot-Spektrum des fernsten Quasars erstellt worden ist“, erklären die Astronomen.
Unerklärlich viel Eisen
Das überraschende Ergebnis: Im Licht des Uralt-Quasars fanden sich ungewöhnlich starke Spektralsignaturen des Elements Eisen – einem im frühen Universum eigentlich seltenen, weil schweren Element. „Das Spektrum dieses Quasars hat eine im Vergleich zu solaren Verhältnissen 20-fach höhere Eisenanreicherung“, berichten Yoshii und seine Kollegen. Für die Zeit nur knapp 700 Millionen Jahre nach dem Urknall sei dies sehr ungewöhnlich.
Wo könnte all dieses Eisen hergekommen sein? Der naheliegende Schluss wäre, dass dieses schwere Element in frühen Sternen durch Kernfusion entstand und dann bei deren Supernova freigesetzt wurde. Das Problem jedoch: Gängige Sternexplosionen wie die Kernkollaps-Supernova massereicher Sternen oder die Typ-1a-Supernova in Doppelsternsystemen können keine so großen Eisenmengen freisetzen, wie das Team mithilfe von Modellen ermittelt hat: „Wir stellen fest, dass eine so ungewöhnliche Anreicherung nicht durch die Standardvorstellung der chemischen Evolution erklärbar ist, die nur die Beiträge der klassischen Supernovae berücksichtigt“, so die Astronomen.
Relikt einer Paarinstabilitäts-Supernova?
Das bedeutet: Die auffällige Eisenanreicherung muss von einer anderen Art von Sternexplosionen stammen. „Der vielversprechendste Kandidat dafür ist eine Paarinstabilitäts-Supernova“, erklären Yoshii und seine Kollegen. Bei dieser Supernova wird ein Stern restlos zerrissen, ohne dass ein Schwarzes Loch oder Neutronenstern zurückbleibt. Sie kommt gängiger Theorie zufolge nur bei extrem massereichen Sternen von mehr als 150 Sonnenmassen vor, ist aber bisher noch nie beobachtet worden.
Mithilfe von astrophysikalischen Modellen haben die Forschenden daraufhin untersucht, welche Elementsignaturen eine solche Paarinstabilitäts-Supernova bei verschiedenen Sternvarianten hinterlassen würde. Das Ergebnis: Eine so hohe Eisenmenge wie im Quasar beobachtet, passt am besten zur Paarinstabilitäts-Supernova eines Sterns der allerersten Generation. „Wir schließen daraus, dass das Magnesium-Eisen-Verhältnis im Quasar ULAS J1342 von der Paarinstabilitäts-Supernova eines Population-III-Sterns von 280 Sonnenmassen verursacht wurde“, schreiben die Forschenden.
Sternengeburt und -tod im frühen Kosmos
Sollte sich dies bestätigen, dann hätten die Astronomen damit den chemischen Fingerabdruck der allerersten Sterne im Universum gefunden. Ihrem Szenario nach muss einer dieser primordialen Sternenriesen damals im Zentrum eines protogalaktischen Gasklumpens entstanden sein. Nach rund zwei Millionen Jahren explodierte er dann und verteilte die in ihm gebildeten schweren Elemente in dem dichten Gas seiner Umgebung.
Gleichzeitig wurde im Zentrum dieser Protogalaxie das zentrale Schwarze Loch aktiv und begann, einen Teil dieser Gase anzuziehen und zu verschlingen. Es entstand ein wachsender Ring von heißem, strahlendem Plasma um den Ereignishorizont. Mit zunehmendem Wachstum wandelte sich das Schwarze Loch allmählich zum Quasar und setzte so große Strahlenmengen frei, dass sie noch Milliarden Lichtjahre entfernt sichtbar sind. Weil diese Strahlung in Teilen von den ums Schwarze Loch kreisenden Relikten der allerersten Sterne stammt, ist auch die Signatur des Population-III-Sterns in ihr erhalten – und wurde nun beobachtet.
Soweit das Szenario von Yoshii und seinem Team. Ob es zutrifft, muss aber noch weiter überprüft werden. Wie sie erklären, wäre eine Möglichkeit dafür, auch das Verhältnis von Silizium zu Eisen im Spektrum des Quasars zu messen. Denn dies könnte verraten, ob es eine Paarinstabilitäts-Supernova gab oder aber eine normale Kernkollaps-Supernova. (Astrophysical Journal, 2022; doi: 10.3847/1538-4357/ac8163)
Quelle: NOIRLab