Astronomie

Flüssige Salzlösungen auf dem Mars?

Wasserdampf in Marsatmosphäre ermöglicht Entstehung von „Cryobrines“

Marsatmosphäre © NASA

Auf dem Mars könnte es Salzlösungen geben, die auch bei extrem tiefen Temperaturen noch flüssig bleiben, so genannte Cryobrines. Das zeigen jetzt von Planetenforschern vorgestellte Ergebnisse von Experimenten und Modellrechnungen. Solche durch Wasserdampfaufnahme entstehenden Lösungen könnten theoretisch sogar Leben ermöglichen und wichtige Funktionen „reinen“ Wasser übernehmen.

Zumindest auf der Marsoberfläche gibt es zwar Wassereis, aber kein flüssiges Wasser. Dieses vermuten Planetenforschern allenfalls im Untergrund des Roten Planeten. Eine andere Flüssigkeit könnte dagegen durchaus auch unter den Bedingungen der dünnen Atmosphäre und den tiefen Temperaturen vorhanden sein, wie Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) jetzt herausfanden.

Marssonde Phoenix entdeckte Salztröpfchen

„Unsere Forschung wurde durch die Erkenntnisse der Mars-Mission Phoenix der NASA angestoßen“, erläutert Professor Diedrich Möhlmann vom DLR-Institut für Planetenforschung, der die Ergebnisse am Wochenende auf dem weltgrößten Kongress für Weltraumwissenschaften COSPAR (Committee on Space Research) 2010 in Bremen vorstellte. „2009 zeigten die Wissenschaftler mit Abbildungen von Salzlösungströpfchen an der Phoenix-Sonde, dass Cryobrines auf dem Mars existieren können. Da flüssiges Wasser auf der Marsoberfläche nicht vorhanden ist, könnten die Cryobrines als flüssiges Medium eine Möglichkeit sein, dort lebensunterstützend zu wirken.“ Als Cryobrines werden konzentrierte Salzlösungen bezeichnet, die auch bei tiefen Temperaturen unter Null flüssig bleiben.

Verflüssigung durch Wasserdampfaufnahme

Möhlmann und sein Team stellten durch Experimente und Modellrechnungen fest, dass im Sommer in höheren Breiten der Nordhalbkugel des Mars bei einigen Salzen eine solche Verflüssigung ganztägig möglich ist. Sie geschieht, indem die Salze atmosphärischen Wasserdampf aufnehmen – dies nennt man Deliqueszenz. Eine solche Wasserdampfaufnahme kann zumindest zeitweilig im Tages- und Jahresablauf flüssige Salzlösungen auch weit unterhalb von null Grad Celsius verursachen.

Da die Marsatmosphäre im Nordsommer durch verdunstenden Wassereis viel Feuchtigkeit enthält, bleiben die Salzlösungen hier den ganzen Tag flüssig. In den trockeneren mittleren Breiten tritt dieses Phänomen dagegen noch über mehrere Stunden morgens und abends auf.

Salzlösung statt Wasser als Lebensspender?

Die flüssigen Lösungen könnten Fließprozesse, so genannte rheologische Prozesse, auf der Marsoberfläche übernehmen. Im Rahmen von eventuellen biologischen Prozessen könnten diese auch lebenserhaltenden Transporte von Nahrung und Abfall sein. All dies sind Eigenschaften, die sonst nur dem Wasser zugeschrieben werden.

Die Frage, ob dies reicht, Leben möglich zu machen, untersuchen im nächsten Schritt Mikrobiologen der Technischen Universität Berlin zusammen mit Kollegen des DLR-Instituts für Planetenforschung. Wenn Leben auch in diesen zeitweilig flüssigen Salzlösungen möglich wäre, müsste die Definition für Habitabilität erweitert werden: „Pures“ Wasser wäre damit nicht mehr die alleinige Voraussetzung für die Entstehung von Leben.

Das Forscherteam von DLR und TU Berlin experimentiert zu diesen biologischen Fragestellungen gemeinsam im Rahmen von „Planetary Evolution and Life“, einer Allianz der Helmholtz-Gemeinschaft. „Wir stehen noch am Anfang, aber unsere ersten Ergebnisse sind überraschend ermutigend“, erklärt Möhlmann und ergänzt: „Wir testen derzeit mit unterschiedlichen Mikroorganismen, ob und wie sie in den Salzlösungen überleben. Unter irdischen Bedingungen, also mit einem Gefrierpunkt von null Grad Celsius, ist das schon erforscht worden, aber nicht bei Temperaturen unter null.“

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 27.07.2010 – NPO)

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