Runder Vollmond? Tatsächlich gleicht der Mond eher einer Zitrone. Die Ursachen für diese Form haben US-Forscher nun detailliert untersucht: Neben der Rotation des Mondes ist vor allem die Erde verantwortlich, schreiben sie im Fachjournal „Nature“. Alle Fragen sind damit allerdings noch nicht beantwortet.
Von der Erde betrachtet sieht der Vollmond am Himmel kreisrund aus, wie eine perfekte runde Scheibe. Tatsächlich ist der Begleiter der Erde alles andere als perfekt rund. Zum einen gibt es natürlich eine große Anzahl von Kraterbecken, Bergen und Tälern. Aber auch darüber hinaus weicht die Form des Mondes von der einer perfekten Kugel ab.
Gezeiten machen den Mond zur Zitrone
Bereits seit über hundert Jahren gibt es Theorien, dass die Rotation des Mondes und Gezeitenkräfte eine Rolle spielten, während der Mond bei seiner Entstehung in der jetzigen Gestalt erstarrte. „Wenn man einen Wasserballon rotieren lässt, wird er an den Polen flacher und beult sich am Äquator aus“, verdeutlicht Ian Garrick-Bethell von der University of California in Santa Cruz. „Zusätzlich wirken Gezeitenkräfte durch die Schwerkraft der Erde, und dieser Zug bewirkt eine Art Zitronenform, wobei die lange Achse der Zitrone auf die Erde zeigt.“
Diese Vorstellung ist allerdings offenbar zu einfach, sie allein erklärt nicht alle Abweichungen des Mondes von der Kugelgestalt. Garrick-Bethell und seine Kollegen haben darum in ihrer Studie noch weitere Faktoren berücksichtigt und beziehen die Topographie des Mondes mit ein: Die großen Kraterbecken, die das Gesicht des Mondes formen, sowie das Schwerefeld des Himmelskörpers.
Gesicht des Mondes ist verschoben
Interessanterweise fanden die Forscher heraus, dass das Schwerefeld des Mondes nicht mehr mit der Längsachse der „Zitrone“ übereinstimmt: Beide Achsen weichen um etwa 34 Grad voneinander ab. Damit haben sich auf die Pole des Mondes und seine gesamte Ausrichtung verschoben, „so dass wir nicht mehr auf das ursprüngliche Gesicht des Mondes schauen“, sagt Garrick-Bethell.
Dies führen die Wissenschaftler auf starke Veränderungen in der Kruste des Mondes zurück, nachdem sich die zitronenartige Form bereits gebildet hatte. Entscheidend sind hierbei offenbar die Einschlagskrater: „Die Krater verschoben einiges an Masse, und es gab außerdem innere Veränderungen, wahrscheinlich im Zusammenhang mit der vulkanischen Aktivität des Mondes.“
In wesentlich stärkerer Form beobachten Astronomen solche Aktivität noch heute auf dem Jupitermond Io: Die Schwerkraft des Jupiter wirkt so stark auf diesen Mond, dass er durch Gezeitenkräfte regelrecht durchgeknetet wird. Die dabei entstehende Hitze macht ihn zum vulkanisch aktivsten bekannten Körper im Sonnensystem.
Von Gezeiten aufgeheizt
Ähnliche Kräfte, allerdings viel schwächer, wirkten offenbar auch von der Erde auf den Mond. Damit können die Forscher auch Abweichungen im Schwerefeld des Mondes erklären: Die zusätzliche Hitze durch die Gezeitenkräfte ließ die Kruste des Mondes an den Polen ausdünnen, während sich das Material am Äquator sammelte. Garrick-Bethell zufolge schließt dieser Faktor genau die Lücken im bisherigen Modell: Die Rotation des Mondes sorgte für die große Gestalt, während Gezeitenkräfte und Einschlagskrater für die endgültige Topographie verantwortlich waren.
Einige Details sind allerdings nach wie vor ungewiss: Während die Studie sicher weitere Details über die frühe Geschichte des Mondes liefern kann, sind die genauen zeitlichen Abläufe der Prozesse noch unklar. Außerdem können die Wissenschaftler zwar die Topographie des Mondes erklären, die Ursache für die großen Unterschiede zwischen dem für uns sichtbaren Gesicht und der abgewandten Seite kennen sie jedoch noch nicht.
(Nature, 2014; doi: 10.1038/nature13639)
(University of California – Santa Cruz, 01.08.2014 – AKR)