Einen dramatischen Klimawandel im frühen Universum haben jetzt Astronomen mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops der NASA entdeckt. Vor rund elf Milliarden Jahren heizten intensive Strahlungspulse von Quasaren den Kosmos so stark auf, dass intergalaktisches Helium ionisiert wurde. Dies wiederum verhinderte den Kollaps dieser Gaswolken und damit auch das Wachstum zahlreicher Zwerggalaxien. Wie die Forscher im „Astrophysical Journal“ berichten, könnte diese kosmische Hitzeperiode 500 Millionen Jahre lang angehalten haben.
Vor mehr als 13 Milliarden Jahren erlebte das Universum eine erste Wärmephase, dies ist seit einigen Jahren bereits bekannt. Während dieser so genannten Reionisierung heizte die Strahlung der ersten massereichen Sterne die kalte interstellare Materie auf und führte zu einer Ionisation der Wasserstoffatome in diesen Gaswolken. Jetzt jedoch haben Astronomen der Universität von Colorado und des Space Telescope Science Institute eine zweite Reionisierungs-Phase entdeckt.
Verräterische Spektrallinien
Für ihre Studie nutzten sie das erst bei der letzten Service-Mission am Weltraumteleskop Hubble installierte Instrument Cosmic Origins Spectrograph (COS). Dieses ermöglichte es ihnen, im ultravioletten Licht eines weit entfernten Quasars verräterische Spektrallinien zu identifizieren.
Quasare sind Schwarze Löcher im Zentrum aktiver Galaxien, die große Mengen energiereicher Strahlung aussenden. Wie ein Leuchtturm reicht ihr fokussierter Strahlen weit ins All hinaus und durchquert dabei auch Wolken interstellarer und intergalaktischer Materie.
Diese in diesen Gaswolken enthaltenen Atome und Moleküle absorbieren einen Teil des Quasarlichts und hinterlassen damit charakteristische Spektrallinien, die sich mit dem hochauflösenden COS-Instrument nachweisen lassen. Dadurch lässt sich die Zusammensetzung der intergalaktischen Gaswolken bestimmen. In der jüngsten Studie stießen die Forscher bei der Spektralanalyse von Gaswolken aus der Zeit vor 11,7 bis 11,3 Milliarden Jahren auf die Signatur von Heliumatomen, denen durch Ionisation Elektronen fehlten.
Reionisierung von Helium vor elf Milliarden Jahren
Nach der ersten Phase der Reionisierung des Wasserstoffs vor 13 Milliarden Jahren hat es demnach noch eine zweite Phase gegeben, in der eine erneute Erwärmung auch das Helium ionisierte. Diese Energiezufuhr und Erhitzung des Gases verhinderte jedoch, dass sich die Materie in den Gaswolken zusammenballte, kollabierte und neue Galaxien entstehen ließ. Andere, bereits gebildete Zwerg-Galaxien verloren durch die Wärmeperiode ihre Gashülle und damit auch die Fähigkeit, weitere Sterne zu bilden. „Ich glaube, dass deutlich mehr Zwerggalaxien entstanden wäre, wenn diese Helium-Reionisierung nicht stattgefunden hätte“, erklärt Michael Shull von der Universität von Colorado.
Die Quelle der erneuten Wärmeperiode waren nach Ansicht der Forscher damals höchstwahrscheinlich Quasare, die in dieser sehr unruhigen Phase des Kosmos besonders häufig waren. Damals waren Zusammenstöße von Galaxien an der Tagesordnung, die Kollisionen wiederum lieferten den extrem massereichen Schwarzen Löchern in den Galaxienzentren immer wieder neue Nahrung. Einen Teil dieser Materie wandelten die Schwarzen Löcher in energiereiche Ultraviolett-Strahlung um, die aus dem Zentrum der Galaxien herausstrahlte und die intergalaktischen Gaswolken von knapp 10.000 Grad Celsius bis auf gut 22.000 Grad aufheizte.
Nach rund 500 Millionen Jahren ließ diese Phase der extremen Aktivität nach und auch die intergalaktische Materie kühlte wieder ab. Die in ihrem Wachstum gebremsten Zwerggalaxien konnten ihre normale Entwicklung wieder aufnehmen. Bisher stammen die Daten der Astronomen nur aus der Auswertung der Spektrallinien der Wolken in einem Quasarstrahl. Als nächsten Schritt wollen sie nun auch das Licht ferner Quasare in anderen Richtungen auf die verräterischen Spuren der Helium-Reionisierung analysieren, um herauszufinden, ob diese Erwärmungsphase im gesamten Universum stattgefunden hat.
(NASA/ STScI, 11.10.2010 – NPO)