Astronomie

Frühste „Todesspirale“ zweier Schwarzer Löcher

Verschmelzung massereicher Schwarzer Löcher schon 740 Millionen Jahre nach dem Urknall

Galaxie ZS7
Die frühe Galaxie ZS7 (roter Punkt) existierte schon 740 Millionen Jahre nach Urknall. In ihr haben Astronomen mithilfe des James-Webb-Teleskops ein massereiches Schwarzes Loch entdeckt, das gerade beginnt, mit einem zweiten zu verschmelzen. © ESA/NASA/CSA, J. Dunlop, D. Magee, P. G. Pérez-González, H. Übler, R. Maiolino, et al.

Fatal Atraction: Astronomen haben erstmals die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher im frühen Kosmos aufgespürt. Sie fand 740 Millionen Jahre nach dem Urknall statt und ist damit die fernste und früheste jemals dokumentierte. Beteiligt sind zwei Schwerkraftgiganten von jeweils rund 50 Millionen Sonnenmassen, die ursprünglich im Zentrum verschiedener Galaxien lagen, einander nun aber eng umkreisen. Dieses Ereignis könnte dabei helfen, eines der großen Rätsel der Astronomie zu klären.

Schon wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall gab es im Kosmos gigantische, Millionen Sonnenmassen schwere Schwarze Löcher. Das schwerste von ihnen umfasst 1,5 Milliarden Sonnenmassen und selbst das älteste aktive Schwarze Loch war 570 Millionen Jahre nach dem Urknall schon neun Millionen Sonnenmassen schwer – doppelt so schwer wie Sagittarius A* im Zentrum unserer Milchstraße.

Doch wie konnten diese Schwerkraftgiganten so schnell so stark heranwachsen? Dies ist eines der großen ungelösten Rätsel der Astronomie. Denn für das allmähliche Heranwachsen aus stellaren Schwarzen Löchern hatten diese Galaxienkerne nicht ausreichend Zeit. Daher diskutieren Astronomen zurzeit mehrere alternative Szenarien, bei denen die Keime solcher supermassereichen Schwarzen Löcher direkt aus dem Kollaps großer Gaswolken entstanden oder aber durch die Verschmelzung mehrerer kleinerer Vorläufer.

Galaxie ZS7
Dieser kleine rote Punkt ist die Infrarotsignatur der fernen Galaxie ZS7. © ESA/NASA/CSA, J. Dunlop, D. Magee, P. G. Pérez-González, H. Übler, R. Maiolino, et al.

Doppelte Signatur in ferner Galaxie

Jetzt liefert eine Entdeckung im frühen Kosmos neue Anhaltspunkte. Das Team um Hannah Übler von der University of Cambridge hatte mithilfe des James-Webb-Teleskops elf Galaxien näher untersucht, die weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall existierten. Bei einer davon, ZS7, zeigten die Aufnahmen des Nahinfrarotspektrometers NIRSpec einen aktiven, starke Strahlung abgebenden Galaxienkern.

„Wir haben Belege für sehr dichtes, sich schnell bewegendes Gas im Umfeld des Schwarzen Lochs gefunden“, berichtet Übler. Außerdem zeigten sich die spektralen Signaturen von weiteren heißen, hochgradig ionisierten Gasmassen, wie sie typischerweise von Schwarzen Löchern beim Verschlingen von Materie freigesetzt werden. Doch diese Gase zeigten zwei unterschiedliche Spektralsignaturen. Eine war rötlicher, die andere bläulicher und beide schienen leicht räumlich versetzt. „Dies deutet darauf hin, dass wir hier zwei verschiedene, sehr nahe beieinander liegende Objekte sehen“, berichten die Astronomen.

Zwei Schwarze Löcher auf Tuchfühlung

Doch worum handelt es sich? Nähere Analysen ergaben, dass die Strahlensignaturen am ehesten denen von zwei aktiven supermassereichen Schwarzen Löchern entspricht, die eng umeinanderkreisen. Den Astronomen zufolge ist eines dieser Schwarzen Löcher rund 50 Millionen Sonnenmassen schwer. „Die Masse des zweiten Schwarzen Lochs ist wahrscheinlich ähnlich groß, obwohl dies wegen seiner dichten Gasumhüllung schwerer zu messen ist“, berichtet Üblers Kollege Roberto Maiolino.

Das Entscheidende jedoch: Diese Zentren beiden frühen Schwerkraftgiganten sind nur rund 2.000 Lichtjahre voneinander entfernt. „Die geringe Entfernung, die übereinstimmende Rotverschiebung und der geringe Geschwindigkeitsunterschied deuten darauf hin, dass wir hier Zeuge einer sich anbahnenden Verschmelzung der beiden Systeme werden“, erklären die Astronomen.

Giganten im spiralige Todestanz

Demnach ist die ferne Galaxie ZS7 gerade dabei, mit einer zweiten zu kollidieren – und die zentralen Schwarzen Löcher dieser Galaxien haben bereits ihren spiraligen Todestanz begonnen. Sie umkreisen einander auf immer enger werdenden Bahnen, bis sie schließlich miteinander verschmelzen werden. Nach Schätzungen von Übler und ihrem Team wird es bis zu dieser Verschmelzung noch rund 100 bis 200 Millionen Jahre dauern.

„Unsere Beobachtungen liefern damit klare und robuste Belege für ein massereiches Schwarzes Loch, das an einer Verschmelzung mit einer anderen Galaxie beteiligt ist – und mit deren akkretierendem Schwarzen Loch“, berichten die Astronomen. „Diese Verschmelzung findet bei einer Rotverschiebung von z=7,15 statt – nur 740 Millionen Jahre nach dem Urknall.“ Damit ist dies der früheste bekannte Fall einer solchen Verschmelzung massereicher Schwarzer Löcher.

Erklärung für rasches Wachstum der Schwarzen Löcher?

Nach Ansicht der Astronomen liefert dies wertvolle Einblicke darin, wie Schwarze Löcher im frühen Kosmos heranwuchsen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Verschmelzung ein wichtiger Weg ist, um Schwarze Löcher selbst in der kosmischen Morgendämmerung schnell groß werden zu lassen“, sagt Übler. Zwar sei es noch nicht möglich, die Häufigkeit solcher Ereignisse im frühen Kosmos abzuschätzen. Aber unter den elf untersuchten frühen Galaxien gab es neben ZS7 noch eine zweite Galaxie, die Anzeichen einer Interaktion mit einer zweiten zeigte, wie das Team berichtet.

Es könnte demnach sein, dass unter den Galaxien im frühen Kosmos relativ häufig zu Kollisionen und Verschmelzungen kam – und dass dadurch auch die zentralen Schwarzen Löcher dieser Galaxien schneller an Masse gewannen als durch allmähliches Wachstum. Mit zukünftigen, sensibleren Gravitationswellendetektoren wie den LISA-Satelliten könnten solche frühen Verschmelzungen vielleicht sogar bald anhand ihrer Gravitationswellen nachgewiesen werden, schreiben die Astronomen. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, submitted; doi: 10.48550/arXiv.2312.03589)

Quelle: ESA/Hubble

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