Das junge Universum war eine einzige Sternenwiege, die Sternenbildungsrate lag höher als heute. Warum, das haben Astronomen jetzt herausgefunden: Wenige Milliarden Jahre nach dem Urknall enthielten die jungen Galaxien mehr Gas als die heutigen und stellten damit eine größere Menge an Rohstoffen für die Sternentstehung bereit. Das berichten die Forscher jetzt in „Nature“.
Sterne entstehen aus gigantischen Gaswolken innerhalb von Galaxien. Drei bis fünf Milliarden Jahre nach dem Urknall haben diese Milchstraßensysteme anscheinend mehr oder weniger kontinuierlich Sterne gebildet, allerdings mit einer mindestens zehnmal höheren Rate als in ähnlich massereichen Galaxien im heutigen Universum. Die grundlegende Frage lautet nun, ob diese höhere Sternentstehungsrate durch eine größere Menge an kaltem, molekularem Gas – dem Rohstoff für junge Sterne – hervorgerufen wurde. Oder ob die Sternengeburt im jungen Universum einfach viel effizienter verlief.
Kohlenmonoxid-Linie als Gasindikator
Eine groß angelegte Studie von entfernten, leuchtkräftigen und massereichen Galaxien bringt jetzt Licht ins Dunkel. Mit dem Interferometer des Radioastronomischen Instituts im Millimeterbereich (IRAM) am Plateau de Bure gelang es zum ersten Mal, den Rohstoff für die Sternentstehung direkt zu beobachten. Das Instrument, das auf 2.600 Metern Höhe in den französischen Alpen liegt, ist derzeit das leistungsfähigste Millimeter-Interferometer der Welt. Es ist das einzige, das die schwache Emissionslinie von CO-Molekülen – dem besten Indikator für kaltes Gas – in weit entfernten Galaxien nachweisen kann. Das Interferometer besteht aus sechs Teleskopen mit je 15 Meter Durchmesser, die alle mit einem extrem empfindlichen Heterodyn-Strahlenmessgerät zum Nachweis von Millimeter-Wellenlängen ausgestattet sind.
Das Forscherteam unter Beteiligung von Astronomen vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik vermaß mit Hilfe von IRAM systematisch die Gasgehalte und –eigenschaften in normalen, nicht übermäßig leuchtkräftigen Galaxien anhand der Kohlenstoffmonoxid-Spektrallinie – und zwar zu einer Zeit, als das Weltall nur etwa 40 beziehungsweise 24 Prozent seines jetzigen Alters besaß. Bisherige Beobachtungen hatten sich meist auf seltene, sehr leuchtstarke Objekte wie etwa verschmelzende Galaxien oder Quasare beschränkt.
Zehnmal mehr Gas in jungen Galaxien
„Zum ersten Mal war es uns möglich, das kalte molekulare Gas in normalen Galaxien nachzuweisen und die Milchstraßensysteme so abzubilden, wie sie kurz nach dem Urknall für massereiche Galaxienpopulationen typisch waren“, sagt Linda Tacconi vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik. „Wir haben herausgefunden, dass massereiche normale Galaxien bei einer Rotverschiebung von 1,2 und 2,3 etwa fünf- bis zehnmal mehr Gas enthalten, als wir im nahen Universum sehen.“ Diese Rotverschiebung ist ein Maß für die Entfernung der Galaxien und damit auch auf ihr Alter.
Die Galaxien auf der Jugendzeit des Kosmos zeigen über lange Zeit eine hohe Sternentstehungsrate. Das heißt: Aus dem Halo aus Dunkler Materie muss kontinuierlich Gas nachströmen – genau so, wie es kürzlich aufgestellte Theorien vorhersagen. Ein weiteres wichtiges Ergebnis dieser Beobachtungen sind die ersten räumlich aufgelösten Bilder der Verteilung und Bewegung des kalten Gases in mehreren Galaxien.
„Die Messungen geben uns entscheidende Hinweise und Randbedingungen für die nächste Generation von theoretischen Modellen, mit denen wir die frühen Phasen der Galaxienentwicklung genauer untersuchen wollen“, sagt Andreas Burkert, Experte für Sternentstehung und Galaxienentwicklung am Garchinger Exzellenzcluster Universe. „Letztlich werden uns diese Arbeiten auch dabei helfen, den Ursprung und die Entwicklung unserer Milchstraße zu verstehen.“
(Max-Planck-Gesellschaft, 11.02.2010 – NPO)