Zerfallene Wolke: Astronomen haben einen Doppelstern quasi bei seiner Geburt beobachtet – und so wertvolle Einblicke in die Entstehung solcher Sternenpaare gewonnen. Demnach wurden die beiden massereichen Protosterne aus einer gemeinsamen Ursprungswolke gebildet, die sich aber in zwei Teile trennte. Damit stützt das rund 5.5000 Lichtjahre entfernte Sternenpaar die Theorie, dass massereiche Doppelsterne durch die Fragmentierung von kollabierenden Gaswolken entstehen.
Doppelsterne sind im Kosmos keine Seltenheit – ganz im Gegenteil. Astronomen schätzen, dass rund 90 Prozent aller massereichen Sternen einen stellaren Partner besitzen. Aber auch Einzelsterne wie unsere Sonne könnten ursprünglich als Doppelstern geboren worden sein – und ihre Partner dann erst später verloren haben.
Wie entstehen Doppelsterne?
Doch wie Sternenpaare entstehen, ist bislang strittig – auch weil Astronomen bisher kaum „Zwillingsgeburten“ beobachten konnten. Eine andere Theorie geht davon aus, dass beide Sternenpartner gemeinsam in einer Ursprungswolke entstehen – wie Zwillinge. Dabei fragmentiert die Wolke und in jedem Fragment bildet sich durch einen lokalen Schwerkraft-Kollaps ein Stern.
Eine weitere Variante haben Astronomen erst vor Kurzem beobachtet. Dabei entstand ein kleiner Stern ähnlich wie ein Gasplanet in der Staubscheibe des größeren ersten Sterns. Doch welches Szenario trifft für die Mehrheit der Doppelsterne zu?
Zwei Protosterne in einem „Bett“
Einen Hinweis darauf haben nun Yichen Zhang vom RIKEN-Forschungszentrum in Japan und seine Kollegen gefunden. Denn sie haben einen massereichen Doppelstern entdeckt, der quasi noch mitten in den Geburtswehen steckt. Als die Astronomen die rund 5.5000 Lichtjahre entfernte Sternbildungsregion IRAS07299-1651 mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) beobachteten, enthüllten die Aufnahmen Überraschendes:
Ein scheinbar bloß verwaschener heller Fleck entpuppte sich in den hochauflösenden ALMA-Daten als Doppelobjekt: „Die Aufnahmen zeigen zwei kompakte Quellen mit einem scheinbaren Abstand von 180 astronomischen Einheiten“, berichten die Astronomen. Aus Geschwindigkeits-Gradienten im umgebenden Gas schließen sie, dass es sich um einen Doppelstern bei der Geburt handeln muss – zwei frische Protosterne, die sich gegenseitig umkreisen.
Die beiden Protosterne benötigen dabei für einen Umlauf rund 570 Jahre, wie die Astronomen beichten. Gemeinsam besitzen sie eine Masse von rund 18 Sonnenmassen. der zweite Stern ist dabei rund 20 Prozent leichter als sein schwererer Partner.
Fragmentierung der Urwolke
„Das ist ein aufregender Fund“, sagt Zhang. „Wir werden hier Zeugen der Entstehung eines massereichen Doppelsterns. Das hilft uns dabei die Frage zu klären, ob Doppelsterne während des anfänglichen Kollapses der Urwolke entstehen oder erst in einem späteren Stadium.“ Im Falle dieses neuentdeckten Doppelsterns spricht einiges dafür, dass das erste Szenario zutrifft: Die Ursprungswolke dieser Sterne brach unter ihrer eigenen Schwerkraft in sich zusammen. Die dabei entstehende rotierenden Scheibe zerfiel dann in zwei Teile.
„In diesem Fall war eine gravitationsbedingte Instabilität in der massereichen Scheibe um den ersten Stern die Ursache der Fragmentation“, berichten Zhang und seine Kollegen. Nachdem diese Urwolke zerfallen war, bildete sich im Zentrum der etwas größere Primärstern. Aus dem zweiten Fragment entstand eine eigene kleine Akkretionsscheibe mit dem zweiten Protostern. Darauf deuten die mit ALMA beobachteten Gasströme hin.
Einzelfall oder die Regel?
„Unsere Beobachtungen zeigen eindeutig, dass die Trennung bei Doppelsternen schon früh stattfindet, noch während sie in ihrem Embryonalstadium sind“, sagt Zhang. „Jetzt ist es allerdings wichtig, nach weiteren Beispielen für diesen Entstehungsmechanismus zu suchen. Damit wir wissen, ob das nur ein Einzelfall ist oder aber ob dies die Norm für die Geburt massereicher Sterne ist.“ (Nature Astronomy, 2019; doi: 10.1038/s41550-019-0718-y)
Quelle: RIKEN