Zwar wurden bisher schon wandernde Schwarze Löcher entdeckt, darunter sogar in der Milchstraße. Dabei handelte es sich jedoch meist um eher massearme stellare oder die sehr seltenen intermediären Schwarzen Löcher. Quasar 3C 186 jedoch umfasst rund eine Milliarde Sonnenmassen – und ist damit ein echter Gigant.
Mit 7,5 Millionen Kilometer pro Stunde
Doch die Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop, dem Chandra Röntgen-Teleskop und erdbasierten Teleskopen ergaben alle das gleiche Bild: Das massereiche Schwarze Loch dieser Galaxie lag rund 35.000 Lichtjahre vom galaktischen Zentrum entfernt. Diese Entfernung entspricht mehr als dem Abstand von der Sonne zum Zentrum unserer Milchstraße, wie die Astronomen erklären.
Und nicht nur das: Das Schwarze Loch ist offenbar noch immer in Bewegung: „Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass sich das Gas rund um das Schwarze Loch mit 7,5 Millionen Kilometer pro Stunde vom galaktischen Zentrum entfernt“, berichtet Chiaberges Kollege Justin Ely. In diesem Tempo würde der Schwerkraftgigant die Strecke von der Erde zum Mond in nur drei Minuten zurücklegen.

Zwei Galaxien mit ihren zentralen Schwarze Löchern nähern sich an und verschmelzen (1-3). Weil Rotation und Masse beider Schwarzer Löcher verschieden ist, ist die Energie der Gravitatiosnwellen asymmetrisch. Nach erfolgter Verschmelzung kommt es daher zum Rückstoß in Richtung der schwächeren Welen. © NASA/ESA, A. Feild (STScI)
Wer war der Täter?
Doch was hat dieses enorme Schwarze Loch aus seiner angestammten Position katapultiert? Um 3C 186 so auf Tempo zu bringen, wäre immerhin die Energie von 100 Millionen Supernova-Explosionen nötig. Eine mögliche Ursache wäre ein zweites, verborgenes Schwarzes Loch im Herzen der Galaxie, das den Quasar wegegeschleudert hat. Doch dessen Präsenz schließen die Astronomen aufgrund ihrer Daten aus. Zudem sei dafür das Tempo des Quasars zu hoch.
Die Astronomen halten ein anderes Szenario für wahrscheinlicher: die Wirkung starker, asymmetrischer Gravitationswellen, wie sie bei manchen Galaxienkollisionen verursacht werden. Tatsächlich entdeckten die Forscher im Außenbereich der Galaxie schwache, bogenförmig ausgezogene Stern- und Gasschweife, die auf eine Kollision vor rund fünf Millionen Jahren hindeuten könnten.
Rückstoß durch einseitige Wellen
Wenn bei einer solchen Kollision die beiden zentralen Schwarzen Löcher verschmelzen, setzt dies Gravitationswellen frei. Sind dabei jedoch Masse und Rotationsrate der beiden Galaxienkerne sehr verschieden, dann können die Gravitationswellen sehr asymmetrisch sein – ein Großteil von ihnen geht in nur eine Richtung, wie die Forscher erklären.
Ist dann die Verschmelzung abgeschlossen und die Wellenfreisetzung stoppt, dann kommt es zu einer Art Rückstoß: „Die anisotropische Emission der Gravitationswellen erzeugt einen Stoß, der das verschmolzene supermassereiche Schwarze Loch aus der Zentralregion der Galaxie katapultiert“, erklären Chiaberge und seine Kollegen.
Dieser Rückstoß-Effekt durch asymmetrische Gravitationswellen ist in der Theorie schon länger bekannt, wurde aber bisher noch nie im Kosmos beobachtet. „Eine Reihe zukünftiger Beobachtungen von 3C 18 sollten nun die Eigenschaften dieser spannenden Strahlungsquelle näher erforschen und so das vorgeschlagene Szenario eines Gravitationswellen-Rückstoßes überprüfen“, sagen Chiaberge und seine Kollegen.
Sollte sich ihr Szenario bestätigen, wäre dies nicht nur die erste direkte Beobachtung dieses Phänomens, es könnte auch wertvolle Informationen für die Gravitationswellen-Forschung liefern. (Astronomy & Astrophysics, in press)
(Space Telescope Science Institute, 27.03.2017 – NPO)
27. März 2017