Den Planetenjägern unter den Astronomen ist ein besonderer Fang ins Netz gegangen: Der bisher erdähnlichste Planet außerhalb unseres Sonnensystems. Der ungefähr 15 Lichtjahre von der Erde entfernte Himmelskörper ist nur rund 7,5 Mal so schwer wie die Erde und besteht möglicherweise nicht aus Gas, sondern aus Gestein.
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Alle bisher entdeckten extrasolaren Planeten waren Gasriesen, größer als Uranus, der rund 15 Mal größer ist als die Erde. Doch die neu entdeckte heiße “Super-Erde” hat einen nur rund doppelt so großen Radius wie unser Planet. „Dies ist der kleinste extrasolare Planet, den wir bisher entdeckt haben und der erste einer neuen Klassen von steinigen, terrestrischen Planeten“, erklärt Paul Butler von der Carnegie Institution in Washington. „Er ist wie der größere Cousin der Erde.“
Steinig und heiß
“Dieser Planet beantwortet eine sehr alte Frage: Schon vor mehr als 2.000 Jahren diskutierten der griechische Philosoph Aristoteles und Epikur darüber, ob es andere erdähnliche Planeten gibt“, ergänzt Geoffrey Marcy, Leiter des Planetenjäger-Teams und Professor für Astronomie an der Universität Berkeley. „Jetzt haben wir zum ersten Mal den Beweis für einen steinigen Planeten um einen normalen Stern.“
Als Teil eines Systems, das auch zwei Jupiter-ähnliche Planeten umfasst, umrundet der neue Gesteinsplanet seinen Zentralstern Gliese 876, in nur zwei Tagen und in einem Abstand von nur 3,2 Millionen Kilometer. Astronomen vermuten daher, dass seine Oberflächentemperatur mehr als 200 bis 400 Grad Celsius beträgt – viel zu heiß für alle bisher bekannten Lebensformen.
Obwohl die Astronomen keinen Beweis dafür haben, dass der Planet tatsächlich aus festem Gestein besteht, spricht seine geringe Masse dafür. Denn sie reicht nicht aus, um gasförmige Materie festzuhalten. Bisher wurden noch drei andere vermutlich steinige Planeten entdeckt, diese aber umkreisen keinen normalen Stern sondern einen Pulsar, das Relikt eines explodierten Sterns.
Planetenmodell enthüllt dritten Trabanten
Entdeckt wurde der Planet dank der winzigen Taumelbewegungen seines Zentralsterns, den er durch seine Schwerkraft zum Schwanken bringt. Schon im Jahr 1998 entdeckten Butler und Marcy den ersten Planeten im Gliese-System, einen Gasriesen mit der doppelten Jupitermasse. 2001 kam ein zweiter Gasriese hinzu, der den kleinen roten Zentralstern in genau der doppelten Zeit umrundete wie sein innerer Kollege.
Um die ungewöhnlichen Bahnbewegungen der beiden Gasriesen zu modellieren, analysierten die Astronomen Jack Lissauer vom NASA/Ames Research Center und Eugenio J. Rivera von der Universität von Kalifornien alle bisherigen Daten zum Gliese-System am Keck Observatorium in Hawaii. Dabei entdeckten sie Überraschendes: „Wir hatten ein Modell von zwei interagierenden Planeten, aber als wir uns den Unterschied zwischen dem Modell und den tatsächlichen Daten anschauten, fanden wir Werte, die als Indizien für einen dritten Planeten interpretiert werden konnten“, erklärt Lissauer.
Schnell stellten die Forscher fest, dass ein Drei-Planetenmodell weitaus besser zu den Daten passt. „Aber weil das Signal dieses dritten Planeten nicht sehr stark war, waren wir sehr vorsichtig darin, einen neuen Planeten anzukündigen, bevor wir nicht weitere Daten hatten“, so der Astronom. Diese lieferten Verbesserungen am hochauflösenden Spektrometer des Keck Observatoriums im letzten August.
Ähnlichkeit mit inneren Planeten des Sonnensystems
Das Team gewann damit überzeugende Daten für einen Planeten, der seine Bahn zehn Mal näher an seinem Stern zieht als der Merkur um die Sonne. „Mit einem Zwei-Tage4s-Orbit und rund 200 Grad Celsius ist er viel zu heißt für flüssiges Wasser“, erklärt Butler. „Das führt uns zu dem Schluss, dass die wahrscheinlichste Zusammensetzung dieses Objekts derjenigen der inneren Planeten unseres Sonnensystems gleicht – ein Nickel/Eisen-Felsen, ein steiniger Planet, ein terrestrischer Planet.“
“Die Masse des Planeten könnte leicht eine Atmosphäre festhalten. ER wäre aber dennoch ein steiniger Planet, wahrscheinlich mit einem Kern aus Eisen und einem Silikatmantel“, erklärt Gregory Laughlin, Astronom an der Universität von Kalifornien in Santa Cruz. Er könnt sogar eine Hülle aus Wasserdampf besitzen. Ich denke wir sehen hier einen Zwischenschritt zwischen einem echten erdähnlichen terrestrischen Planeten und einer heißen Version der Eisplaneten Uranus und Neptun.“
(University of California – Berkeley, 14.06.2005 – NPO)